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Erfurt: Redebeitrag auf Solidaritätsdemonstration für Kobanê und Shengal

Eintragsdatum: 2014-11-03Quelle: Antifa Arnstadt-Ilmenau

Zwischen 300 und 400 Menschen demonstrierten am Samstag, dem 1. November 2014 durch Erfurt und solidarisierten sich mit den durch IS-Banden bedrohten und kämpfenden Kurdinnen und Kurden in Syrien und im Irak. Unser Redebeitrag thematisiert die Notwendigkeit linker Solidarität mit den kämpfenden Kurdinnen und Kurden, die verkommenden Prinzipien linker Pazifisten und die Vereinnahmungsversuche faschistischer Hooligans. Außerdem dokumentieren wir das verteilte Flugblatt und einige Bilder der Demonstration.

Redebeitrag der Antifa Arnstadt-Ilmenau zur Solidarität mit dem kurdischen Widerstand

Seit mehr als sechs Wochen halten die kurdischen Verteidigungskräfte der YPG und ihrer Verbündeten dem Großangriff der militärisch überlegenen Terrormiliz Islamischer Staat stand, die nicht nur ausgerüstet mit westlichem Kriegsgerät, sondern unterstützt durch die Türkei einen Feldzug bestreitet, der nur als Vernichtungskrieg noch begrifflich zu fassen ist. Die Islamisten, die bereits weite Teile des Irak und Syriens unter ihre Kontrolle gebracht haben, greifen nun in Rojava ein gesellschaftliches Projekt an, das sie zu recht als ihrem entgegengesetzt verstehen müssen. In Kobanê, dem mittleren von drei Kantonen Rojavas, stehen die Kurden und ihre Verbündeten für ein Modell demokratischer Selbstverwaltung ohne staatliche Zentralmacht ein, für eine Gesellschaft in der Frauen und Männer, Kurden und Araber, Muslime und Christen sowie andere Religions- und Bevölkerungsgruppen gleichberechtigt zusammenleben. Neben der israelischen Demokratie gibt es in der Region wohl kein fortschrittlicheres Gesellschaftsmodell. Diese Gesellschaft wird attackiert von einer Armee, die religiöse Fanatiker auf der ganzen Welt geradezu aufsaugt und die gewissermaßen das Gegenmodell propagiert und praktiziert: einen religiös-fundamentalistischen, feudalen Führerstaat, der mit äußerster Gewalt gegen Minderheiten, westliche Einflüsse, emanzipierte Frauen und alle vorgeht, die sich ihm in den Weg stellen. Die Terrorherrschaft des Islamischen Staates bedeutet für die Menschen, die sich in den von den IS-Milizen kontrollierten Gebieten befinden, ein Leben in Angst. Die djihadistischen Milizen richten allerorts Massaker an gefangengenommenen Gegnern und der Zivilbevölkerung an. Deswegen und nicht bloß wegen der Kampfhandlungen sind zehntausende Einwohner Kobanês in die benachbarte Türkei geflohen, wo sie sich lieber von Erdogans Militär drangsalieren lassen, als von IS-Kämpfern qualvoll gefoltert und ermordet zu werden. Die Frauenrechtlerin Asia Abdullah Osman, Gründungsmitglied der PYD, brachte es in einem Interview mit der Deutschen Welle ganz trocken auf den Punkt. Sie sagte: „Die IS-Kämpfer unterscheiden nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten, sie töten alle. Frauen sind besonders gefährdet. Die kurdischen Kämpferinnen erschießen sich lieber, als in die Hände des IS zu geraten.“

Um es kurz zu machen: In Kobanê tobt der Kampf zwischen islamistischer Barbarei und einer Gesellschaft, die für das prekäre Glücksversprechen der bürgerlichen Zivilisation einsteht und damit immer auch Bezugspunkt einer radikalen, weil kommunistischen Linken sein wird. Die YPG verteidigt die Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft und mit ihr tausende Menschen, die den IS-Milizen zum Opfer fallen werden, wenn man sie nicht stoppt. Deswegen geht der Kampf um Rojava uns alle an. Deswegen erklären wir uns solidarisch mit den kämpfenden Kurdinnen und Kurden und deren Verbündeten. Deswegen müssen wir, auch angesichts der ohnmächtigen Situation einer radikalen gesellschaftlichen Linken, alles in unserer Kraft stehende tun, um den kurdischen Widerstand zu unterstützen.

Dazu gehört es auch umso heftiger an lieb gewonnenen Gewohnheiten und ideologischen Versatzstücken eines linken Pazifismus zu rütteln, der sich über Jahrzehnte auf der moralisch sicheren Seite wähnte, wenn er militärische Optionen ablehnte und kritisierte. Auch im Angesicht des Vormarsches islamistischer Mörderbanden lehnen linke Organisationen in Deutschland – im Widerspruch zu den Forderungen der kämpfenden Kurden – Waffenlieferungen an die YPG ab. Ginge es nach großen Teilen der deutschen Linken wäre Kobanê vielleicht bereits gefallen. Dabei ist das Allheilmittel linker Pazifisten, die diplomatische Lösung, ohnehin keine Option. Auf die Idee, eine Verhandlungsdelegation zum IS zu schicken, käme so schnell wohl keiner. Ohnehin hat, wer im Umgang mit islamistischen Terrorgruppen wie dem IS oder auch der Hamas auf Verhandlungen setzten möchte, deren Beweggründe nicht verstanden. So wie es der Hamas nicht um eine Zweistaatenlösung geht, sondern um die Auslöschung des israelischen, geht es dem Islamischen Staat nicht um internationale Anerkennung ihrer Bewegung oder ähnliches, sondern um die Auslöschung der Ungläubigen und das sind nicht nur Juden, Christen, Atheisten, Jesiden oder andere religiöse Minderheiten sondern auch jene Muslime, die die vom IS gewollte Auslegung des Koran nicht teilen.

Welche Blüten aber die Realitätsverweigerung linker Pazifisten, der verkommenen Prinzipien wegen, treibt, zeigte die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Christine Buchholz. In einer Solidaritätserklärung mit dem Widerstand in Kobanê forderte sie den Stopp des US-geführten Bombardements gegen die IS-Banden. Mag sein, dass die USA am Erstarken des Islamismus in der Region durch ihr früheres militärisches Engagement nicht unschuldig sind, heute aber das Ende der amerikanischen Hilfe für Kobanê zu fordern, bedeutet die Niederlage der Kurden in Kauf zu nehmen. Ohne das Bombardement wäre Kobanê längst gefallen und auch die kurdischen Verteidigungskräfte fordern die intensive und gezielte Bombardierung von Stellungen des IS.

Falsche Freunde findet man aber nicht nur in der sogenannten antiimperialistischen Linken, der man Buchholz zurechnen muss, sondern inzwischen auch bei Neonazis. Am vergangenen Wochenende demonstrierten mehrere tausend faschistische Hooligans in Köln vermeintlich gegen Salafisten. In Wirklichkeit nutzten sie die öffentliche Aufmerksamkeit zur Zusammenführung einer Allianz von gewaltbereiten Deutschlandfanatikern und Rassisten, die sich sonst wegen Nichtigkeiten gegenseitig die Köpfe einschlagen. Sie nehmen den IS als negativen Identifikationspunkt zum Anlass und praktizierten in Köln jenen unverkrampften, enthemmten Patriotismus, den hier ein Idiot nach dem anderen fordert, wenn Fußballgroßereignisse ins Haus stehen und die Deutschen im Land der Wieder-gut-gewordenen, aber Zu-kurz-gekommenen ihre Fahnen und Wimpel auspacken. Was dabei raus kam, war mal wieder üble rassistische Hetze, die nicht zufällig organisierte Parteinazis aus der ganzen Republik anzog. Zu recht haben linke und kurdische Aktivistinnen und Aktivisten gegen solche Zusammenrottungen von Faschisten protestiert, die auch dann unsere politischen Gegner sind, wenn sie meinen, gegen islamistische Fundamentalisten zu demonstrieren.

Als Antifaschistische Aktion stellen wir uns hinter die Forderungen des kurdischen Widerstandes in Kobanê. Es gilt alles dafür zu tun, die Terrorherrschaft des Islamischen Staates zu zerschlagen und diese Mörderbanden nicht bloß aus Rojava zu vertreiben.

Vielen Dank!

Flugblatt



Bilder



















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