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![]() Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!Melkers: "Man will kein zweites Mügeln sein" - ein 'Junge Welt'-Interviewbr>Eintragsdatum: 2007-10-08 — Quelle: AGST Am 5. Oktober erschien in der Tageszeitung 'Junge Welt' ein Interview mit Stefan Müller, dem Pressesprecher der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen (AGST). Thematisiert wurde der brutale Überfall von Neonazis auf den Landwirt in Melkers und das Schweigen der Polizei. Wir dokumentieren. 05.10.07 - Junge Welt
"Man will kein zweites Mügeln sein"
Polizei und Politik verschweigen brutalen Neonaziüberfall in Thüringen. Gespräch mit Stefan Müller Interview: Markus Bernhardt Stefan Müller ist Pressesprecher der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen (AGST) Sie haben Mitte der Woche auf den Fall eines im thüringischen Melkers lebenden Biobauern hingewiesen, der von Neofaschisten mit dem Tod bedroht wird. Welche Informationen liegen Ihnen vor? Der Landwirt engagiert sich seit geraumer Zeit gegen den erstarkenden Neofaschismus in der Region. Er besucht Demos und hängt am 20. April, Hitlers Geburtstag und schlichtweg einem Feiertag für Provinznazis, immer eine "Stoppt Nazis"-Fahne aus dem Fenster. So etwas stößt im Dorf und bei der rechten Jugend auf Ablehnung. Am 19. August wurde aus den Anfeindungen brutale Gewalt. An diesem Tag fuhr der Bauer gegen 6 Uhr auf seinen Hof, um die Tiere zu füttern. Dort wurde er von fünf Neonazis erwartet, die sich über Nacht Mut angetrunken hatten. Sie grölten "Heil Hitler" und "Du linke Ratte, jetzt kriegen wir dich", töteten eine Ente und zwangen den Bauern, aus seinem Auto zu steigen und vor den Nazis zu knien. Sie drohten, weitere Tiere zu töten und nötigten ihr Opfer zu sagen: "Adolf Hitler ist der Größte" und "Ich bin eine stinkende Judensau". Ein Täter sagte schließlich: "Das macht kein Sinn, mach ihn kalt". Daraufhin wurde der Bauer brutal mit einer Holzlatte zusammengeschlagen. Er erlitt schwere Kopfverletzungen, war aber glückliÂcherweise noch bei Bewußtsein, als die Täter von ihm abließen und konnte lebensrettende Maßnahmen einleiten. Der Landwirt ist Bluter. Warum war über diesen Überfall bislang nichts zu lesen? Im Monat nach dem Überfall erstattete der Betroffene Anzeige und versuchte, Öffentlichkeit zu schaffen. Vergebens. Weder Polizei noch Presse äußerten sich bislang. Es scheint so, als wollten sie die Sache totschweigen. Eine gängige Praxis nach Neonaziübergriffen. Oft ist es üblich, daß die Opfer auch im nachhinein noch bedroht werden. So auch der betroffene Landwirt. Vergangenes Wochenende, in der Nacht von Freitag zu Samstag, bekam er einen Anruf, in dem man ihm mitteilte, er werde in fünf Tagen getötet werden. Er schläft schlecht, hat Angst um seine Frau und seine Tiere und fürchtet, man werde ihm "mal wieder" die Fensterscheiben einwerfen. Warum schweigt die Polizei zu diesem brutalen Vorfall? Verleugnen und Verharmlosen von Neonaziübergriffen durch die Polizei ist in Südthüringen der Normalfall. Die Polizei sieht sich dem Übermaß an Neonazigewalt nicht gewachsen und veröffentlicht in der Regel nur Erfolgsmeldungen über aufgelöste Rechtsrockkonzerte. Informationen über Gewalt kommen so oft nur durch unsere Publikationen an die Öffentlichkeit; durch Polizei und Presse werden sie meist als "Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Jugendbanden" bagatellisiert und entpolitisiert. In kleineren Städten und Dörfern kennt man sich doch. Solidarisieren sich die Leute aus Melkers mit dem Landwirt und seiner Frau? Uns ist nicht bekannt, daß es SolidariÂtätsbekundungen im größeren Rahmen gab. Der Lokalpolitik ist daran gelegen, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen. Auch der Landwirt wurde schon angehalten zu schweigen. Man möchte kein zweites Mügeln werden. Das sei schädigend für Gewerbe und Tourismus in der Region. Wie stark ist die militante Neonaziszene in Südthüringen? Organisierte militante Strukturen gibt es in ganz Südthüringen. Sie sind verantwortlich für eine Unzahl von Gewaltakten in den letzten Jahren. Jedoch bedarf es meist keiner solcher Strukturen, um die Gewalt gegen Linke und Nichtdeutsche eskalieren zu lassen. Auf Stadt- und Dorffesten tummelt sich oftmals eine große Anzahl Neonazis und Rassisten, die nach dem exzessiven Genuß von Alkohol auf Gewalt aus sind. Was wäre zu tun, um das Treiben der Neonazis zumindest zu behindern? Tun kann man viel. Unsere Mittel und Möglichkeiten sind jedoch begrenzt. Durch Politiker und die Polizei werden wir oft als "Linksextreme" kriminalisiert und mit den Nazis gleichgesetzt. Wir setzen unsere Kräfte daran, einerseits den Opfern Mut zu machen. AndeÂrerseits versuchen wir, antifaschistische Politik und Gegenkultur zu etablieren und das Problem durch Aufklärungsarbeit an der Wurzel zu packen. In den letzten Monaten fand in Südthüringen eine Kampagne gegen örtliche Neonazistrukturen statt, es wird eine Broschüre mit Recherchen veröffentlicht und wir haben Infoveranstaltungen und Kundgebungen durchgeführt. Weitere Informationen: agst.antifa.net Quelle: http://www.jungewelt.de/2007/10-05/054.php |
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/// Unterstützt die Antifaschistischen Gruppen in Südthüringen! /// antifa-sth@riseup.net /// agst.afaction.info /// |