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Suhl: Täter werden zu Opfern gemacht

Eintragsdatum: 2016-06-06Quelle: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Dem Suhler Stadtrat Unwissenheit und Gedankenlosigkeit vorzuwerfen, wie es Volkhard Knigge der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald formulierte, ist bei vielen Gelegenheiten angebracht. Bei dem aktuellen Stadtratsbeschluss zur Gedenktafel für die „unschuldigen“ Suhler, die im Speziallager 2 in Buchenwald umkamen, steckt wohl aber mehr dahinter.

Vor wenigen Tagen beschloss der Stadrat in Suhl auf dem Hauptfriedhof eine Tafel anbringen zu lassen, in Gedenken an acht Suhler, die in der Nachkriegszeit im Speziallager 2 der Sowjets umkamen. So habe, laut dem Bericht der Lokalpresse, die Stadt selbst recherchiert und herausgefunden, dass im Speziallager auch 'Unschuldige' eingesessen haben und gestorben sind. Die Intention eine solche Recherche und die Initiation einer Gedenktafel für acht Suhler Häftlinge ist dabei weniger bei einem Geschichtsbild zu suchen, was dem der 1950er Jahre gleicht, wie es Volkhard Knigge, Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, in seiner Kritik an der Idee formulierte. Dass dieses NS-verhamlosende Geschichtsbild sehr wohl heute noch aktuell ist und die Verharmlosung des Nationalsozialismus, sowie die Dämonisierung der Alliierten, zeigt sich unter anderem bei offiziellen Gedenkveranstaltungen in Suhl und das abseits von Nazibanden, die jährlich zum Volkstrauertag von Gedenkstätte zu Gedenkstätte pilgern. Dieses Geschichtsbild ist vielmehr Teil des städtischen Gedenkens geworden.

Erst im vergangenen Jahr, zum 70. Jahrestag der Befreiung zeigte sich deutlich, wie die Stadt Suhl mit dem Nationalsozialismus umgeht. Bei dieser Veranstaltung, die an der Stelle zum Gedenken der Opfer beider Weltkriege eröffnet wurde, grüßte Oberbürgermeister Jens Triebel den Bund der Vertriebenen (BdV) persönlich, man gedachte den Opfer einer Bombardierung Suhls vom 26. März 1945 und erinnerte an die zwölf auf dem Hauptfriedhof begrabenen Wehrmachtsoldaten. Die widerliche Rede hielt dabei niemand anderes als der Leiter des Waffenmuseums, Peter Arfmann, der immer wieder betonte, wie wichtig das Gedenken auch an die deutschen Soldaten für die Nachfolgegenerationen sei und man auch diesen „Opfern“ gedenken müsse. Weiterhin wusste Arfmann die Bombardierungen Bremens als „Terrorangriffe“ zu betiteln. In Einklang mit dieser abscheulichen Veranstaltung fand auch ein Gedenken an italienische Zwangsarbeiter, sowie antifaschistischer Widerstandskämpfer statt. In Anbetracht der Vorreden und -redner ein blanker Hohn. Damals thematisierten und skandalisierten nur wir in einem Bericht zur Veranstaltung die offene NS-Verharmlosung. Eine ausführliche Betrachtung und Einschätzung erschien ebenfalls in der Ausgabe 5 der Alerta Südthüringen mit dem Schwerpunkt "Kritk deutscher Gedenkpolitik".

Im Fall der Gedenktafel in Suhl konnte eine Skandalisierung nur erreicht werden, da sich der Leiter der Buchenwalder Gedenkstätte öffentlich dazu äußerte. Jedoch, wie wir finden, unzureichend in seinen Äußerungen. Denn der Beschluss des Suhler Stadtrates speist sich nicht, wie von Knigge vorgeworfen, aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit, sondern ist Teil der verfolgten Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit. Die deutschen Täter von einst werden gezielt auf die selbe Stufe wie die Opfer des Nationalsozialismus gestellt und gleichsam die vermeintliche Gräueltat der Sowjets, nämlich angeblich unschuldige Deutsche in ein Lager zu sperren und zu ermorden, im kollektiven Gedenken hervorzuheben versucht. Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus steht dabei genauso wenig im Vordergrund wie die der einzelnen Schicksale der acht verstorbenen Suhler im Speziallager und deren Rolle im NS, was schon die Wortwahl für die Tafel zeigt, bei der eben nicht von Acht Suhlern die Rede ist, sondern ganz allgemein von "den Unschuldigen". Die Schuld wird nicht etwa bei denen gesucht, die einen Weltkrieg begannen und Millionen Menschen systematisch ermordeten, sondern viel mehr bei denen, denen man es bis heute verübelt, der Vollendung der Vernichtung aller europäischen Juden einen Riegel vorgeschoben zu haben.

Dass nun die Gedenkstätte Buchenwald der Stadt Suhl Rat und Tat angeboten hat, mag zwar nett sein, doch an der eigentlichen Ausrichtung der städtischen Gedenkpolitik in Zukunft nichts ändern, weil diese eben nicht auf Unwissenheit basiert, sondern ein klares politsches Ziel verfolgt. Zwar ist die Skandalisierung der Verharmlosung und Verdrängung in der deutschen Gedenkpolitik ein erster wichtiger Schritt, doch wird sich ohne ein entschlossenes Zurückweisen und einer Kritik an ihr genauso wenig ändern, wie an den anderen Gedenkveranstaltungen und -stätten, die über das Jahr verteilt und ohne große Öffentlichkeit abgehalten und besucht werden.

Eine ausführliche Auseinandersetzung zur Kritik deutscher Gedenkpolitik findet sich in der Broschüre zur Kampagne "Volkstrauertag abschaffen! Für das Ende von NS-Verharmlosung, Naziaufmärschen und deutschen Opfermythen!“ aus dem Jahr 2015. Als PDF hier online nachlesbar.

Suhl Zwist um geplante Gedenktafel für Sowjet-Opfer

Sie ist noch nicht errichtet, aber schon umstritten: Auf dem Suhler Hauptfriedhof ist eine Erinnerungstafel für die Opfer in sowjetischen Speziallagern geplant. Wörtlich soll die Tafel an "die Unschuldigen" erinnern, die "im sowjetischen Speziallager Nr. 2 Buchenwald und in anderen Lagern der Alliierten gelitten haben oder zu Tode gekommen" sind. Der Stadtrat von Suhl hatte vor einigen Tagen mit deutlicher Mehrheit einer entsprechenden Vorlage des Kulturausschusses zugestimmt.

Einem Bericht des "Freien Wort" zufolge stößt die noch nicht errichtete Erinnerungstafel beim Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, auf Entsetzen. Knigge wird mit den Worten zitiert, der Suhler Stadtrat vertrete ein "Geschichtsbild der 1950er Jahre". Die Pläne seien "von Unwissen und Gedankenlosigkeit gekennzeichnet". Er forderte die Stadträte auf, ihre Pläne dringend zu überdenken.

Laut Zeitungsbericht hat die Stadt recherchiert, dass in dem Lager auch Unschuldige inhaftiert gewesen seien. Knigge hingegen erklärte, 80 Prozent der dort Inhaftierten seien ins NS-System verstrickt gewesen. Die Stiftung verfüge über eine Vielzahl historischer Quellen dazu, sei aber nicht nach ihrer Einschätzung gefragt worden. Ein Sprecher von Stiftungs-Direktor Volkhard Knigge sagte MDR THÜRINGEN, die Gedenkstätte Buchenwald biete der Stadt nun Rat und Tat an.

Nach der Befreiung des KZ Buchenwald nutzten die Sowjets das Lager, um dort ehemalige Angehörige des NS-Regimes zu inhaftieren. 1950 wurde es aufgelöst

Quelle: MDR Thüringen, 01. Juni 2016.

Gedankenlos: Stadt Suhl blamiert sich mit Gedenktafel für Opfer der Aliierten

Eine Tafel, die an die Opfer der durch die Sowjets nach dem Zweiten Weltkrieg internierten deutschen Insassen des Buchenwalder Speziallagers 2 erinnert, soll auf Beschluss des Suhler Stadtrates auf dem Friedhof der Stadt aufgestellt werden. Nun wird den Vertretern der Stadt von Experten Geschichtsklitterung vorgeworfen

Die Pläne der Stadt Suhl, mit einer Gedenktafel an Menschen zu erinnern, die unter anderem im sowjetischen Speziallager Nummer 2 nach 1945 in Buchenwald gelitten haben und zu Tode gekommen sind, stoßen bei der Stiftung Gedenkstätten auf scharfe Kritik. Der für die Tafel vom Suhler Stadtrat beschlossene Text entstamme einem Geschichtsbild der 1950er Jahre, sagte der Direktor der Stiftung, Volkhard Knigge. Da werden Zerrbilder gezeichnet, von denen man dachte, dass sie längst überwunden sind. Die Pläne der Stadt Suhl seien gekennzeichnet von Unwissen und Gedankenlosigkeit, die zu Geschichtsklitterung und Geschichtsvergessenheit führen. Unter anderem für das Geschichtsbewusstsein junger Menschen berge der beschlossene Text die große Gefahr, dass man damit politischen Strömungen zuarbeitet, von denen ich niemandem der hieran Beteiligten unterstellen möchte, dass er diesen Strömungen zuarbeiten will. Die Pläne müssten dringend überdacht werden, forderte Knigge. Meine Empfehlung wäre, sich mit dem Gegenstand auseinanderzusetzen, dem man gedenken will.

Stadtratsbeschluss ohne Gegenstimmen Der Suhler Stadtrat hatte vor wenigen Tagen mit nur drei Enthaltungen und ohne Gegenstimmen einer Beschlussvorlage seines Kulturausschusses zugestimmt, in der es heißt, auf dem Hauptfriedhof Suhls solle eine Tafel mit folgender Inschrift angebracht werden: Die Stadt Suhl gedenkt der Bürger ihrer Stadt, die im sowjetischen Speziallager Nr. 2 Buchenwald und in anderen Lagern der Alliierten unschuldig gelitten haben oder zu Tode gekommen sind.

Nach Angaben von Suhls Oberbürgermeister Jens Triebel (parteilos) ging die Initiative zur Errichtung der Tafel von Angehörigen von Menschen aus, die im Speziallager Nr. 2 starben. Nach Angaben Triebels ist Suhl die erste Stadt in Thüringen, die eine solche Tafel errichten will.

Knigge sagte, der beschlossene Text setze alle Arten von Lagern gleich; unter anderem: das sowjetische Speziallager, sowjetische und westalliierte Kriegsgefangenenlager, Internierungslager von Briten, Franzosen und Amerikanern für NS-Belastete und selbst Lager, in denen nach dem Krieg ehemalige KZ-Häftlinge und NS-Zwangsarbeiter untergebracht worden seien. Dadurch würden nicht nur wichtigen Unterschiede zwischen den einzelnen Lagerarten eingeebnet. Zudem würden wie in den 1950er Jahren Schuld und Unrecht gegeneinander aufgerechnet. Das Argument dabei ist doch: Ja, wir Deutschen haben große Verbrechen begangen, aber die anderen auch. Das sei aber die falsche Art des Gedenkens und Erinnerns.

Die Sowjets nutzten das von den Nationalsozialisten errichtete Konzentrationslager Buchenwald nach dessen Befreiung ab 1945, um dort Angehörige des NS-Regimes zu inhaftieren. Die Haftbedingungen im Lager waren teilweise katastrophal. Das sogenannte Speziallager Nr. 2 wurden 1950 aufgelöst. Neben tatsächlichen Nationalsozialisten wurden dort auch Menschen eingesperrt, die zu Unrecht einer Zusammenarbeit mit den Nazis verdächtigt worden waren.

An welche Unschuldigen soll erinnert werden? Allerdings ist der Anteil derer, die auf Grund falscher Anschuldigungen in das Speziallager eingeliefert wurden, nach Angaben von Knigge deutlich geringer als man das noch in den 1990er Jahren annahm. Die Forschung habe in den vergangenen Jahren deutlich herausgearbeitet, dass mehr als etwa 80 Prozent derer, die von den Sowjets in diesen Einrichtungen inhaftiert worden seien, tatsächlich in das NS-System verstrickt gewesen seien. Insofern sei es fragwürdig, an welche angeblich Unschuldigen die für Suhl geplante Gedenktafel nun erinnern solle. Zwar sei den Häftlingen des Speziallagers stalinistisches Unrecht widerfahren. Sie hätten keinerlei Verfahren erlebt, die rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprochen hätten. Das bedeute aber nicht, dass es die Verbrechen, derer sie beschuldigt worden seien, nicht gegeben habe. Auch hierbei zeige sich, wie untauglich es sei, Schuld gegeneinander aufrechnen zu wollen.

Betroffene wohl tatsächlich mit NS-Regime verstrickt Genau auf solche historisch komplexen Zusammenhänge im Speziellen, sagte Knigge, hätten Vertreter der Stiftung die Stadtratsmitglieder hinweisen können weil die Stiftung über eine Vielzahl von historischen Quellen verfüge, aus denen sich auch die Biografien einzelnen Häftlinge recherchieren lasse. Schon eine erste Recherche der Stiftung zu Menschen, die in der Region Suhl geboren worden sind und im Speziallager Nr. 2 starben, habe gezeigt, dass die Betroffenen wohl tatsächlich mit dem Regime verstrickt waren. Eine solche Anfrage aus Suhl sei aber nie an die Gedenkstätte herangetragen worden.

Zudem hätten die Stadtratsmitglieder im Allgemeinen vieles von dieser historischen Komplexität wissen können, wenn man mal ein Buch liest, sagte Knigge. Die Geschichte des Speziallagers Buchenwald sei bald nach 1990 intensiv mit einem großen Forschungsprojekt aufgearbeitet, die Forschungsergebnisse in zwei dicken Büchern publiziert worden. So wie die Pläne der Stadt nun allerdings beschlossen worden seien, sagte Knigge, verbreiteten sie eine These, die ebenfalls in den 1950er Jahren beliebt war: Und die lautet: Hitler kam vom Mars und hat die Deutschen verführt. Dabei war das NS-System ganz breit abgestützt. Wir reden da von Millionen Deutschen.

Quelle: TLZ Thüringen, 02. Juni 2016.
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