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Gegen Volk und Vaterland! Aufruf gegen das Fest der Völker in Jena

Eintragsdatum: 2007-08-21Quelle: AGST

Am 8. September findet das 2. Fest der Völker in Jena statt. Die Antifaschistische Gruppe Südthüringen unterstützt den Aufruf der Antifaschistischen Sportgruppe Jena (ASJ) gegen das Nazifest. Außerdem rufen wir auf das Fest der Völker zu blockieren!

Aufruf: Gegen Volk und Vaterland!

Bereits zum dritten Mal wollen Nazis ein europaweites "Fest der Völker" unter dem Motto "Für ein Europa der Vaterländer" in Jena veranstalten. Anmelder ist der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD Thüringen Ralf Wohlleben. Geplant ist bisher der Auftritt von jeweils fünf Rednern und Neonazi-Bands. Letztere sind dem Blood & Honour-Spektrum zuzuordnen. Blood & Honour ist ein seit 1987 bestehendes internationales, neonazistisches Musik-Netzwerk, das sich zur Aufgabe gemacht hat, Neonazi-Bands miteinander zu vernetzen, Konzerte zu organisieren, Tonträger herzustellen und zu vertreiben. Der klare Bezug von Blood & Honour zum Nationalsozialismus manifestiert sich allein schon in der Namensgebung "Blut und Ehre". Die Nürnberger Gesetze hatten den Titel "Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre". In Deutschland ist die Organisation seit dem Jahr 2000 verboten. Wie leicht sich dieses Verbot auch in der Öffentlichkeit umgehen lässt, zeigt das Fest der Völker. Die europäischen Bands der Blood & Honour-Sektionen brauchen aus ihren Konzertprogrammen nur die entsprechenden Textstellen ihrer Titel ändern und den sonst obligatorischen Hitlergruß weglassen.

Das Angebot der Nazis ist in den letzten Jahren komplex geworden - extrem rechte Musik ist ein wichtiges Medium um jugendlichen Nachwuchs zu rekrutieren. Kleidungs- und Infostände sowie Bier und Bratwurst helfen die angespannte Demonstrations- oder Kundgebungsatmosphäre aufzulockern und erleichtern die Verbreitung antisemitischer, rassistischer und nazistischer Inhalte. Konspirativ geplante Nazikonzerte sind normalerweise nicht einfach zugänglich für den noch nicht organisierten Nachwuchs. Das Fest der Völker ist eine der in Thüringen jährlich stattfindenden Veranstaltungen, die auch diesem Teil der Szene offen stehen und ihm somit die Möglichkeit verschafft, Zugang zu etablierten Strukturen der Nazis zu erlangen. Außerdem versuchen sich NPD, Freie Kameradschaften und die sogenannten "Autonomen" NationalistInnen weiter einander anzunähern. Die Thüringer NPD will ihr Projekt einer "Volksfront von Rechts" vorantreiben und träumt schon jetzt von einem Einzug in den Landtag 2009.

Das Nazifest in Jena ist kein langweiliges Politseminar der NPD mit dem Thema 'Sudetendeutsche Volkstänze' , sondern bietet eine Plattform, über die sich die "intellektuelle" und organisierte gewaltbereite Elite der Nazis vernetzt. Das umfangreiche Angebot der nationalistischen Bands und Redner aus anderen Ländern, die ihre Inhalte publik machen und eine rechte Kultur vorleben, lässt den Nachwuchs darauf schließen, dass ein europaweiter Ethnopluralismus funktioniert. An jenes rassistische und sozialdarwinistische Konzept knüpfen die Nazis inhaltlich an. Statt eines grenzenlosen Europas bzw. einer Welt ohne Grenzen setzen sie auf ein Konstrukt abgeschotteter Volksgemeinschaften. Danach habe "jeder Mensch und jede Kultur ihren angestammten Platz in dieser Welt". Migration und Einflüsse anderer Kulturen sind hierbei nicht vorgesehen und werden als Bedrohung aufgefasst.

Das Fest der Völker dient nicht nur der Koordination der internationalen Blood & Honour-Szene, sondern auch der politischen Vernetzung der europäischen Nazis. Einige der Redner sind Mitglied in der "Europäischen Nationalen Front", ein seit 2004 bestehender Zusammenschluss mehrerer nationalistischer und extrem rechter Parteien und Organisationen, die auch eine gemeinsame Wahlplattform zum Europäischen Parlament anstrebt. Eine der treibenden Kräfte hierbei ist die NPD, die regelmäßig Delegationen zu Neonazitreffen in anderen europäischen Ländern entsendet. So beispielsweise geschehen am 10.02.2007 in Budapest, wo bei einer von Blood & Honour organisierten Demonstration zum "Tag der Ehre" gemeinsam aufmarschiert und der mit den Einheiten der SS kämpfenden ungarischen Truppen im Zweiten Weltkrieg gedacht wurde. Hier hielt der - auch zum Fest der Völker erwartete - NPD-Chef Udo Voigt vor den etwa 1.000 versammelten Neonazi-Skinheads eine Ansprache. Im Gegenzug kam eine Delegation um den Ungarn Zsolt "Elek" Illés - seinerseits Redner beim diesjährigen Fest der Völker - zum Neonazi-"Trauermarsch" am 13. Februar nach Dresden.

Ein weiterer Schwerpunkt der Nazis ist deren Kapitalismuskritik, die sich ebenfalls auf Volk und Nation bezieht. In ihrem Aufruf kritisieren sie den "volksfremden und raumlosen" Kapitalismus, bei dem die "Nutznießer die Großkonzerne und die kleine Kaste, die sie leitet" seien. Hiermit sind niemand anderes als jüdische Menschen gemeint, die angeblich die Wirtschaft und die Außenpolitik der USA und somit der gesamten Welt beherrschen sollen. Auch geht es den Nazis nicht wirklich darum, den Kapitalismus abzuschaffen, wenn sie an seine Stelle "raumorientierte nationale Volkswirtschaften" setzen, in denen der Arbeitsethos eine herausragende Rolle spielt. Denn die Abschaffung des Kapitalismus kann nur die Abschaffung der Logik von Lohnarbeit und Mehrwert und der auf ihn begründeten Konstrukte von Volk, Staat und Nation bedeuten. Es gibt keinen "besseren" Kapitalismus durch völkische, nationale und staatliche Ideologien. Vielmehr bedeuten diese eine Systemimmanenz, in der über Volksfeinde lamentiert wird, "wir alle Deutschland sind" und die Grenzen zwischen bürgerlichen und nazistischen Denkmustern letztendlich verschwimmen. So sind die Rassismen der "bürgerlichen Mitte" - etwa die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen, deren Unterbringung in menschenunwürdigen Heimen, ihre Internierung in Abschiebeknästen oder die Unterscheidung in "nützliche Ausländer" und "solche, die uns ausnutzen" - Anknüpfungspunkte für die Argumentation der Nazis.
Dass diese nicht vorwiegend aufgrund ihrer nationalistischen und rassistischen Inhalte in Jena unerwünscht sind, zeigt der Umgang der Stadt mit dem Fest der Völker in den vergangenen zwei Jahren. Die LokalpolitikerInnen und Zivilgesellschaft treibt eher die Sorge um den Wirtschaftsstandort und das Ansehen der Stadt an. So gab es seitens der Behörden niemals eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Veranstaltung der Nazis. Für die Verbotsverfügungen wurde sich auf Formalitäten des Versammlungsrechts bezogen, nicht aber auf die Verherrlichung des Nationalsozialismus durch die Redner und Blood & Honour-Bands. Im letzten Jahr wurden nicht nur das Fest der Völker, sondern auch alle antifaschistischen Gegenkundgebungen verboten und diese damit letztendlich auf eine Stufe gestellt.
Nachdem es vor zwei Jahren durch eine sogenannte Besetzung des eigentlichen Veranstaltungsortes scheinbar gelungen war, das Fest gestört oder sogar verhindert zu haben, feierte sich das Bündnis gegen Rechts auf der Johannisstraße mit Bier, Musik und Kaffee. Währenddessen konnten die Nazis ungehindert ihr Fest der Völker am Stadtrand veranstalten. Der Tag wurde von der Zivilgesellschaft als Sieg gegen die Nazis verbucht. Dabei wurde - getreu dem Motto "Aus den Augen, aus dem Sinn" - außer Acht gelassen, dass weder die Nazis noch ihre Ideologie mit der administrativen Verlegung des Festes der Völker aus Jena verschwinden werden. Es geht nicht um die Frage, wer die bunteren Feste feiert. Zum einen muss Neonazis direkt und unmissverständlich gezeigt werden, dass es keinen Platz für sie gibt, zum anderen gilt es, die gesellschaftlichen Ursachen, die deren Existenz ermöglichen, und ihre bereits vorhandenen Strukturen zu bekämpfen.

Beispielsweise sorgt seit 1997 der Naziladen Madley in der Wagnergasse für den rechten Lifestyle. Hier werden einschlägige Marken wie "Wallhall", "Thor Steinar" oder "Consdaple" feilgeboten. Geld für diese Accessoires kann Nazi sich als Türsteher im Striplokal "Titty Twister" in der Johannisstraße zusammen mit Kollegen wie dem NPD-Kameraden Martin Rühlemann, stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Weimar, verdienen. Seit über fünf Jahren existiert außerdem das sogenannte Braune Haus in der Jenaischen Straße im Stadtteil Altlobeda, in dem nicht nur bekannte Nazis wie Andre Kapke, Christian Kaiser oder der Möchtegern-Liedermacher Maximilian Lemke wohnen, sondern auch Kameradschaftsabende, Schulungen, Informations- und Rekrutierungsveranstaltungen stattfinden. Zudem wurde hier im Juli 2005 der Jenaer JN-Stützpunkt gegründet. Auch die extrem rechte Jenaer Burschenschaft Normannia führte in diesem Jahr im Braunen Haus ihre Veranstaltungen durch. Schon mehrfach gingen von den Bewohnern gewalttätige Übergriffe auf AntifaschistInnen aus.

Die bereits vorhandenen extrem rechten Strukturen und die fehlende Auseinandersetzung seitens Stadt und Zivilgesellschaft mit diesen, bilden unter anderem die Basis dafür, dass in Jena ein Fest der Völker geplant und durchgeführt werden kann. Es genügt nicht, sich allein gegen das Fest der Völker auszusprechen. Auch im Alltag dürfen Nazis nicht toleriert werden. Dies gilt ebenso für den täglichen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus in unserer Gesellschaft!

Nazis entgegentreten! Nicht nur, aber gerade auch am 07. und 08. September.

Kommt nach Jena und beteiligt Euch an Aktionen gegen den Naziaufmarsch!


Antifaschistische Sportgruppe Jena

weitere Infos auf der Homepage der ASJ: http://www.voelkerball.de.vu
sowie bei: http://jena.antifa.net/fdv

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