Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Suhl: 800 Teilnehmer bei drittem SÜGIDA-Aufmarsch

Eintragsdatum: 2015-01-27Quelle: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Die Veranstalter um Yvonne Wieland, Patrick Schröder und Tommy Frenck versprachen bereits im Vorfeld einen Aufmarsch, den man so schnell nicht vergessen werde. Trotzdem kamen an diesem verschneiten Montag ca. 200 Anhänger weniger als in der Woche zuvor. Die Gegenproteste mit ca. 600 Nazigegnern endeten mal wieder im Polizeikessel.

Proteste

Auf der Gegenkundgebung ab 18 Uhr vor dem alten Rathaus versammelten sich dieses Mal ca. 600 Nazigegner und hörten Redebeiträge u.a. von Rüdiger Bender und der Thüringer VVN-BdA-Vorsitzenden Elke Pudszuhn (Redebeitrag). Die Veranstaltung dauerte bloß eine knappe Stunde, dann setzte sich ein bereits im Vorfeld angemeldeter Demonstrationszug in Bewegung durch den Steinweg in Richtung Platz der deutschen Einheit, wo sich die Nazis gerade sammelten. Die Demo endete wie in der Vorwoche, bloß (von seiten der Polizei) diesmal besser organisiert in einem Polizeikessel, hinter Absperrgittern zwischen dem Parkhaus vom Lauterbogencenter und dem Herrenteich.

Naziaufmarsch

Lange hörte man von den Nazis nichts. Probleme mit der Technik waren der Grund, warum sich die Organisatoren entschieden, den als "Spaziergang" betitelten Aufmarsch vorzuziehen. Sie marschierten – wie in der Vorwoche – vom Platz der deutschen Einheit über die Theodor-Neubauer-Straße und zurück über die Friedrich-König-Straße vorbei an der Gegenkundgebung, in der die Spontandemo der Nazigegner endete. Auf der Demonstration soll es wieder vereinzelt zu Hitlergrüßen gekommen sein. Als die Technik schließlich in Gang gebracht werden konnte, begann die Abschlusskundgebung. Die Nazis hatten eine Leinwand aufgebaut, auf der sie durch Videoprojektion u.a. eine revisionistische Ansprache des ehemaligen deutschen Finanzministers Theo Waigel abspielten.

Heiko Bernardy über unnütze Menschen

Hauptredner des Tages war Heiko Bernardy, der aus Hildburghausen stammende Kreisvorsitzende der AfD Südthüringen. Während sich in Dresden auch Mitglieder der AfD aus Thüringen an den PEGIDA-Märschen beteiligten, veröffentlichte der Landesvorstand im Vorfeld des zweiten SÜGIDA-Aufmarsches ein Positionspapier, indem dieser sich vom Suhler PEGIDA-Ableger distanzierte. Von „Trittbrettfahrer radikaler politischer Gruppierungen“ und „organisatorischen Wildwuchses bei den Ableger- und Nachahmerdemonstrationen von Pegida“ sei darin die Rede gewesen. Weil unabhängig von der Befürchtung, dass ihnen die Thüringer Neonazis und deren Parteien das Klientel abspenstig machen könnten, inhaltliche Schnittmengen nicht zu leugnen sind, erfolgte diese Distanzierung nicht ohne im selben Positionspapier klarzustellen, dass nichts gegen eine private Teilnahme von Parteimitgliedern spreche. So betonte Bernardy zu Beginn seiner 16-minütigen Rede, dass er als Privatperson anwesend sei und sprechen werde. In bedrohlicher Atmosphäre bekundeten die Demonstrationsteilnehmer immer wieder ihre Zustimmung, mal durch "Volksverräter"-Rufe bei der Erwähnung der Gegenproteste, mal durch "Lügenpresse"-Rufe beim Stichwort der "Mediendemagogen". Außerdem referierte er über antideutschen Rassismus vermeintlicher Linksextremisten, mit denen Politiker den Schulterschluss üben, wie es die Gegenproteste zeigen; nicht ohne auf das „nutzlose Dasein“ der Linken zu verweisen. Schließlich weiß er als Rassist bestens zu unterscheiden zwischen nützlichen und unnützen Menschen. Und dass er ein solcher ist, daran ließ er in seinen Auslassungen zur gefürchteten Überfremdung keinen Zweifel. Seine Worte waren wohl auch dem Kreisvorstand der Südthüringer AfD zu deutlich. Dieser distanziert sich nun im Nachhinein von seiner Rede und will über weiter Maßnahmen entscheiden, heißt es.

Fazit

Wieder mal endete eine Aktion des Protestes gegen den Naziaufmarsch im Polizeikessel. Die Staatsmacht war mal wieder mit allem aufgefahren, was man in Thüringen zu bieten hat. Wieder mal marschierten hunderte Nazis und einige "besorgte Bürger", wie es so schön heißt, ungestört durch Suhl und wieder mal standen die Kräfteverhältnisse ziemlich eindeutig. Für kommenden Montag ist der nächste Aufmarsch angekündigt.

Bilder

Redebeitrag der VVN-BdA Landesvorsitzenden Elke Pudszuhn

Als Landesvorsitzende des Thüringer Verbandes der Verfolgten des Naziregime/Bund der Antifaschisten, wie es der Name schon ausdrückt, vertrete ich die Menschen, die nicht mehr zu Ihnen sprechen können und deren Hinterbliebene und Angehörige.

Am 27. Januar 1945 erreichte die Rote Armee Auschwitz. Die Soldaten fanden über 7.000 entkräftete und kranke Häftlinge vor, die nicht mit auf die Todesmärsche geschickt werden konnten, weil sie schon fast tot waren. Die anwesenden Häftlinge wurden befreit, aber die SS-Schergen und Nazis wüten weiter. Bis zur Befreiung der Buchenwaldhäftlinge dauert das noch bis zum 11. April und bis zur endgültigen Befreiung vom Faschismus und Krieg noch mal 4 Wochen – bis zum 8. Mai. Von den Millionen Menschen, die diesem faschistischen Regime zum Opfer fielen, möchte ich auf die Menschen aus unserem Umfeld aufmerksam machen. Aus Suhl wurden 24 Antifaschistinnen und Antifaschisten ermordet, hingerichtet, zu Tode gequält 2 starben an den Folgen der Haft 221 Antifaschisten waren in Zuchthäusern, Gefängnissen und KZs größten Grausamkeiten ausgesetzt: sie waren insgesamt 312 Jahre und 9 Monate eingesperrt. Ich möchte nur ein Familienschicksal, das der Familie des Antifaschisten Adolf Anschütz, herausgreifen, auch daran wird der Vernichtungsfeldzug deutlich.

Adolf Anschütz, der Arbeiter und Gewerkschaftler ist unter den 50 Frauen und Männern, die am 3. September 1943 verhaftet wurden. Er wurde am 5. Januar 1945 in Weimar hingerichtet mit 7 weiteren Antifaschisten der Friedberg-Widerstandsgruppe, darunter eine Frau – Minna Recknagel. Seine Frau Anna, geborene Günther, seine Tochter Hilde, seine Schwägerin Emma Koburger sind unter den 150 Verhafteten der 2. großen Verhaftungswelle der Nazis am 8. Juni 1944 in Suhl, sie kommen alle in die Landesstrafanstalt Ichtershausen. Sie überlebten den Todesmarsch. Der Mann von Annas Schwester Luise Keiner, Otto Keiner, bis 1933 kommunistischer Bürgermeister in Benshausen, wurde am 22. September 1944 im KZ Buchenwald ermordet. Sein Sohn und zwei Schwiegersöhne waren „gefallen“ für „Volk und Vaterland“, wie man den Angehörigen mitteilte. Der jüngste Bruder von Anna, Alwin Günther, ging in die Sowjetunion, kämpfte in den Internationalen Brigaden für Spaniens Freiheit, kam nach Frankreich ins Internierungslager, entkam in die Schweiz, dort wieder ins Gefängnis, bis auch er nach der Befreiung vom Faschismus nach Suhl zurückkehren konnte.

Von den einstmals 150 jüdischen Bürgern, die bis 1933 in Suhl lebten, haben
2 in Suhl überlebt
37 anderenorts
35 wurden deportiert
47 konnten emigrieren und von
19 ist der Verbleib unbekannt
von den 21 Familienmitgliedern der Nussbaums, wurden 7 ermordet, 2 konnten emigrieren, von 11 ist das Schicksal unbekannt, nur einer konnte in Terezin befreit werden.

Von den 11 Mannheimers hat keiner überlebt, die ganze Familie ausgelöscht.

Im Februar 1945 wurden 8.639 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene in Suhl gezählt, die in 37 Lagern und anderen Unterkünften untergebracht waren und in 74 Betrieben, davon in 14 Waffenfabriken ausgebeutet wurden. Laut Friedhofs-Statistik wurden 115 Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und deren Kinder hier begraben. Morgen ab 17.00 Uhr wird es im Rathaus eine Gedenkveranstaltung geben und wir werden anschließend aus den Erinnerungen der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano lesen und der Frage nachgehen, warum die heute 90-jährige noch Musik macht und aus eigenen bitteren Erfahrungen gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit eintritt.

Befragt nach ihrem Credo heute, sagt sie: „Wenn es keinen Rassismus und keine Ausländerfeindlichkeit gäbe, wäre es wunderbar, hier zu leben. Deutschland sieht für mich wie ein ausländerfeindliches Land aus, wenn ich die Abschiebungen sehe, die vollzogen werden. Leute, die hier jahrelang gelebt haben, werden plötzlich in ein Land abgeschoben, das sie gar nicht kennen. Da gibt es türkische Bürger, die hier in Deutschland aufgewachsen sind, die werden abgeschoben in ein Land, wo sie Fremde sind. Auch afrikanischen Menschen geht das so. Das ist wirklich eine Katastrophe, diese Ausländerfeindlichkeit. Da hat sich nicht viel geändert. Damals waren es die Juden, auf die man es angelegt hatte, die Juden waren das Unglück, für alles waren sie verantwortlich. Heute sind es auf einmal die Moslems, obwohl die Leute, die das meinen, sie gar nicht kennen. So, wie man damals nichts über die Juden wusste, dennoch sind sie das Feindbild geworden. Heute haben wir wieder ein Feindbild, die Moslem. Als politisch interessierter Mensch muss ich sehen, was geschieht, und dagegen kämpfen.“

Schließen wir uns diesem Kampf an.

Danke, dass sie mir zugehört haben.

Quelle: http://thueringen.vvn-bda.de/2015/01/29/redebeitrag-auf-der-montagsdemo-gegen-suegida-in-suhl-am-26-1-2015/
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