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Zur Selbstaufgabe eines alternativen Zentrums in Suhl – Dokumentation des Statements der Ex-Supporter

In Ausgabe 6 unserer Zeitschrift berichteten wir über die Bemühungen des Grünen Hauses in Suhl einerseits die finanzielle Schieflage des Projekts zu beheben und andererseits die politischen Altlasten der letzten Jahre zu entsorgen und sich von der Grauzone, die eine zeitlang im Haus ein- und ausging, zu verabschieden. Unterstützt wurde das Projekt dabei von antifaschistischen Gruppen und Initiativen. Letztere gerieten aber in den letzten Monaten des Jahres 2016 zunehmend in die Defensive und im Haus drohte sich der alte Trott und das alte Milieu durchzusetzen. In diesem Zuge erwirkten die antifaschistischen Kräfte im Haus einen Mitgliederentscheid und unterlagen. Die Mitgliedermehrheit sprach sich für die Öffnung des Hauses für rechtsoffene Milieus aus. Wir dokumentieren hier das Statement der antifaschistischen Minderheit, die sich darauf aus dem Projekt zurückzog.


Statement zur Mitgliederversammlung des Grünen Haus‘ Suhl am 11. November 2016

Am 11. November 2016 fand im Grünen Haus in Suhl eine Mitgliedervollversammlung des dort ansässigen und gleichnamigen Vereins statt. Der Verein kam zusammen, um über die „Grauzone“ abzustimmen, wie mit dieser in Zukunft umgegangen werde und wie es mit dem einzigen Hausprojekt in Südthüringen weiter gehen soll. Die Abstimmung wurde durch Einzelpersonen, Thüringenpunk, der KüfA Suhl und der Antifa Suhl/Zella-Mehlis im Vorfeld gefordert, da es zum Sommerfest am 3. September 2016 Probleme am Einlass gab. In der Abstimmung sprach man sich mit knapper Mehrheit zur Toleranz gegenüber der Grauzone aus. Wir möchten uns dazu positionieren und Stellung nehmen.


Eine Chronologie

Im Frühsommer 2015 startete wegen der katastrophal schlechten finanziellen Lage des Vereins eine Kampagne, die von uns mit getragen wurde. Die „Rettet das Haus“-Kampagne organisierte eine Vielzahl von Soli-Konzerten und Veranstaltungen. Es gründete sich zu dieser Zeit auch die KüfA Suhl, um bei Veranstaltungen durch Essen Spenden für das Haus zu sammeln. Immer wieder wurde in Publikationen, u.a. in der Alerta Südthüringen #6, auf die Wichtigkeit des Erhalts eines der letzten verbliebenen subkulturellen Zentren in Südthüringen verwiesen.

Im August fand im Haus wieder ein Soli-Konzert statt. Am Vorabend des Konzerts wurden durch bereits angereiste Bandmitglieder CDs von Nazi- und Grauzonebands (u.a. Kategorie C, Freiwild, Krawallbrüder) hinter der Bar des Hauses gefunden. Zum Konzert erhielt ein bekennender Neonazi Zutritt in das Haus und ein Problem wurde sichtbar, was schon lange besteht. Der freundschaftliche Umgang mit der Grauzone und Neonazis. Bei einer Mitgliederversammlung wurde ein lebenslanges Hausverbot für den Neonazi ausgesprochen und die CDs fanden ihren Platz, wo sie hingehören – im Mülleimer. Im Selbstverständnis des Hauses nach der Mitgliederversammlung heißt es hierzu: „Wir sind ein alternativer Raum und kein Grauzone- oder Nazischuppen!“. Die Antifa Suhl/Zella-Mehlis nahm ebenfalls Stellung zu diesem Vorfall. Das Problem schien eine positive Entwicklung zu nehmen und die Mitarbeit am Hausprojekt wurde intensiviert.

In Rauenstein veranstalteten am 14. November 2015 Einzelpersonen ein Soli-Konzert, mit welchem das Grüne Haus unterstützt werden konnte. Neue Mitglieder wurden gewonnen und die finanzielle Lage stabilisierte sich auch durch weitere Geldspenden. Am 19. März 2016 feierte Thüringenpunk sein dreijähriges Bestehen im Haus, wo es u.a. auch einen Vortrag zum Thema „Grauzone“ gab. Doch Vereinsmitglieder waren leider nur wenige unter den Teilnehmenden. Zum Sommerfest am 3. September 2016 gipfelte das Problem erneut. Der Einlass wurde diesmal durch langjährige Vereinsmitglieder übernommen. Mehrere Vereinsmitglieder erschienen provokativ mit Krawallbrüder-Shirts und erhielten Zutritt zum Konzert. Einer der Mitglieder pöbelte am Einlass Konzertteilnehmende an und zerriss dort auch die Ausschlussklausel für 'Rechtsextreme'. Im Laufe des Abends erschien auch eine Besucherin, die bei ThüGIDA-Demonstrationen teilnahm. Ein Eingreifen durch Teile des Vorstands oder der Hauscrew fand nicht statt, gleichwohl das Ganze von einigen Besuchern problematisiert wurde. Der Abend offenbarte, dass das geklärt geglaubte Problem mit der Grauzone weiter existiert. Deshalb wurde am 11. November eine Mitgliederversammlung einberufen, um über den Umgang mit der Grauzone abzustimmen. Das Ergebnis, auch Leuten Zutritt zum Haus zu gewähren, die sich klar einer Grauzone zuordnen lassen, wo es sich nicht gar um bekennende Nazis handelt, lässt für uns keinen Handlungsspielraum.


Nicht mit uns!

Eine weitere Zusammenarbeit unter diesen Umständen mit dem Verein ist für uns nicht tragbar. Nicht nur die Grauzone ist das Problem. Immer wieder werden Vereinsmitglieder mit stadtbekannten Neonazis im Stadtzentrum angetroffen. Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen mit teils sexistischen Äußerungen bei Mitgliederversammlungen und Konzerten.

Die Konzerte leben von ihrem Publikum, der Verein von seinen Mitgliedern. Unter den aktuellen Gegebenheiten sehen wir derzeit keine Basis mehr für eine gemeinsame Arbeit. Es liegt an jedem selbst, Konsequenzen aus der Situation vor Ort zu ziehen. Unsere Konsequenz ist es, dass wir im Haus keine Möglichkeit sehen, gewisse Standards im Umgang mit Grauzone und Neonazis oder gar eine emanzipatorische Politik durchzusetzen. Die anfängliche Hoffnung, nachhaltig etwas im Grünen Haus Suhl verändern zu können, betrachten wir nach den eineinhalb Jahren als gescheitert.

Besonderer Dank geht an alle Bands, die uns in dieser Zeit vertraut und unterstützt haben. Alle Bands und Gruppen, die in diesem Zeitraum das Haus nutzten, taten es in dem Wissen und dem Willen der Unterstützung für eine positive Entwicklung und Stärkung der antifaschistischen Strukturen vor Ort. In Zukunft liegt es an jedem selbst sich ein Bild zu machen oder nicht.


Wir sind raus.


Antifa Suhl/Zella-Mehlis
KüfA Suhl
LFWP Suhl (Konzertgruppe)
Thüringenpunk
southside kollektiv
Einzelpersonen