Wasungen: Wenn das Volk auf die Straße geht...

… dann hat das insbesondere in der Region Südthüringen noch nie etwas Gutes bedeutet. Wenn sich Karnevalisten dann mit Rassisten treffen, kommt es zu einer öffentlichen Aktion in der offener Rassismus und struktureller Antisemitismus mit Kritik, Satire oder Witz verwechselt wird. So geschehen in Wasungen bei Meiningen beim Karnevalsumzug am 6. Februar 2016.

„Balkanexpress“ und der Wasunger Karneval

Wäre nicht der MDR darauf gestoßen und hätte skandalisiert, was da auf dem Karnevalsumzug am 6. Februar in Wasungen aufgelaufen ist, hätte sich wohl gar keiner daran gestört. Pech für den Karnevalsverein aus Wasungen und seine Anhänger, die den Umzug mit organisierten, denn der MDR berichtete schließlich über einen Wagen des Umzuges in Form einer Lokomotive. Darauf stand die Aufschrift „Balkanexpress“ und „Die Ploach kömmt“. In eine verständliche Sprache übersetzt heißt Letzteres: „Die Plage kommt“. Um den Wagen sprangen dabei verkleidete Karnevalisten in Heuschreckenkostümen, die eben jene Plage darstellen sollten. Dass mit 'Balkan-Express' und 'Plage' die Flüchtlinge gemeint sind, die über den Balkan eingereist sind, bedarf nicht viel Fantasie und auch dass die Heuschrecken Flüchtlinge darstellen sollen, wird schnell klar. Auf Nachfrage des MDR vor Ort bestreiten natürlich die verkleideten Heuschrecken einen rassistischen Hintergrund. Dass ihre Darstellung von Menschen als Ungeziefer und Insekten, die nach Deutschland als 'Plage' kommen, nicht nur rassistisch und hochgradig menschenverachtend ist, sondern auch sonst nur bei Veranstaltungen der NPD oder ThüGIDA auf der Straße formuliert werden, will man nicht einsehen. Ein befragter Karnevalist lässt diese menschenfeindliche Darstellung unter „Meinungsäußerung“ verbuchen, eine alte Frau findet es richtig, dass so etwas seinen Platz im Wasunger Karneval hat, ein Mann mit Kind findet, dass es schon irgendwie richtig ist und eine Frau meint, dass viele „hier“, ob in Wasungen oder in Deutschland lässt sie offen, nun mal so denken würden. Der Führer des ansässigen Karnevalsverein lässt sich auch nicht davon abbringen den verblödeten Aussagen die Krone aufzusetzen, in dem er erklärte, dass es eben keine Zensur im Wasunger Karneval geben würde, wie es in anderen Städten der Fall sei. Dort werden meistens die Wagen vorher von einem Komitee begutachtet und schon da geschaut, dass die Wagen nicht allzu offensichtlich rassistisch sind. Wieder ein paar Wagen weiter kommt eine Truppe Clowns mit schwarz-rot-gelben Fliegen um den Hals. Dazu ein Schild mit der Aufschrift „der Deutsche ist der Clown aber wir stemmen das schon“. Dabei tragen die Clowns gebastelte Hanteln und Koffer, die auf den Flughafenbau in Berlin anspielen oder auf Flüchtlinge, die als Gewicht und Last für den deutschen Clown empfunden werden.

Bei dem einen Fall blieb es nicht

Bei dem Wagen des „Balkanexpresses“ blieb es jedoch nicht. Schaut man sich weitere Bilder des Karnevalsumzugs von 2016 in Wasungen an, dann fallen andere rassistische und antisemitische Darstellungen auf. Auf einem Wagen, sowie um ihn herum, stehen Karnevalisten die dunkelhäutig geschminkt wurden und einen Afro tragen. Jeder von ihnen trägt einen Pflug und ein Schild des Spruches von der Kanzlerin Merkel zur sogenannten Flüchtlingskrise, „Wir schaffen das!“. Auf dem Wagen selbst thront das Schild mit der Aufschrift „Ons Politik gehüürt ömgeackert“ (Verständlich: „Unsere Politik gehört umgeackert“), sowie ein Geier. Dass die rassistische Darstellung, sowie die mitschwingende Drohung mittels des Geiers problematisch ist, darauf kam in Wasungen niemand. Ein paar Wagen weiter fährt ein Auto mit dem Kennzeichen 'Ekelig aber Geil' und auf dem Wagen, die das Auto zieht, steht „Raubtierbosse auf der Jagd nach dem Gazellenprekariat“. An dieser Stelle sollen die „ekeligen Raubtierbosse“ eine kleine Gruppe darstellen, die den kleinen Wasunger Bauer letztendlich töten und fressen will. Bei dieser Darstellung wird eine strukturell antisemitische Sichtweise zu Tage getragen. Laut Umzugsfolge ist der offizielle Titel des Wagens 'Raubtierkapitalismus, aber auch die strukturell antisemitische Darstellung störte ebenfalls niemanden vor Ort. Doch sind wir ehrlich, das hätte auch niemand von den Wasunger Karnevalisten erwartet. Wenige Wagen weiter die Aufschrift „Mie verstänn nerre Bahnhof“ (Vermutlich: „Wir verstehen nur Bahnhof“), dann eine Art Bahnhofsgebäude und eine Bahnschranke und die Aufschrift „Türkis Welcome“, dahinter laufen mit Turban und angemalten Bärten Karnevalisten, die sich wohl als „Türkis“ bzw. Araber verkleideten.

Aktuell stört sich niemand weiter in Wasungen an den anderen rassistischen und antisemitischen Umzugswagen beim Karneval, doch der „Balkanexpress“ hat zumindest bundesweit Schlagzeilen gemacht. Der Wasunger Karnevalsverein sitzt die Sache bisher aus und besäuft sich wohl nur im Dorf. Im Moment ermittelt die Staatsanwaltschaft nach einer Anzeige wegen Volksverhetzung. Für das kommende Jahr und den Karnevalsumzug 2017 in Wasungen sollte in Erwägung gezogen werden, ob man nicht gleich von einem Naziaufmarsch redet, anstatt von einem Karnevalsumzug, da sich beides vielleicht nicht viel nimmt.