In der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift haben wir nach einem Dreiteiler über den antifaschistischen Widerstand in unserer Region während des nationalsozialistischen Terrors mit Dossiers über antifaschistische Widerstandskämpfer begonnen. Teil I haben wir dem Zella-Mehliser Antifaschist Nikolaus Pfaff gewidmet. In dieser Ausgabe geht es um den in Zella-Mehlis geborenen, aber später nach Ilmenau gezogenen Kommunist Karl Zink, den bekanntesten Vertreter einer der größten Widerstandsgruppen unserer Region.
Karl Zink wurde am 24. April 1910 als ältester Sohn der Eheleute Anne und Gustav Zink in Zella-Mehlis geboren. 1917 zog die Familie nach Ilmenau, wo Karl Zink die Goetheschule besuchte, bis seine Eltern die Schulgebühren nicht mehr aufbringen konnten. Im Geschäft der Eltern begann Zink eine Lehre als Kaufmann und erlernte in der Werkstatt des Vaters das Handwerk des Büchsenmachers. Die Wirtschaftskrise des Jahres 1929 brachte dem Geschäft der Eltern den Ruin. 1931 trat Zink der KPD bei, war aktiv in der Roten Hilfe sowie im Arbeitersport. Zink organisierte sich seit Anfang der 30er Jahre gegen Faschismus und Krieg. Er verteilte illegale Flugschriften und organisierte eine Widerstandsgruppe, die später als Zink-Link-Gruppe als eine der größten Widerstandsorganisationen in unserer Region in die Geschichte eingehen sollte. Laut Recherchen des Historikers Gerd Kaiser war Karl Zink neben Georg Link die zentrale Figur dieser bis nach Arnstadt und Gotha reichenden Widerstandsorganisation, in der annähernd 200 Menschen aktiv gewesen sein sollen.
Im Jahr 1935 wurde Karl Zink zum ersten Mal zusammen mit weiteren 15 Antifaschisten verhaftet und wegen Hochverrats und Mitgliedschaft in der KPD zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zink durchlief mehrere Knäste und Konzentrationslager. Nach seiner Haft betätigte er sich wieder mit seiner Gruppe im Widerstand. Die Gruppe sammelte und verteilte Geld, um die illegale Arbeit und die Familien Verfolgter zu unterstützen. Nach den Erinnerungen von Georg Link verfasste die Gruppe Flugblätter, die sie zunächst in Höfen und an belebten Straßen ablegte. Später, als stabile Verbindungen durch Vertrauensleute in Betriebe geschaffen worden, verlagerte sich die Aufklärungsarbeit gegen Faschismus und Krieg dorthin. Zink gab in der Region Arnstadt-Ilmenau-Zella-Mehlis eine Folge regelmäßiger Flugschriften unter dem Namen „Antifa“ heraus.
Am 1. September 1939, dem Tag an dem die Wehrmacht mit ihrem Einmarsch in Polen den Zweiten Weltkrieg begann, wurde Karl Zink an seinem Arbeitsplatz in Ilmenau verhaftet und wenig später wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Am 5. September 1940 wurde Zink in Berlin-Plötzensee ermordet. Der Abschiedsbrief, den er kurz vor der Vollstreckung des Todesurteils an seine Mutter schrieb, ist das Dokument eines entschlossenen, ungebrochenen Kämpfers gegen die Barbarei. Die Überzeugung im Kampf für die richtige Sache zu fallen und die Empathie, mit der Zink in den letzten notierten Zeilen seinen Lebens versuchte, Mutter und Bruder im Leben zu halten, treibt einem noch heute Schauer über den Rücken:
„Meine liebe Mutter, dieses sind also meine letzten Zeilen, die ich an Dich richte, meine letzten Grüße, mein letzter Wille. Wenn ich diese letzten Stunden meines Lebens stark bleibe, so deshalb, weil ich weiß, dass auch Dich dieser niederschmetternde Schlag nicht zu Boden schleudern wird. Weil ich weiß, dass Du all Deine Kräfte anspornen wirst, um Dich und unseren Walter zu erhalten. […] Auch Vater opferte bereitwillig den letzten Groschen. […] Er ist uns im Tod vorausgegangen, ich folge ihm. Er hat bis zum letzten Atemzug gekämpft. Auch ich werde es tun. Ich werde alles daransetzen, diese letzten Stunden als Mann durchzustehen, wenn mir die Gedanken an dich und unseren Walter das Ende auch nicht gerade leicht machen, denn ich weiß sehr wohl, dass sich jetzt wohl auch die letzten Bekannten von dir abwenden werden und Du allein stehst in der Welt. Aber gerade deshalb musst du mit Walter zusammenhalten und allen Stürmen Trotz bieten. […] Als letztes rufe ich Dir zu, bleibe stolz und trage Deinen Kopf hoch bis zum letzten Atemzug, wie es auch unser Vater getan hat. […] Bleibe gesund und erhalte unseren Walter, solange es geht. Dies ist mein letzter Wille. Mit dem Bewusstsein, dass Du ihn erfüllst, gehe ich in den Tod.“
Karl Zinks letzte Hoffnung, dass es der Mutter gelänge, sich und den Bruder Walter Zink am Leben zu erhalten, blieb unerfüllt. Walter Zink überlebte den NS-Terror nicht. Er wurde als Mitwisser und weil er sich weigerte, seinen Bruder zu verraten, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, saß im Knast Untermaßfeld, im KZ Flossenbürg und sollte schließlich nach Bergen-Belsen verbracht werden. Auf dem Weg nach Bergen-Belsen verliert sich Walters Spur. Er starb unter unbekannten Umständen in der Gewalt der Faschisten. Die Mutter Anna Zink überlebte die nationalsozialistische Barbarei, aber war nach dem Tod ihrer Söhne eine gebrochene Frau.
Neben Karl und Walter Zink überlebten auch andere Mitglieder der Widerstandsgruppe die NS-Herrschaft nicht. Kurt Rauch aus Stützerbach wurde in Buchenwald ermordet. Arno Geißler aus Ilmenau durchlief neben anderen KZ‘s auch Buchenwald und starb 1950 an den Spätfolgen der ihm dort zugefügten Misshandlungen. Andere Mitglieder überlebten trotz mehrjähriger Haft und Folter die Gefangenschaft, etwa Max Kessel aus Goldlauter, Georg Link aus Manebach, Fritz Schörnig aus Arnstadt und andere.
Heute erinnern an Karl Zink und seine Familie Stolpersteine in der Ilmenauer Pfortenstraße 21, dem einstmaligen Wohnhaus der Familie. Sowohl in Ilmenau als auch in Zella-Mehlis sind Straßen nach Zink benannt worden. In Ilmenau gibt es zudem eine nach Karl Zink benannte Grundschule und einen Gedenkstein, der an den Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Deutschland erinnern soll. Der Gedenkstein in der Karl-Zink-Straße 18 trägt die Widmung: „Karl Zink – Du gabst dein Leben, damit wir leben können“.