In Kirchheim fanden Ende letzten Jahres sowie Anfang dieses Jahres mehrere Nazikonzerte im Fachwerkhof Kutz statt. Der Frontmann der einschlägig bekannten Neonaziband SKD aus Gotha, Thomas Wagner, organisierte dort zum Beispiel am 27. Dezember 2014 unter dem Titel „Rock am Kreuz“ ein Konzert mit den Bands Heiliges Reich, Frontfeuer, Tätervolk, Exzess und Treueorden. Wagner war beteiligt an dem Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2014 und ist Geschäftsführer des Neonazi-Labels „Frontschwein-Records“ mit Sitz in Ballstädt. Beim „Rock am Kreuz II“, dem zweiten Konzert der Konzertreihe, traten neben Lunikoff, der zwei Wochen zuvor noch in Kloster Veßra bei Tommy Frenck gastierte, „Radikahl“, „Skalinger“ und „Treueorden“ auf, welche bereits mehrmals mit Wagners Band SKD spielten. Außerdem lud Michael Fischer am 7. Februar im Anschluss an den von ihm organisierten alljährlichem Nazi-Trauermarsch durch Weimar zu einem Konzert nach Kirchheim ein. Das Konzert wurde als Solidaritätskonzert beworben, wobei die eingenommenen Gelder Tim Wendt und Michael Fischer, der beim Trauermarsch der Nazis 2014 den Weimarer Polizeichef angriff, zugutekommen sollten. Es spielten neben anderen bekannten Neonazibands „Unbeliebte Jungs“ aus Sonneberg und „12 Years“ aus Apolda.
Am 24. Januar organisierten PEGADA-Anhänger (Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes) eine antisemitische Demonstration in Erfurt unter dem Motto „EnDgAmE“ (Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas). Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Amerikahasser, Nazis und Hooligans kamen hier zusammen, um gegen ihr Feindbild Amerika zu demonstrieren.
Dass sich hierbei auch einige wahnsinnige Gestalten aus Südthüringen beteiligen, verwundert, angesichts der dort vertretenen Positionen, nicht. Im Gegenteil: Ihre Teilnahme ist nur konsequent. Rüdiger Schmitt aus Eischleben, AfD-Vorsitzender des Kreisverbandes Ilm-Kreis der AfD, besuchte bereits im letzten Jahr die Erfurter Montagsmahnwachen und lief bei einer PEGIDA-Demonstration in Dresden mit. Die Neonazis Philipp Miene aus Suhl und Manuel Schneemann aus Arnstadt nahmen ebenfalls an der Erfurter Demonstration teil.
Im Vorbereitungskreis des NoSÜGIDA-Bündnisses, soviel darf verraten werden, gab es einige Auseinandersetzungen um den Auftritt des linken Künstlers und Schlossbesitzers aus Weitersroda, Florian Kirner, aka Prinz Chaos II. Kirner zitiert auf seinem Blog aus einem internen Schreiben der Antifa Suhl/Zella-Mehlis an den Vorbereitungskreis von Ende Januar und rechtfertigt sich u.a. gegen die Kritik an seinem Engagement für die verschwörungsantisemitischen Montagsmahnwachen, die Kirner sogar auf sein Schloss einlud (Vgl. Alerta Südthüringen #2, S. 16). Kirner gibt zu bedenken, dass seine Intervention selbstverständlich kritischer Art war und er eine „Firewall gegen Antisemitismus“ in eine Veranstaltung einbauen wollte, die von Beginn an Israel und die USA, wo nicht Rothschilds und Bilderberger zur Wurzel allen Übels erklärte. Kommende Projekte der Kirner‘schen Alles-ist-möglich-solange-ich-dabei-bin-Show sind unbestätigten Angaben zufolge: eine Firewall gegen Rassismus bei PEGIDA, eine Firewall gegen Islamismus beim Islamischen Staat und ein Projekt zur Leugnung der Schwerkraft. Wir wünschen viel Erfolg!
Sven Dietsch versuchte sich bereits als Autonomer Nationalist, Anti-Antifa-Aktivist und landete schlussendlich bei der NPD als Kandidat für den Meininger Stadtrat. Auch dort brachte er es nicht weit, meldete sich seit seinem Einzug im Mai 2014 nicht einmal zu Wort. Seine „Aktivitäten“ im Stadtrat stellte er nun zum 15. Februar ein und verzog aus Meiningen. Weit kam Dietsch aber nicht. Im gleichen Landkreis gelegen, fand er in Wasungen sein neues Zuhause. Ob Dietsch seine politischen Aktivitäten gänzlich einstellt, ist nicht bekannt. Der potentielle Nachrücker für Dietsch, Frank Böhm, trat die Nachfolge des kleinen Neurotikers nicht an und so bleibt der der NPD vorbehaltene Sitz im Meininger Stadtrat leer.
Am 26. Januar meldeten die kurdischen Frauen- und Volksverteidigungseinheiten (YPJ & YPG), dass die Stadt Kobanê im Norden Syriens befreit und die Terrorgruppen des Islamischen Staates zurückgedrängt wurden. Anlässlich dieser guten Nachricht rief der Erfurter Kulturverein Mesopotamien und Unterstützer zu einer Siegesfeier am 31. Januar auf dem Erfurter Anger auf. Dort versammelten sich circa 80 Menschen und hörten verschiedenen Redebeiträgen zu oder tanzten ausgelassen zu Musik, um den Etappensieg über die islamistische Organisation zu feiern. Derzeit kämpfen die Kurden an unterschiedlichen Fronten in Syrien und Irak noch immer gegen die Terrormilizen.
Dass es in Südthüringen nicht nur rassistische Basisbewegungen gibt, die gegen Geflüchtete hetzen, zeigt sich am Beispiel Ilmenau. Dort gründete sich ein ehrenamtliches Netzwerk („Refugees welcome – Flüchtlinge Willkommen in Ilmenau“) mit fast 200 Menschen, die in verschiedenen Bereichen Geflüchteten Hilfe und Unterstützung anbieten. Das Netzwerk organisiert sich in mehreren Arbeitsgruppen, die beispielsweise bei schulischen Belangen, Kinderbetreuung oder medizinischer Versorgung helfen. Anliegen des Netzwerkes ist es, persönlichen Kontakt herzustellen und schnelle Hilfe bei Problemen bereitzustellen. Ein Beispiel: Eine Familie, die aus Albanien geflohen ist, wurde zu einem Termin um 6:45 Uhr morgens zur Ausländerbehörde nach Hermsdorf geladen. Aufgrund der schlechten Anbindung mit Nahverkehrsmitteln war es der Familie nicht möglich rechtzeitig zu dem Termin zu erscheinen. Durch das Engagement einer Helferin konnte der Termin ein paar Stunden nach hinten verlegt und die Anreise mit einem Auto organisiert werden.
Circa 100 freiwillige Helfer haben Patenschaften für die 21 Familien übernommen. Unterstützung bekommen die Geflüchteten unter anderem in Form von Spenden oder bei Sprach- und Verständnisschwierigkeiten.
Seit Montag, den 9. März, finden in Ilmenau Montagsmahnwachen der Initiative „Ilmenau gegen Krieg und neue Stasi“ statt. Anmelder und Redner der von weniger als einem Dutzend Leute besuchten Veranstaltung ist Siegfried Seifert aus Gräfenroda, der durch wechselnde, an seiner Hausfassade befestigte PVC-Banner bereits seinen mit Wahnvorstellungen gespickten Ängsten vor Überwachung und Krieg Ausdruck verleiht. Inhaltlich wurden bei den Kundgebungen die klassischen Themen vertreten, wie sie von den Montagsmahnwachen des vergangenen Jahres, etwa in Erfurt, bereits bekannt sind: statt die kapitalistischen Verhältnisse als alles durchdringende Totalität zu begreifen und sich Gedanken über ihre Überwindung zu machen, sucht man lieber Schuldige bei vermeintlich oder wirklich mächtigen Akteuren: die EU, die USA oder einfach „die da oben“. Statt die Widersprüche in der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu begreifen, wird für die alles gleichmachende Volksfront, etwa für die Einheit von SÜGIDA und deren Gegnern, getrommelt.
Die erste Veranstaltung wurde zunächst unter dem Namen PEGIDA beworben, wobei das I für Stasifizierung stehen würde, weil in jenem Wort mehrere I-Buchstaben enthalten seien – wie einleuchtend. Das Label PEGIDA wurde letztendlich, und nach Intervention der ursprünglich als Mitorganisator genannten Piratenpartei, abgelegt, da man nicht in die rechte Ecke gestellt werden wolle. Die Piratenpartei distanzierte sich schnell von der Veranstaltung, auch wenn sie nicht bestreiten wollte, dass es thematische Schnittmengen zum Parteiprogramm gebe.
Bei den jüngsten Montagsmahnwachen beteiligten sich auch jene Verschwörungsantisemiten, die bereits im vergangenen Jahr aus Ilmenau nach Erfurt zu den Montagsdemos gereist waren (Siehe Alerta Südthüringen #2, S. 16f).
Das Parteibüro des Linkspartei-Landtagsabgeordneten Frank Kuschel in Arnstadt wurde in der Nacht zum 20. Februar mit dem Schriftzug „NPD“ beschmiert. Nicht nur das Ziel, sondern auch der Schriftzug lässt kaum Zweifel daran, wes Geistes Kind die „Künstler“ sind. An 18 weiteren Gebäuden im näheren Umkreis fanden sich ebenfalls „NPD“-Schriftzüge sowie Hakenkreuze und andere NS-Symboliken. Es war nicht der erste Anschlag auf das Büro von Kuschel.
Nicht nur in Suhl demonstrierten in den vergangenen Wochen Asylgegner. Auch auf der anderen Seite des Rennsteigs in Ohrdruf fanden am 5. und 21. März Kundgebungen und Demonstrationen gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Lehrlingswohnheim am Stadtrand statt. Zwischen 50 und 100 Teilnehmer fanden sich jeweils ein, Tendenz fallend. Unter ihnen waren auch Faschisten aus der neugegründeten „Patriotischen Bürgerbewegung für Arnstadt“, die in diesem Heft noch Thema sein wird. Vertreter dieser Gruppierung hielten sowohl am 5. als auch am 21. März Redebeiträge, die man sich, was die Qualität anbelangt, wie die akustische Variante eines Kommentarspalten-Shitstorms auf Facebook vorstellen darf.
Auf dem Grundstück von Michael Heym, Landtagsabgeordneter der CDU und wohnhaft in Rohr bei Meiningen, besprühten in der Nacht vom 27. auf den 28. März Unbekannte das Wohnhaus, zwei Autos und den Briefkasten mit Farbe. Die Polizei und Heym gehen von einer linksmotivierten Straftat aus, da das Wort „Faschist“, Hammer und Sichel sowie eine Faust gesprüht worden. Der CDU-Fraktionsvize fiel in letzter Zeit durch seine Äußerungen zur Thüringer Asylpolitik auf. So griff er im Rahmen eines CDU-Stammtisches in Meiningen die rot-rot-grüne Landesregierung aufgrund ihres Beschlusses eines Winterabschiebestopps scharf an. Auch an anderen Stellen seiner Agitation wird die geistige Nähe Heyms zu faschistischem Gedankengut sichtbar. Neben Heyms Büro war in den vergangen Wochen auch das Ilmenauer Büro von Andreas Bühl (MdL) und Tankred Schipanski (MdB) Ziel von Farbattacken durch Unbekannte. Schipanski machte wie Heym ebenfalls durch rassistische Äußerungen auf sich aufmerksam. Bühl war sogar schon einen Schritt weiter. Vor seiner Parteikarriere war er Mitglied der gefährlichsten, weil best-alimentierten Thüringer Kameradschaft, dem Landesamt für Verfassungsschutz.
Vor ziemlich genau 70 Jahren, am 1. April 1945 überschritten Truppen der amerikanischen Streitkräfte die Werra im äußersten Westen Thüringens und stießen in zwei Offensiven parallel zum Rennsteig (einmal südlich und einmal nördlich) ins Landesinnere vor. Am 4. April kam es vor den Toren Suhls kurzzeitig zu Kampfhandlungen mit Kampfverbänden der Wehrmacht und des Volkssturmes. Sie waren von kurzer Dauer. Einen Tag später fiel Zella-Mehlis. Auf der anderen Seite des Rennsteigs befreiten die Amerikaner am 4. April das KZ-Außenlager Ohrdruf. In den folgenden Tagen kam es während des Vorrückens der US-Armee zu Gefechten bei Gräfenroda, Ilmenau, Stadtilm, Arnstadt und Neuhaus am Rennweg. Bis zum 12. April waren die deutschen Truppen in Südthüringen geschlagen. Bereits am 11. April übernahmen die Amerikaner das kurz zuvor durch einen Häftlingsaufstand befreite KZ Buchenwald bei Weimar. Darin befanden sich noch 21.000 Überlebende des faschistischen Terrors, unter ihnen viele internierte Widerstandskämpfer aus unserer Region.
Die Gedenkstätte für die Opfer des KZ-Außenlagers S3 im Jonastal bei Arnstadt ist wenige Stunden nach einer Gedenkfeier anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Außenlagers am 4. April geschändet worden. Dabei wurde die Gedenktafel beschädigt und Blumengebinde zerstört. Am selben Tag hatten noch ca. 300 Menschen nach einem Sternmarsch der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Einer der letzten heute noch lebenden Überlebenden des Speziallagers hatte dort an die Gräuel der nationalsozialistischen Barbarei erinnert. Noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges wollten die Nationalsozialisten Bunkeranlagen im Jonastal errichten, die Adolf Hitler als (letztes) Führerhauptquartier dienen sollten.
Der Mitorganisator von SÜGIDA und BZH-Kreistagsmitglied Tommy Frenck kaufte zu Beginn des Jahres die Gaststätte „Goldener Löwe“ in Kloster Veßra (Landkreis Hildburghausen). Neben seinen Aktivitäten im Kreistag betreibt Frenck einen Mailorder für Nazidevotionalien, namens „Druck18“ (Werbetechnik Tommy Frenck). Nach Bekanntwerden des Immobilienerwerbs durch Frenck versucht die Gemeinde nun durch Geltendmachung ihres Vorkaufsrechts das Gebäude in ihren Besitz zu überführen. Die Reaktion Frencks ließ nicht lange auf sich warten. Er drohte der gesamten Gemeinde und kündigte an, rechtlich gegen den Bescheid vorzugehen.
Der ehemalige Eigentümer Norbert Kalensee stört sich herzlich wenig an dem Ärger mit der Gemeinde. Im Gegenteil: Er kündigte an, die Immobilie nicht der Gemeinde zu verkaufen, sollte diese das Vorkaufsrecht durchsetzen können, und sprach Frenck ein lebenslanges Nutzungsrecht aus. So etablierte sich die Gaststätte in den vergangenen Wochen zu einer beliebten Location für Nazis. Frenck richtet dort regelmäßig „Deutsche Stammtische“ aus und veranstaltete im Februar eine Party mit dem Titel „Ballermann meats2 RAC“ (RAC – Rock against Communism) sowie einen Liederabend mit Lunikoff, dem ehemaligen Sänger der verbotenen Rechtsrockband Landser.
Mit dem Erwerb der Gaststätte erhält die Infrastruktur und Vernetzung von (Süd-)Thüringer Neonazis einen neuen Stützpunkt. Im Sommer 2015 wird es eine erste größere und thüringenweite Veranstaltung im Hause Frenck geben. Der alljährlich stattfindende Thüringentag der nationalen Jugend soll, so Frenck, dieses Jahr auf dem Gelände der Gaststätte „Goldener Löwe“ stattfinden. Informationen zu antifaschistischen Gegenaktivitäten an diesem Tag gibt es online unter: www.trockenlegen.tk
Ungezählte „Kunden“ des Arnstädter Jobcenters im Bierweg werden in den wenigen Stunden vor der Entfernung des Graffitis das Gebäude zur Abwechslung mal mit einem Lächeln betreten haben. Unbekannte sprühten in der Nacht zum 5. April mit blauer Farbe einen Begriff an die Eingangstür, der eigentlich ganz oben aufs Behördenschild gehört: Scheißverein.
Eine ausführliche Einschätzung der Demonstration könnt ihr online in der aktuellen Lirabelle nachlesen: http://lirabelle.blogsport.eu/2015/03/17/hoffen-auf-das-endspiel/
Der englischen Sprache kaum mächtig, wird aus meets (=trifft, begegnet) meats. "Meats" lässt sich übersetzen mit: Fleischsorten. Der Zusammenhang zwischen Ballermann-Party, Fleischsorten und RAC erschließt sich uns nicht.