Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Sonneberg: Über alltäglichen Rassismus

Eintragsdatum: 2007-09-25Quelle: AGST

Rassismus ist Alltag in Deutschland, nicht nur für die Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften, die u.a. Deportationen und Residenzpflicht ausgesetzt sind. Auch für Menschen, mit dunkler Hautfarbe, also jene Menschen, die an äußerlichen Merkmalen von Rassist_innen als undeutsch erkannt werden. Wir berichten beispielhaft über rassistische Zustände in einer südthüringer Kleinstadt - Sonneberg.

"Ausländische Nationalitäten" im "Stern" nicht willkommen

Der "Stern" ist eine "ganz normale" Diskothek in der 23.500 Einwohner_innen zählenden Kleinstadt Sonneberg im äußersten Süden Thüringens, an der Bayrischen Grenze. "Ganz normal", da nicht als Nazilocation bekannt, aber auch nicht im Widerspruch zum rassistischen Konsens großer Teile der deutschen Bevölkerung. Die Diskothek "Stern" ist einer von wenigen Orten in Südthüringen, an dem sich die Jugend aufhalten kann. Die Jugend, die es sich leisten kann, die sich anpassen will und kann an die konsumorientierte, oberflächliche Kultur des deutschen Mainstreams. Kurz gesagt: Es geht ums sehen und gesehen werden. Abweichungen sind da nicht gern gesehen und bringen das biedere Bild des deutschen und unpolitischen jungen Menschen ins Wanken. Durch das Raster fallen dann oft alternative Subkulturen, die Wert auf einen unkommerziellen und unangepassten Lifestyle legen, aber auch Menschen, die nicht als "Deutsche" erkannt werden können oder wollen. Zur Herstellung eines "Normalzustandes" gibt es dann für Rassist_innen, die Mittel der Ausgrenzung und Intoleranz. In Sonneberg in der Diskothek "Stern" sieht das dann wie folgt aus.

Unter den "Einlasskriterien" auf der Homepage der Diskothek führten die Verantwortlichen bis Februar 2006 unter dem Punkt "Nationalität" folgendes Ausschlusskriterium an:

Besucher ausländischer Nationalität erhalten grundsätzlich nur noch Zutritt zum gesamten Objekt, wenn sie sich vorher bei der Geschäftsleitung registriert haben und einen Ausweis für den Zutritt zur Discothek erhalten haben.
Die Bearbeitungszeit der Registrierungen beläuft sich auf 1 bis 2 Wochen, Formulare sind an der Abendkasse erhältlich. Für die Registrierung ist ein aktuelles Paßbild notwendig.


Ohne jeden Zweifel ist das Rassismus in Reinkultur. Straftatbestand: Volksverhetzung. Nicht-deutsche Menschen erhalten keinen Zutritt zur Disko, wenn sie sich nicht als solche registrieren lassen und einen Pass beantragen. Diese beispiellose Diskriminierung bemerkte ein besonnener Besucher der Diskothek und nahm Kontakt mit dem Internetprojekt der Zeitschrift "Stern" - "Mut gegen rechte Gewalt" auf. Er schilderte die Situation und ein Journalist kontektierte die Diskothek.
Die Betreiber der Disko reagierten. Jedoch nicht mit einer Entschuldigung oder Änderung ihrer Politik, nein. Sie entschärften das Einlasskriterium und fügten eine fadenscheinige Begründung bei. Das liest sich bis heute dann so:

Da es trotz verstärkter Kontrollen in der Vergangenheit des öfteren Auseinandersetzungen ausschließlich mit Besuchern ausländischer Nationalität gegeben hat, wird hier beim Einlass ein besonderes Augenmerk gelegt. Hier ist entscheidend, ob die Personen beim Personal bekannt sind und ob Sie von Ihrer Kleidung her zu unserer Gästestruktur passen.

Offensichtlich ist man sich darüber klar geworden, dass die diskriminierenden Einlasskriterien den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Begründet wird die Maßnahme durch Auseinandersetzungen ausschließlich mit nicht-deutschen Besucher_innen, ohne konkrete Fallbeispiele. Ebenfalls ins Feld geführt wird das "Argument" der passenden Kleidung - wie weiter oben schon beschrieben.

Die Situation in Diskotheken, wie dem "Stern" in Sonneberg ist für Nicht-deutsche und Linke ein untragbarer Zustand, doch in Südthüringen längst Normalität. In Zella-Mehlis prügelten Neonazis und Securitys unerwünschte Gäste der Diskothek "Rele" gemeinsam ins Krankenhaus. Im "Einsiedel", ebenfalls in Zella-Mehlis, verkehren ungestört Neonazis, spielen rechte Musikbands und so entwickelte sich die Kneipe zu einem beliebten Treffpunkt für Rechtsextreme aus der Region. Antifaschist_innen stehen der Situation ohnmächtig, aber nicht tatenlos, gegenüber. Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit waren nicht spürbar von Erfolg geprägt. Für uns kein Grund zum Resignieren. Der Kampf geht weiter.

Mosambikaner von Rassist_innen auf Kirmes angegriffen

Die rassistischen Auschreitungen in Mügeln Mitte August 2007 erregten bundesweit Schlagzeilen. Das Satiremagazin Titanic kommentierte das Geschehene, wie folgt:

Mügeln - ein mahnender Zwischenruf

Als Leser dieser Seite sagen Sie bestimmt: "Was heißt hier 'No-Go-Areas im Osten'? Der Osten ist doch eine einzige No-Go-Area." Bevor Sie jedoch einen ganzen schönen Landstrich allein wegen seiner unverbesserlichen Nazi-Bevölkerung abqualifizieren, sollten Sie lieber mal überlegen,
- was für Traumata der Schießbefehl in den Köpfen der Menschen erzeugt hat
- wie integrationsunwillig z.T. gerade diese Inder mit ihren vielen 'Heiligen Kühen' sind (Turban, Punkt auf der Stirn, Kastengesellschaft)
- welchen Eindruck wir mit dieser ganzen Diskussion auf ausländische Investoren machen
Würdigen wir also lieber einmal, in wievielen ostdeutschen Gemeinden am vergangenen Wochenende KEINE Hetzjagden auf Ausländer stattfanden: Danke, liebe Ossis!

Der überspitzte Kommentar verbirgt einen traurigen, aber wahren Kern. Mügeln ist kein Einzelfall. Immer wieder kommt es auch in Südthüringen bei Dorf- und Stadtfesten zu rassistischen Ausschreitungen. So kam es auch am 4. August 2007 in Piesau, 25km nördlich von Sonneberg, zu einem rassistischen Übergriff. Ein 38-jähriger Mosambikaner wurde in den frühen Morgenstunden von 5-7 deutschen Jugendlichen auf den Heimweg mit Schlägen und Tritten traktiert. Er wehrte sich erfolgreich und blieb glücklicherweise unverletzt. Die Verantwortlichen in Sonneberg weisen das Problem gegenüber dem "Freien Wort" zurück. Man habe hier kein Problem mit Rassismus und der Sprecher des Kirmesvereins wusste es besser, denn ihm sei berichtet worden die "Ausländer" haben angefangen.


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