Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Nazikaffeefahrt am 04.03.06: Proteste in Ilmenau, Käfig in Arnstadt

Eintragsdatum: 2006-03-04Quelle: AGST

Am 4. März veranstalteten Thüringer Neonazis in Südthüringen eine so genannte "Antikapitalistische Kaffeefahrt". 2 Busse fuhren zu Kundgebungen nach Bad Salzungen, Ilmenau und Arnstadt. Empfangen wurden die Neonazis nicht nur durch örtliche "Kameraden", sondern auch durch hunderte NazigegnerInnen.

Vorfeld: BürgerInnen artikulieren zweifelhaften Protest
In allen 3 Kundgebungsorten erfuhr man früh vom bevorstehenden "Besuch" durch Thüringer RechtsextremistInnen. In Arnstadt und Ilmenau organisierten Arbeitsgemeinschaften den Protest abseits der Neonazis. Die Show wurde ihnen jedoch durch die Bad Salzunger STZ (Südthüringer Zeitung) gestohlen. Die JournalistInnen initiierten Gegenaktivitäten unter dem Leitspruch: "Nazis raus aus Thüringen". Wohin mit ihnen? Darauf hatte die Lokalzeitschrift in ihren täglich erscheinenden Artikeln zum bevorstehenden Aufmarsch keine Antwort gefunden. Nichtsdestotrotz in Arnstadt begrüßte die AG "Demokratie braucht Zivilcourage" die Kampagne der STZ, wählte jedoch für ihre eigene Gegenveranstaltung das Motto "Bunte Vielfalt statt braune Einfalt". Die bürgerlichen Organisationen konstruieren in ihren Städten, gestützt durch die lokale Presse und hofiert durch die Polizei eine Zivilgesellschaft, welche es in den südthüringer Provinzen einfach so nicht gibt. Das bestätigen die TeilnehmerInnenzahlen. Aller Mobilisierung zum Trotze kamen in den Städten mit weit über 20000 EinwohnerInnen nur jeweils 200-300 NazigegnerInnen, welche auch noch zum Großteil aus der unerwünschten linksradikalen Szene kamen.
Vielleicht waren die BürgerInnen ja auch abgeschreckt durch die nicht ganz so logische Antwort auf die Frage: Wohin denn nun mit den Nazis? Auch wir geben uns nicht mit einer in Aussicht gestellten Ausweisung der Neonazis aus Thüringen zufrieden, auch möchten wir nicht in das Verbotsgerede einstimmen, denn dadurch verschwinden sie nicht als reale Gefahr für Menschen mit einem anderen Lebensverständnis. Perspektivisch kann der Kampf gegen Nazis nur durch Aufklärung und Verächtlichmachung der rechten Aktivitäten geleistet werden. Auch muss ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein geschaffen werden, dass rechtsextremes Gedankengut, welches in der Mitte der Bevölkerung schon Fuß gefasst hat, ausgelöst wird durch essentielle Faktoren der kapitalistischen Gesellschaft, nämlich Nationalismus und Herrschaft.

Protest in Ilmenau
Gegen 12 Uhr landeten ca. 60 Neonazis mit 2 Bussen (Rhönsegler: WAK ZP 81 | Sell Reisen Jena: J SR 132) am Ilmenauer Apothekerbrunnen. Empfangen wurden sie nicht nur durch ca. 15 örtliche Kameraden, sondern auch lautstark, sowie durch Transparente der NazigegnerInnen. Trotz Pfiffen und Sprechchören begann der vorbestrafte Neofaschist Patrick Wieschke mit dem ersten Redebeitrag. Wieschke wurde erst wenige Monate vorher aus dem Gefängnis entlassen. Weitere Redner waren Patrick Paul aus Erfurt und Hendrik Heller aus Leimbach, bei Bad Salzungen. Zum Abschluss der Kundgebung spielte der rechtsextreme Liedermacher Max aus Jena traditionsbewusst noch ein deutsches Volkslied. Nachdem er bemerkte, dass sein Auftritt nicht sonderlich begeisterte, verabschiedete er sich mit der Bekundung wir seien doch ein Volk. Dass der Protest in Ilmenau etwas verhaltener ausfiel haben die RechtsextremistInnen ihrem Freund und Helfer, der Polizei zu verdanken. Vielen AntifaschistInnen gelang der Durchbruch zum Apothekerbrunnen nicht, sie wurden an unzähligen Polizeisperren aufgehalten.
Verabschiedet wurden die unerwünschten Gäste dann doch noch gebührend durch Schneebälle und Flaschen und einen Tankstop später waren sie schon mit 70km/h auf der Autobahn Richtung Arnstadt unterwegs.

Käfig in Arnstadt
Gegen 14 Uhr kamen die Busse auf dem Arnstädter Markt an. Anders als in Ilmenau waren sie hier jedoch völlig isoliert. Die Polizei errichtete mit Absperrgittern einen Kessel um die Nazikundgebung und um sicher zu gehen, dass auch kein Mensch die Pufferzone betreten konnte, sperrte man den Markt zudem noch großzügig ab. Ähnlich wie am 26. November 2005 gelang es der Polizei auf einem zentralen Platz in Arnstadt temporär eine national befreite Zone für die Neonazis zu schaffen.
Willkommen schienen sich die Nazis nicht zu fühlen, denn nur sehr wenige BürgerInnen verirrten sich am Nachmittag auf den Marktplatz. Auch hielten sich mehr als 100 AntifaschisInnen, welche dem Aufruf der Gruppe Left Resistance Arnstadt (LRA) gefolgt waren im Innenstadtbereich auf. Im Vorfeld zum Aufmarsch fand eine Antifakundgebung auf dem Riedplatz, welche über rechtsextreme Umtriebe in Arnstadt aufklärte, statt.
Am Protest der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" auf dem Rathausvorplatz beteiligten sich etwa 100 BürgerInnen. Trotz der teilweise diskreditierenden Durchsagen des Versammlungsleiters und der willkürlichen Vorgehensweise der Polizei versammelten sich am Rathausvorplatz zeitweise mehr als 150 Menschen und gaben ihren Protest gegen das Treiben auf dem Markt (50m Luftlinie) lautstark kund.

Als Tagesabschluss planten die Neonazis noch eine Spontandemo durch Arnstadt. Diese blieb wohl nur erspart, weil die Polizei die Sicherheit der DemoteilnehmerInnen nicht hätte garantieren können. So entschieden sich die RechtsextremistInnen zu einem spontanen Sprint durch Neudietendorf.

Nazis machen auf sozial
Auf Stimmenfang gingen die RechtsextremistInnen mit einer scheinheiligen Kritik am Kapitalismus. Dass sie dabei auf Symboliken und Sprüche aus linken Milieus zurückgreifen müssen, stört sie nicht. Schon durch die hohe Beteiligung rechter Strukturen an den öffentlichkeitswirksamen Hartz IV-Demonstrationen wurde versucht soziale Proteste in eine nationalistische Richtung zu lenken. Die traditionellen Themen wie das Gedenken an faschistische Ikonen, beispielsweise Horst Wessel oder Rudolf Hess werden zwar noch aufgegriffen, stehen aber nicht mehr so auffallend im Brennpunkt rechter Kampagnen. Auch die nun eingeleitete Kampagne unter dem Motto "Freie Menschen statt freier Märkte" steht thematisch abseits von rassistischer Asyl- und antisemitischer Gedenkpolitik, verpackt die alten Ressentiments jedoch in eine neue Form. Was die Neonazis wirklich beabsichtigen und dass es mit der Forderung nach freien Menschen nicht weit her ist, zeigt sich kontinuierlich in brutalen Übergriffen auf Nicht-Deutsche, Punks und alternativ lebende Jugendliche, wie zuletzt in der Nacht von 3. zum 4. März als etwa 8 Neonazis am Suhler Kaufhof 2 Punks attackierten.

Am 1. April will nun selbiges Klientel im Rahmen einer bundesweiten Kampagne in Arnstadt aufmarschieren. Erwartet werden ca. 400 Neonazis. Wir als AntifaschistInnen werden diese Bestrebungen zu verhindern wissen.

In diesem Sinne:

Naziaufmärsche überall stören, blockieren, sabotieren - am 1. April auf nach Arnstadt!
Keine Busfahrt für Faschisten!

Bilder vom Naziaufmarsch in Ilmenau und Arnstadt













































Ausgewählte Presseberichte zur Nazikaffeefahrt in Südthüringen

... im Vorfeld der Aufmärsche

18.02.06 - Südthüringer Zeitung - Bad Salzungen

Lasst uns gemeinsam ein beispielhaftes Zeichen setzen
Wir wollen keine Nazis in Thüringen!

Liebe Leserinnen,
liebe Leser!

Die Nazis kommen! Am 4. März wollen sie durch Bad Salzungen marschieren! Getarnt als "antikapitalistische Kaffeeefahrt". Polizei, Stadt- und Kreisverwaltung sind hochsensibilisiert, in Alarmbereitschaft. Und weil sich auch gewaltbereite militante Linke als Gegendemonstranten angesagt haben, droht Eskalation.

Jetzt ist mutiges und eindeutiges bürgerschaftliches Engagement gefordert: Nazis raus aus Thüringen! Wir wollen sie nicht in unserem Land, schon gar nicht vor unserer Haustür. Ganz egal, wie sie daherkommen, diese braunen Horden, glatzköpfig und mit Springerstiefeln, oder geschniegelt, wie sie sich seit neuestem auch gerne präsentieren, als Wölfe in Schafspelzen gewissermaßen.

Egal auch, unter welcher Symbolik sie marschieren, unter welcher Bezeichnung und Abkürzung, mit welchem Slogan sie auftreten. Ganz egal auch, welche dumpfen Parolen sie brüllen. Sie stehen für Hass. Sie stehen für Verhetzung. Sie stehen für Gewalt und Unfrieden. Sie stehen für Unheil.

Wir wollen keine Nazis in Thüringen! Ein Land, in dem es ein KZ Buchenwald gab, will, kann und darf sich Nazi-Aufmärsche nicht leisten. Die braune Pest hat genug Leid angerichtet, in Thüringen, in Deutschland, auf der ganzen Welt. Wir leiden noch heute unter den Folgen.

Liebe stz-Leserinnen, liebe stz-Leser, lasst uns jetzt zusammenstehen und gemeinsam ein klares und beispielhaftes Zeichen setzen gegen jedweden Extremismus, Radikalismus, gegen Rassenhass, Hetze und braunen Terror. Sofort und in den nächsten Tagen, bis zum 4. März. Lasst uns das zusammen mit einer spektakulären Aktion deutlich machen!

Wir starten dazu heute eine große, Parteien und Weltanschauungen übergreifende Leserinitiative. Eine Aktion, wie es noch keine gegeben hat in unserer Region. Mit Plakaten, mit Aufklebern, mit einer eindeutigen Position. Überwältigend das erste Echo gestern aus Behörden, Unternehmen, Kirchen, Vereinen und Initiativen.

Bitte, machen Sie mit, liebe Leserinnen und Leser!

Setzen Sie mit uns ein friedliches, aber klares Zeichen: Nazis raus aus Thüringen! Wir wollen Farbe bekennen: Wir brauchen kein Braun in unserem Land!

Das erste Plakat dazu finden Sie zum Herausreißen in dieser stz. Vorschläge, wie Sie es nutzen können, finden Sie im Innern. Ab Montag bekommen Sie in Ihrer Nähe weitere Plakate und Aufkleber, mehr dazu heute und in den nächsten Ausgaben im stz-Lokalteil.

Gemeinsam gegen die Nazis. Trotz Karneval!

Danke sagt Ihr

Berthold Dücker

Chefredakteur

im Namen aller stz-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter


24.02.06 - Thüringer Allgemeine - Arnstadt

Auch bislang Gleichgültige mobilisieren

ARNSTADT (gs). Bunte Vielfalt statt brauner Einfalt - unter dieses Motto will die Arbeitsgemeinschaft "Demokratie braucht Zivilcourage" den Protest gegen einen rechten Aufmarsch in Arnstadt am Samstag in einer Woche stellen.

Alles, was das Versammlungsrecht zulässt, soll genutzt werden um den Neonazis zu verdeutlichen, dass sie in Arnstadt unerwünscht sind. So der Tenor der jüngsten Zusammenkunft der AG "Demokratie braucht Zivilcourage". Das Bündnis aus Parteien, Verbänden und Kirchen will die Bürger der Stadt mobilisieren, gegen den rechten Aufmarsch Flagge zu zeigen. Bunte Vielfalt gegen braune Einfalt zu erreichen, das bedeute auch, die bislang Gleichgültigen auf die Straße bringen, skizzierte Kirchenrat Jürgen Friedrich als ein Ziel für die Gegendemonstration. Die wird am nächsten Sonnabendnachmittag nun auf dem Platz zwischen Rathaus und Bachkirche stattfinden und damit nun doch in Sichtweite der rechten Veranstaltung. Bislang war dies umstritten, die Polizei wollte, um Zusammenstöße von vornherein auszuschließen, beide Veranstaltungen räumlich trennen. Doch wie den Rechten deutlich machen, dass sie in Arnstadt unerwünscht sind, wenn sie die Gegendemonstranten nicht zu Gesicht bekommen, so die Argumentation. Für den AG-Vorsitzenden, Pfarrer Damm, das Stichwort, noch einmal an die Antinazi-Aktion vom 26. November zu erinnern. Das sei eine gelungene Veranstaltung gewesen, schließlich hätten sich auch alle Stadtratsfraktionen, mit Ausnahme der des Bürgermeisters, daran beteiligt. In dem Zusammenhang kritisierte er die harschen, mitunter die Grenze der Beleidigung tangierenden Töne zur vorangegangenen AG-Sitzung. Solche gefährdeten letztlich das Bürgerforum. Man müsse sich auch im Protest an die demokratischen Spielregeln halten. Unterstützt wurde er von Rechtsanwalt Gerhard Pein, Rechtsanwendung dürfe nicht von politischer Gesinnung abhängig sein. Wenngleich er bedauerte, dass im Fall der rechten Veranstaltung letztlich die Verfassung Leute schütze, die objektiv diese aushebeln wollten. Dennoch gelte es, sich beim Protest ausschließlich friedlicher Mittel zu bedienen.


25.02.06 - Freies Wort - Ilmenau

AKTIONSTAG Für eine offene Stadt - gegen Gewalt, Fremdenhass und Rassenwahn demonstrieren
Zivilcourage gegen Rechts

ILMENAU - Dem Auftritt rechter Gruppierungen am 4. März am Apothekerbrunnen wollen die Ilmenauer einen Aktionstag gegen Rechts auf dem Wetzlaer Platz entgegensetzen.

Der Ilmenauer Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig erklärt, dass für Neonazis jeglicher Coleur in der Universitätsstadt, die mit ihren ausländischen Mitbürgern friedlich zusammenlebt, kein Platz ist. Freies Wort sprach darüber mit Ursula Jünemann, der Ersten Beigeordneten der Stadt und verantwortliche Organisatorin des Arbeitskreises für den Aktionstag gegen Rechts am kommenden Samstag, 4. März. Ursula Jünemann wendet sich mit diesem offenen Brief an die Ilmenauer:

"Der Platz am Apothekerbrunnen wird freilich in den Mittagsstunden des 4. März von den Neonazis belegt. Sie nutzen das Versammlungsrecht, ein hohes Gut in der Demokratie, und sie missbrauchen es. Die Neonazis machen Halt während einer so genannt Antikapitalistischen Kaffeefahrt. Bei Kaffeefahrten sollte man vorsichtig mit dem Angepriesenen umgehen. Da ist manchmal nicht alles seriös. Dabei möchte ich keinesfalls alle Verkaufs- oder Werbefahrten über einen Kamm schweren. Es wird für ein Produkt geworben. Muss ich aber darauf eingehen?

Die Neonazis haben in ihrem Gepäck Schlagworte wie Arbeitsmarktpolitik, soziale Alternativen, Drogenmissbrauch und anderes. Sie wollen die Stimmung in Deutschland für ihre Zwecke benutzen. Das eigentliche Ziel ist der Nationalsozialismus, dessen schreckliche Folgen wir kennen. Das können wir nicht einfach durchgehen lassen!

Deshalb bereitet der Arbeitskreis des Ilmenauer Stadtrates ,Für eine offene Stadt - Gegen Gewalt, Fremdenhass und Rassenwahn" mit Vertretern der Kirchen, der Universität, der Verbände und Vereine für den 4. März friedliche Aktionen vor. Wir wollen aufklären, Orientierung geben, Mut machen, aber auch den Opfern und Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges zur Seite stehen. Wir wollen gemeinsam als Bürgerinnen und Bürger Ilmenaus Zivilcourage gegen Rechts zeigen.

Ich lade Sie im Namen des Arbeitskreises dazu ein, am kommenden Samstag, um 12 Uhr, durch Ihre Teilnahme am ökumenischen Friedensgebet in der St. Jakobuskirche und an der Veranstaltung am Wetzlarer Platz unser Anliegen: "Universitätsstadt Ilmenau - Weltoffen und nicht von gestern" zu unterstützen. Möge diese Einstimmigkeit im Ilmenauer Stadtrat auf unsere Veranstaltungen am 4. März übergehen.

Wir wollen uns als Stadt des Friedens präsentieren. Es erwartet Sie ein gutes Programm mit Liedermachern, Redebeiträgen, Zeitzeugengesprächen und Ausstellungen."" (red.)


02.03.06 - Freies Wort - Arnstadt/Ilmenau

SAMSTAG IST AKTIONSTAG Demokraten in Ilmenau und Arnstadt gegen "Kaffeefahrt"" rechter Gruppen
Flagge zeigen gegen Rechts

Eine "Antikapitalistische Kaffeefahrt"" führt von der NPD geführte rechte Gruppen am Samstag von Bad Salzungen nach Ilmenau und weiter nach Arnstadt. Demokraten und Bürger mit Zivilcourage dieser Städte haben zu Gegendemonstrationen aufgerufen.

ILMENAU/ARNSTADT - Der Ilmenauer Stadtrat hat prompt und einstimmig reagiert: "Wir wollen mit friedlichen Mitteln Flagge zeigen und deutlich machen, dass für Neonazis jeglicher Coleur in der Universitätsstadt kein Platz ist."" Die Mitglieder des Arbeitskreises "Für eine offene Stadt - gegen Gewalt, Fremdenhass und Rassenwahn"" rufen deshalb alle Einwohner auf, das Anliegen am Samstag mit der Teilnahme am Friedensgebet in der St. Jakobuskirche und der Kundgebung auf dem Wetzlaer Platz zu unterstützen. Ilmenau wird sich weltoffen und nicht von gestern präsentieren. Beginn des Friedensgebets:12 Uhr.

Arnstadt gewappnet

In Arnstadt werden die Rechten zwischen 14 und 17 Uhr erwartet. Während diese sich auf dem Reet treffen, hat die Arbeitsgemeinschaft "Demokratie braucht Zivilcourage"" unter Leitung von Pfarrer Michael Damm ab 14 Uhr zu einer Kundgebung am Rathaus eingeladen. Samstagvormittag veranstaltet die Linkspartei PDS eine Diskussionsrunde zum Thema Kommunalpolitische Handlungsmöglichkeiten gegen Rechts in der Goldene Henne Arnstadt. Die Teilnehmer wollen sich ab 14 Uhr an den Protesten gegen die Neonazi-Kundgebung auf dem Markt beteiligen.

Programmvielfalt

In Ilmenau wird heute um 17 Uhr in der Volkshochschule eine Ausstellung zum Thema Neofaschismus in Deutschland eröffnet. Diese Wanderausstellung ist bis zum 8. März zu sehen.

Am Samstag werden die Teilnehmer der Kundgebung nach dem Friedensgebet auf dem Wetzlaer Platz begrüßt. Dort gibt es Musik von Olaf Bessert, zwei Ausstellungen in der Alten Försterei. KZ-Häftling und Zeitzeuge Gustav Schliefke steht für Gespräche bereit. Es sprechen unter anderen OB Gerd-Michael Seeber, TU-Rektor Prof. Peter Scharff und Prof. Reinhard Schramm von der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

Im Vorfeld der Kundgebungen erhielt Freies Wort Meinungsbeiträge, aus denen auf dieser Seite zitiert wird. Zu Wort kommen OB Gerd-Michael See ber (CDU), Die Ilmenauer Stadträte Christine Spira (Linkspartei PDS), Helmut Krause (BB/Freie Wähler), Christel Wilinski (SPD) und Pfarrer Michael Damm aus Arnstadt sowie Olaf Seiler , VVN, Bund der Antifaschisten. (red.)


Auswertung der Kaffeefahrt in der Presse

05.03.06 - Thüringer Allgemeine - Arnstadt

Bunter Protest

Mehrere hundert Arnstädter machten am Sonnabendnachmittag auf dem Platz zwischen Rathaus und Bachkirche deutlich, dass sie keine Nazis in ihrer Stadt dulden. Diese hatten sich zu ihrer "Kaffeefahrt" Bad Salzungen, Ilmenau und die Bachstadt für ihren Aufmarsch ausgesucht.

ARNSTADT. Man war vorbereitet. Die Polizei hatte den Marktplatz weit vor Beginn des Aufmarsches in eine Wagenburg verwandelt. Mehr als eine dutzend Polizeifahrzeuge, Sperrzäune in Doppelreihen. Eine Art Gatter für die Kundgebung der Rechten. Wir haben schon Stallpflicht, meinte ein Polizist augenzwinkernd. Die hatte an diesem Tag rund 300 Beamte im Einsatz - mit angelegten Schutzwesten, Helm am Koppel.

An den Bäumen waren Nicht-Willkommensgrüße angebracht: "Nazis raus." Das angrenzende Café "La Gondola" hatte geschlossen. Für Nazis kein Kaffee zur Kaffeefahrt. Vor der Bachkirche sammelten sich schon vor 14 Uhr die Gegendemonstranten. Arnstädter Bürger, Gewerkschafter, Kommunalpolitiker, Jugendliche aus der linken Szene, die dem Aufruf der Arbeitsgemeinschaft "Demokratie braucht Zivilcourage" gefolgt waren. Landrat Lutz-Rainer Senglaub mahnte zur Besonnenheit. Keine Gewalt, die arbeite den Rechten in die Hände.

Die Samba-Truppe "Percussion popular" in ihren orangefarbenen T-Shirts sorgte für Stimmung, die Trommler legten sich tüchtig ins Zeug. Die Zahl der Gegendemonstranten wächst.

Ein Häuflein Rechter der hiesigen Szene versammelt sich vor dem Rathaus, schaut auf die mit Plakaten drapierten Fenster. "Bunte Vielfalt statt braune Einfalt". Dann rollen die "Kaffeefahrer" an. Zwei Busse. Einer offensichtlich der Mannschaftsbus der in der 2. Bundesliga spielenden Damenfußballmannschaft des USV Jena. Frage an den Fahrer, ob das nicht Ärger mit dem Verein geben könnte. "Nö", ist der überzeugt. "Aber wohl", reagiert empört der stellvertretende Vereinsvorsitzende des USV am Telefon auf die TA-Anfrage. Professor Werner Riebel ist wie vom Donner gerührt. Das dürfe ja wohl nicht wahr sein. Davon hatte er keine Ahnung, versichert er und distanziert sich "aufÂ?s Entschiedenste". Das wolle man auch dem Busunternehmer klar machen.

14.30 Uhr. Aus Richtung Bachkirche lautstarke Sprechchöre, "Nazis raus, ihr seid hier nicht zu HausÂ?". Dann wieder Trommelwirbel, in dem gehen die rechten Parolen unter.

Demonstrativ hatten sich Erwin Erdmann (SPD) und Jörg Hilbrecht (Bürgerforum) ganz vorn an die Absperrgitter zu den jungen Linken gestellt, zahlreiche Ordner waren unterwegs. Auch die Polizei legte ihren Schwerpunkt auf die "kommunikative Konfliktbewältigung". "Keine Gewalt und keinen Alkohol", rief Pfarrer Damm in die Menge. Einige Jugendliche waren sichtlich alkoholisiert, versuchten die Polizei zu provozieren. Die reagierte prompt, nahm drei vorläufig in Gewahrsam wegen Widerstand gegen Beamte, Beleidigung und Körperverletzung fest. Einmal griffen die Beamten zum Pfefferspray, in 22 Fällen wurden Platzverweise ausgesprochen. Gegen die Polizei wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung erstattet, bilanziert Polizeisprecher Detlef Kasch.

Aber die Besonnenen waren in der Mehrheit. Heinz Walther (83) meinte: "Ich habe das alles miterlebt, den ganze Krieg. Ich weiß, was das bedeutet". Angesichts der doch überschaubaren Menge an Gegendemonstranten sagte er gegenüber TA: "Ich habe das Gefühl, die Leute nehmen es nicht so ernst. Wenn es drauf ankäme, wären viel mehr hier".

Manfred Zitzmann (64) zeigte sich entsetzt, dass die Bewilligungbehörde überhaupt eine Kundgebung der Rechten auf dem Marktplatz zugelassen hat. 1938 seien nach dem Brand der Synagoge Bürger der Stadt im Rathaus gefoltert worden, "unfassbar, dass Nazis am selben Ort demonstrieren dürfen." "Ich vermisse hier den Bürgermeister. Das ist das Mindeste, was er für seine Stadt tun kann", meinte Christa P. (57), die Gesicht zeigen, aber ihren vollen Namen nicht in der Zeitung wissen wollte. Ein Zeichen dafür, dass sich Angst breit macht. Bürgermeister Hans-Christian Köllmer hatte nur das Friedensgebet in der Bachkirche besucht. "Vor den Rechten sollte man sich nicht davon schleichen", meinte auch Gerhard Pein (Linkspartei.PDS), der wie Martina Lang, Bürgermeisterkandidatin der SPD, zu den Anwesenden sprach. Sie hätte sich so viele Leute auf den Straßen wie zum Faschingsumzug gewünscht. "Ich bin gegen den braunen Mob", meinte Horst Höhne. Und sein CDU-Parteikollege Dr. Reinhard Köhler meinte "In solchÂ? einer Situation müssen alle Demokraten zusammenhalten und Flagge zeigen".

Kurz vor 16 Uhr. Die Rechten wollen in die Verlängerung, beantragen eine Eilversammlung - gegen Polizeiwillkür. Eine solche Spontandemo bedarf einer Genehmigung durch die Ordnungsbehörde des Landkreises. Das dauerte. Dann wollten die Rechten nach Gotha ausweichen und schließlich wurde der Antrag zurück gezogen. Ein Teil der Nazis hatte kalte Füße bekommen, buchstäblich. Als sie um 16.18 Uhr wieder ihre Busse bestiegen, Jubel auf der Gegenseite.

Pfarrer Damm dankte der Polizei und rief den Demonstranten zu: "Am 1. April sehen wir uns hoffentlich wieder". Denn dann wollen die rechten Arnstadt erneut zu ihrem Aufmarschgebiet machen.

Von Gerd SCHMIDL und Antje KÖHLER


05.03.06 - Thüringer Allgemeine - Ilmenau

Für eine weltoffene Stadt Ilmenau

ILMENAU (am). Mit einem Friedensgebet in der Jakobuskirche wurde Samstagmittag der Aktionstag für eine weltoffene Stadt Ilmenau begonnen. Redner forderten wenig später am Wetzlarer Platz ein energischeres Vorgehen gegen Neonazis. Die hielten zeitgleich am Apothekerbrunnen eine Kundgebung ab.Der stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Thüringen, Professor Reinhard Schramm, hat am Samstag mehr Initiative der Kommunalpolitik beim Einschreiten gegen Neonazis gefordert. "Der Marsch auf die Mitte unserer Städte und damit auf die Mitte der Gesellschaft" müsse rechten Ideologien versperrt werden. Schramm verlangte energischere Strategien wie Sitzblockaden: "Der Widerstand gegen Neonazis muss Chefsache sein."

Rund 300 Polizisten waren am Samstag zwischen Bad Salzungen, Ilmenau und Arnstadt im Einsatz. Bereits am Vormittag hatten die Beamten um das Zentrum der Universitätsstadt einen Ring gezogen. Zwischen linken und rechten Demonstranten "muss eine gewisse Distanz sein", sagte Einsatzleiter Raimund Walk. So genannte Kommunikationsbeamte versuchten im Vorfeld der Kundgebungen, mögliche Konflikte zu unterbinden.

Als die von der Polizei geschätzten 80 Teilnehmer der "antikapitalistischen Kaffeefahrt" nebst geladenem Publikum in Ilmenau direkt beim Aussteigen mit "braunem Kaffee" empfangen wurden, reagierten etliche von ihnen genervt bis leicht aggressiv. Bei der Abfahrt der beiden Reisebusse in Richtung Arnstadt warfen gewaltbereite Linke erst Schneebälle - dann hagelte es in der Marktstraße Bierflaschen gegen die Fahrzeuge. Die Polizisten versuchten daraufhin, die tobende Menge weiter in Richtung Rathaus zu drängen. Gegenüber, in der Jakobuskirche, hatte eine Stunde zuvor ein ökumenisches Friedensgebet mit Pastorin Reidemeister-Danz und Pfarrer Stephan Riechel begonnen. "Dona nobis pacem" stimmte Kantor Hans-Jürgen Freitag als Kanon an, danach spielte die "Capella Juventa".

Liedermacher Olaf Bessert, die Musikschul-Trommelgruppe "Kambala" und Martin Strauch sorgten für den musikalischen Rahmen am Wetzlarer Platz. Dort hatten sich rund 100 Menschen zu einer Kundgebung unter dem Motto "Universitätsstadt Ilmenau - weltoffen und nicht von gestern" versammelt. Neben Ilmenaus Oberbürgermeister Gerd-Michael Seeber und Reinhard Schramm warnte Michael Heinitz vor Tendenzen einer sich wiederholenden Geschichte. Er appellierte an die Verantwortung der Politik, "Zukunftschancen für Menschen zu bieten, um den Demagogen die Chance zur Verführung zu nehmen", meinte Heinitz.

Für ihr Engagement dankte Christel Wilinski der Vorsitzenden des Arbeitskreises "für eine offene Stadt - gegen Gewalt, Fremdenhass und Rassenwahn", Ursula Jünemann. Sie kündigte eine Auswertung der Initiative vom Samstag an und forderte das Publikum auf, weiterhin gegen rechte Tendenzen Stellung zu beziehen. Reinhard Schramm bezeichnete die Kundgebung am Wetzlarer Platz als einen "erfolgreichen Anfang".

Nach einer Kranzniederlegung am Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus lud Bürgerbündnis-Mitglied Helmut Krause ein, den Apothekerbrunnen per Besen "vom braunen Dreck zu befreien". Bereits einen Tag zuvor war in der Volkshochschule die Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) eröffnet worden.


06.03.06 - Freies Wort - Arnstadt/Ilmenau

ANTIKAPITALISTISCHE KAFFEEFAHRT
Unerwünschte Gäste geben auf

Etwa 80 Teilnehmer nationaler, von der NPD betreuter Gruppen aus Thüringen machten auf ihrer "Kaffeefahrt"" am Samstag in Ilmenau und Arnstadt Halt.

ILMENAU/ARNSTADT - Die Tourismuszahlen Ilmenaus sind im Steigen begriffen. Auf die zwei Busladungen rechtsgerichteter Gäste am Samstag verzichteten die Goethestädter jedoch gern. OB Gerd-Michael Seeber und die Teilnehmer der Gegendemo am Wetzlaer Platz erklärten sie gar für "unerwünschte Gäste"".

Ein "Rhönsegler"" aus dem Wartburg kreis und der Mannschaftsbus der Jenaer Frauenfußballer in der 2. Bundesliga fahren kurz nach Mittag in der Schwanitzstraße vor. Die Aufschrift der Busse mit dem Hinweis einer Bank "Knete in Bewegung"" lässt nicht auf die Reisenden schließen. In Höhe der Arbeitsagentur werden die etwa 80 Insassen von Barbara Schramm und ihrem Arbeitskreis "Mütter gegen die braune Verführung"" empfangen. Barbara Schramm hat zur Verwunderung der "Kaffeefahrer"" eine Tafel aufgebaut und empfängt die Rechten mit Kaffee und Flugblättern. "Lass den Dreck stecken"", wird den Frauen entgegnet. Immerhin stecken einige die Flugblätter ein; eines fliegt zerknüllt ihr entgegen. Das Knüllpapier wird entsorgt. Die Rechten geben sich als Saubermänner.

Am Apothekerbrunnen warten bereits einige Dutzend Ilmenauer. Ein Empfangsspruchband der ISWI-Studenten mit der Aufschrift "Es ist nicht nur das Übel um uns herum, was schlimm ist; es ist die Gleichgültigkeit der Wohlmeinenden, die das möglich macht"", ist in der Nacht zuvor von Unbekannten heruntergerissen worden. Worte sind die Waffen der Rechten, wird deren Anführer Patrick Wieschke an diesem Tag mit hochrotem Kopf noch mehrmals ins Mikrofon brüllen. Da mag Wieschke das geschriebene Wort des ehemaligen isländischen Außenministers Jon Baldwin Hannibalson nicht vor Augen haben. Während die Neonazis ihre Spruchbänder aufrollen und die Technik installieren, empfängt sie ein Pfeifkonzert. Linke Autonome werden von der Polizei in Richtung Kirche zurückgehalten. Als dann Wieschke noch ins Mikrofon brüllt, versteht man sein eigenes Wort rund um den Apothekerbrunnen nicht mehr. Hatten die Neonazis vergangenes Jahr als Einstiegsdroge das Thema Kinderschänder bemüht, geht es ihnen dieses Jahr um die Familiengesetzgebung, Hartz IV und die Globalisierung der Wirtschaft. Über diese weit und breit diskutierten Probleme sollen die Menschen Zugang zu ihrer braunen Ideologie finden. Nun, kaum eine Hand voll Leute interessiert sich wirklich für ihr Tun. Die symbolisch aufgebaute Kaffeekanne und die Kuchen dienen letzten Endes der Eigenversorgung. Nach einer halben Stunde wird zusammengeräumt, die Menge pfeift immer noch. Einige Autonome bewerfen die Busse mit Schneebällen, eine Bierflasche trifft ein Seitenfenster. Mit Polizeieskorte geht es weiter nach Arnstadt.

Der Markt ist das Ziel. Hier warten zwischen Rathaus und Bachkirche über hundert Menschen, die dem Aufruf der AG Demokratie braucht Zivilcourage gefolgt sind. So nah standen sich die Demonstranten noch nie gegenüber. Nur mit Absperrgittern können die Lager getrennt werden. Das "1,2,3 ...Sprechprobe"", der Wieschke-Mikrofonanlage geht im Trommel- und Pfeifkonzert der Gegenkundgebung unter. Von "lieben Arnstädtern"", wie Wieschke schreit, ist keiner anwesend. Als die Rechten merken, dass sie diesmal wieder keinen Fuß in die Tür bekommen, fordern sie Eilversammlungen unter anderem gegen "Polizeiwillkür"". Diese nehmen sie wenig später zurück. Nachdem ein Neonazi weithin sichtbar auf den Markt uriniert, ziehen die Wieschke-Truppen ab.

Bilanz: 300 Polizisten im Einsatz, drei Linke in Gewahrsam genommen, 108 Identitäten festgestellt, 22 Platzverweise ausgesprochen, einmal Pfefferspray eingesetzt. Eine Anzeige läuft gegen die Polizei. (vp)

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