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Thüringer Verfassungsschutz initiierte Jagd auf Antifas

Eintragsdatum: 2012-12-07Quelle: RH Südthüringen

Im Oktober 2007 veröffentlichte die Erfurter NPD eine Liste mit politischen Gegner_innen, die bei einem Angriff auf ein Nazilokal beteiligt gewesen sein sollen, mit der latenten Aufforderung, sich diese „asozialen Elemente der linken Szene“ vorzuknöpfen (JAPS berichtete). Die entsprechenden Daten lieferte, wie nun bekannt wurde, der Verfassungsschutz dem damaligen Erfurter NPD-Chef Kai-Uwe Trinkaus, der sich nun öffentlich als Spitzel enttarnt und gegenüber dem MDR ausgepackt hat.

Artikel der Roten Hilfe Südthüringen vom 06. Dezember 2012

Thüringer Verfassungsschutz initiierte Jagd auf Antifaschist_innen

Im Oktober 2007 veröffentlichte die Erfurter NPD eine Liste mit politischen Gegner_innen, die bei einem Angriff auf ein Nazilokal beteiligt gewesen sein sollen, mit der latenten Aufforderung, sich diese „asozialen Elemente der linken Szene“ vorzuknöpfen (JAPS berichtete). Die entsprechenden Daten lieferte, wie nun bekannt wurde, der Verfassungsschutz dem damaligen Erfurter NPD-Chef Kai-Uwe Trinkaus, der sich nun öffentlich als Spitzel enttarnt und gegenüber dem MDR ausgepackt hat.

Trinkaus war zwischen 2005 und 2008 führender Kader der Thüringer NPD. Er gilt als führender Kopf des Machtkampfes von 2007/08, der die etablierte NPD-Führung stürzen sollte (AGST berichtete: 1; 2). Trinkaus scheiterte damals, wurde aus der NPD ausgeschlossen und trieb in anderen Naziparteien und -vereinen sein Unwesen (AG17/AGST berichteten: 1; 2; 3). Im Rahmen der Enthüllungen des MDR, demgegenüber Trinkaus sich jetzt geoutet hat, um der Offenlegung von Geheimdienstakten im Rahmen der NSU-“Aufklärung“ zuvorzukommen, wurde deutlich, dass Trinkaus seine Kameraden von Mai 2006 bis zum Jahr 2010 bespitzelte. Durch das üppige Sold des Verfassungsschutzes (ca. 1000€ im Monat) finanzierte er die Nazizeitschrift „Bürgerstimme“, den NPD-Kreisverband, die Unterwanderung und Selbstgründung diverser Vereine und das NPD-Bürgerbüro.

Doch nicht nur das. Der Verfassungsschutz nutzte Trinkaus auch um Antifaschist_innen zu bekämpfen. So schleuste Trinkaus mit Wissen und unter Mithilfe des Verfassungsschutzes einen Spitzel in die Linke-Landtagsfraktion, deren Mentoren-Programm und die Jusos ein. Der interessanteste und vielsagendste Teil der neuerlichen Posse betrifft elf Antifaschist_innen, die am 23. Juni 2007 von der Polizei festgenommen wurden. Ihnen wurde vorgeworfen am Angriff auf ein Nazilokal beteiligt gewesen zu sein (RH Jena berichtete). Einige Monate später tauchten auf der NPD-Erfurt-Homepage die Namen der elf Antifaschist_innen auf. Die Kameraden, die des Lesens mächtig waren, wussten, was sie mit diesen „asozialen Elementen der linken Szene“ tun sollten. Damals konnte nicht ermittelt werden, woher Trinkaus die Daten hatte. Nun wurde der Zusammenhang bekannt. Trinkaus erkundigte sich bei seinen Verfassungsschutz-Führern nach den Namen der Antifaschist_innen und bekam sie, mit der Blanko-Verfügung bzw. eigentlich vielmehr der suggestiven Bemerkung: „Was Sie daraus machen, ist Ihre Sache.“ Solche offensichtlichen Rechtsbrüche nähren die offene Vermutung, dass mit der NPD die falsche kriminelle Bande verboten werden soll. Nicht dass wir neuerdings ein Loblied auf den Rechtsstaat anstimmen wöllten, aber es gilt eben doch immer wieder festzuhalten, dass sich eine, nicht nur im Rechtsstaatssinn, kriminelle Vereinigung (der Verfassungsschutz), legitimiert durch das bürgerliche Recht, daran macht, Antifaschist_innen zu verfolgen und Nazistrukturen zu finanzieren. Den betroffenen Antifaschist_innen gilt unsere Solidarität!

Quelle: http://rotehilfesth.blogsport.de/2012/12/06/thueringer-verfassungsschutz-initiierte-jagd-auf-antifaschist_innen/


Artikel von mdr.de vom 05. Dezember 2012

Ehemaliger Erfurter NPD-Chef war V-Mann

Er war jahrelang einer der Spitzenfunktionäre der Thüringer NPD und spionierte den politischen Gegner aus: Kai-Uwe Trinkaus. Nun outete sich der Ex-Kader gegenüber MDR THÜRINGEN als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Das Landesamt bestätigte die Information: Trinkaus habe sich selbst angeboten und sei von Mai 2006 bis September 2007 V-Mann im Bereich Rechtsextremismus gewesen.

Einer der aktivsten Spitzenfunktionäre der NPD in Thüringen ist V-Mann des Verfassungsschutzes gewesen. Der frühere Erfurter NPD-Kreischef Kai-Uwe Trinkaus sagte dem MDR THÜRINGEN, dass er unter dem Decknamen "Ares" fast fünf Jahre lang Informationen aus der rechten Szene und der NPD geliefert habe. Er sei 2010 dann vom Thüringer Landesamt abgeschaltet worden.

Trinkaus war neben dem früheren NPD-Landeschef Frank Schwerdt und seinem damaligen Landesgeschäftsführer Patrick Wieschke der dritte starke Mann im Landesverband der rechtsextremen Partei. Er eröffnete das erste NPD-Bürgerbüro in Erfurt und gab die rechtsextreme Zeitung "Bürgerstimme" heraus. Trinkaus gründete oder unterwanderte zahlreiche Vereine, darunter den "Bund der Vertriebenen" in Thüringen. Dem MDR sagte er, dass der Verfassungsschutz von diesen Aktivitäten immer frühzeitig informiert gewesen sei.

Spitzel bei der Linken eingeschleust

Den spektakulärsten Coup landete Trinkaus im Sommer 2007. Er schleuste einen Spitzel in die Linksfraktion des Thüringer Landtages. Tatsächlich wurde der Rechtsextremist Andy F. Praktikant in einem sogenannten Mentoren-Programm der Fraktion. F. arbeitete dabei unter anderem für den Linken-Abgeordneten Frank Kuschel und nahm auch an den internen Fraktionssitzungen teil. Außerdem war F. bei den Thüringer Jusos Gastmitglied - seine wahre Gesinnung verschwieg er dabei. Trinkaus hatte gemeinsam mit Andy F. diese Aktionen vorbereitet, mit Wissen seines V-Mann-Führers. Über beide Operationen sei der Verfassungsschutz vorab informiert gewesen, sagte Trinkaus dem MDR. Mehr noch, sein V-Mann-Führer habe ihn bestärkt, einen Spitzel über dieses Mentoren-Programm bei den Linken einzuschleusen. "Es gab da im Vorfeld der ganzen Aktion ein Brainstorming darüber, was man so machen könnte", sagte Trinkaus.

Durch einen MDR-Bericht flog Andy F. Ende August 2007 als NPD-Maulwurf bei den Linken und den Jusos auf. Doch V-Mann "Ares" alias Kai-Uwe Trinkaus wurde vom Thüringer Landesamt nicht abgeschaltet. Im Gegenteil, die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz war offenbar keine Einbahnstraße. Trinkaus gibt an, dass er vertrauliche Behördenunterlagen von seinem V-Mann-Führer bekommen habe.

Behörden-Unterlagen vom V-Mann erhalten

Dabei ging es um folgenden Fall: Am 23. Juni 2007 überfielen Linksautonome einen bekannten Szenetreff von Neonazis in Erfurt. Die Polizei konnte damals ein Dutzend Autonome vorläufig festnehmen. Mitte Oktober 2007 tauchten dann die Namen und Anschriften von elf Festgenommenen auf der Homepage der Erfurter NPD auf. Die Staatsanwaltschaft Erfurt hatte damals ein Verfahren gegen Unbekannt eingeleitet, um herauszufinden, wer der NPD die Ermittlungsunterlagen zugespielt hat. Der Fall konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Jetzt sagte Trinkaus dem MDR, dass er die Liste von seinem V-Mann-Führer bekommen habe. "Ich habe gesagt, die Namen hätte ich schon gerne, und zwei Tage später hatte ich sie." Sein V-Mann-Führer habe ihm die Liste mit den Worten gegeben: "Was Sie daraus machen, ist Ihre Sache."

Trinkaus gibt an, auch klare Beschaffungsaufträge erhalten zu haben. Beim NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2007 wurde ein Reporter der "Thüringischen Landeszeitung" von Neonazis überfallen. Dabei wurde ihm seine Kamera gestohlen - mit Fotos von Rechtsextremisten und vom linksautonomen Block der Gegendemonstranten. Diese Bilder kursierten dann wenig später in der Neonazi-Szene. Der Verfassungsschutz wollte davon eine CD haben. "Die waren ganz scharf auf die Bilder", sagte Trinkaus.

Systematisch Vereine unterwandert

In dieser Zeit, von 2006 bis 2008, etablierte sich Trinkaus innerhalb der Thüringer NPD. Er war einer der ersten NPD-Funktionäre, der die Vereinsstrategie nutzte. Mit dieser versuchten die Rechtsextremisten, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen und Wählerpotential zu gewinnen. So gründete er 2006 unter anderem "Schöner Leben in Erfurt e.V." oder den Sportclub "SV Vorwärts Erfurt e.V.". Medien machten damals öffentlich, dass in den Vereinen auch drei verurteilte Neonazi-Schläger ihre Strafen von insgesamt 540 gemeinnützigen Stunden ableisteten. Trinkaus gelang es auch, die Erfurter Kreisgruppe des "Bundes der Vertriebenen" zu übernehmen. Von allen Aktionen sei der Verfassungsschutz immer informiert gewesen und habe über die V-Mann-Gelder diese teilweise mitfinanziert, sagte Trinkaus.

Für seinen Spitzeljob wurde er gut bezahlt. Nach seiner Aussage hat er über mehrere Jahre monatlich rund 1.000 Euro erhalten. Das Geld habe er in die Vereine und einen Teil in die Arbeit des Erfurter NPD-Kreisverbandes gesteckt. Davon sei die rechtsextreme Zeitung "Bürgerstimme" und die Miete für das NPD-Bürgerbüro in der Erfurter Liebknechtstraße mitfinanziert worden. Angefangen habe das Ganze mit 200 Euro. Diese wollte ein angeblicher NPD-Sympathisant an die Partei spenden und habe ihn deshalb angerufen, sagte Trinkaus. Bei einem Treffen auf einem Parkplatz eines großen Erfurter Möbelhauses habe sich dieser Mann als Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes zu erkennen gegeben. Er habe ihn bei der Übergabe der 200-Euro-Spende gefragt, ob Trinkaus sich vorstellen könne als V-Mann für das Landesamt zu arbeiten. Trinkaus unterschrieb schließlich nach eigenen Angaben einen Vertrag mit dem Landesamt und wurde dann an seinen V-Mann-Führer abgegeben. Dieser trug den Decknamen "Lutz".

Trinkaus beschreibt die übliche Form der Anwerbung von V-Leuten, die auch Verfassungsschützer im aktuellen NSU-Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag öffentlich bestätigten. Das sogenannte Referat "Forschung und Werbung" sichtet die potenziellen Kandidaten und wirbt sie an. Ist das erfolgreich, werden die neuen Spitzel dann vom Referat "V-Mann-Führung" übernommen.

Im Jahr 2010 "abgeschaltet"

Die Führung von "Ares" war offenbar sehr eng. So habe es zwei bis drei Mal im Monat Treffen mit seinem V-Mann-Führer gegeben, berichtete Trinkaus. Außerdem habe er neben dem Geld auch ein Mobiltelefon vom Verfassungsschutz erhalten. Im Jahr 2010 habe ihn das Thüringer Landesamt dann abgeschaltet. Es habe ein Treffen in einem Landgasthof in Erfurt-Linderbach gegeben, bestätigte Trinkaus. Dort habe er sein Handy abgeben müssen und ihm sei eine Abfindungsprämie im vierstelligen Bereich übergeben worden. Man habe ihm gesagt, dass es "innerstrukturelle" Gründe im Verfassungsschutz gebe und man ihn deshalb abschalte, sagte Trinkaus.

Am Ende seiner V-Mann-Laufbahn 2010 war Trinkaus nicht mehr in der NPD. 2008 hatte er einen Putsch gegen den damaligen NPD-Landeschef Frank Schwerdt und dessen Landesgeschäftsführer Patrick Wieschke angezettelt. Trinkaus wollte gemeinsam mit dem bekannten Rechtsextremisten Thorsten Heise den Landesverband übernehmen. Zuvor hatte Trinkaus auch noch die beiden rechtspopulistischen Vereine "Pro Erfurt" und "Pro Thüringen" gegründet, was Schwerdt und Wieschke als Kampfansage sahen. Trinkaus' Plan sah unter anderem vor, die NPD stärker zu radikalisieren. Dabei sollten auch Freie Kameradschaften und die Autonomen Nationalisten (AN) stärker an die NPD gebunden werden. Der Putsch misslang und Trinkaus flog aus der NPD. Später trat er der DVU bei und wurde Thüringer Landesvorsitzender.

"Verfassungsschutz spielt Rechts und Links gegeneinander aus"

Trinkaus hatte sich an MDR THÜRINGEN gewandt und von seiner V-Mann-Tätigkeit erzählt. Zu den Gründen sagte Trinkaus, er wolle damit die Methoden des Geheimdienstes offen legen. "Mir war immer klar, dass der Verfassungsschutz die Szenen Links und Rechts steuert und gegeneinander ausspielt." Damit habe sich der Nachrichtendienst immer seine eigenen Arbeitsfelder erhalten. Er selber sehe sich "als ein Kämpfer für die Demokratie". Außerdem gehe er davon aus, dass er und andere V-Leute durch das Offenlegen Tausender Akten in den aktuellen NSU-Untersuchungsausschüssen auffliegen werden, dem wolle er zuvorkommen. Trinkaus wirft dem Staat vor, damit seine V-Leute hängen zu lassen.

Mit der Anwerbung von Trinkaus als V-Mann hätte das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz gegen eine eigene Hausrichtlinie vom 4. Dezember 2001 über den Einsatz von Vertrauensleuten verstoßen. In dem vertraulichen Papier, das MDR THÜRINGEN vorliegt, wird das Anwerben von V-Leuten in Führungsfunktionen einer extremistischen Partei oder Organisation verboten. Präsident Thomas Sippel, der im Sommer dieses Jahres sein Amt aufgeben musste, hatte diese Verfügung als Reaktion auf die V-Mann-Skandale um die beiden früheren Thüringer Rechtsextremisten Thomas Dienel und Tino Brandt erlassen.

Verfassungsschutz bestätigt Zusammenarbeit

Das Landesamt für Verfassungsschutz bestätigte dem MDR THÜRINGEN auf Anfrage, dass Trinkaus für die Behörde tätig gewesen ist. Trinkaus habe sich im Mai 2006 selbst angeboten und sei bis zum September 2007 als V-Mann im Bereich Rechtsextremismus geführt worden. Das an ihn gezahlte Honorar habe sich auf mehrere Tausend Euro belaufen. Von ihm gelieferte Informationen seien "entsprechend der gesetzlichen Aufgabenstellung" des Verfassungsschutzes ausgewertet worden und in die öffentliche Berichterstattung über rechtsextremistische Bestrebungen in Thüringen eingeflossen.

Weiter erklärte das Landesamt, man habe die Zusammenarbeit mit Trinkaus im September 2007 beendet, da sich zuletzt Zweifel an dessen Zuverlässigkeit ergeben hätten. Man habe auch eine "Warnmeldung" im Verfassungsschutzverbund weitergegeben, in der den anderen Diensten vor einer Zusammenarbeit mit Trinkaus abgeraten worden sei. Trinkaus habe aber auch nach der Beendigung der Zusammenarbeit weiter den Kontakt zum Verfassungsschutz gesucht. Dessen "offenbares Ansinnen, ihn erneut als VM zu führen", habe man abgelehnt. Von ihm angebotene Informationen seien nicht honoriert worden.

Das Amt widersprach der Darstellung von Trinkaus, dass Aktionen der NPD vom Verfassungsschutz initiiert oder unterstützt worden seien. Für diese Behauptung gebe es keine Grundlage. Dienstliche Erklärungen der befassten Mitarbeiter des Amtes würden eingeholt.

Quelle: http://www.mdr.de/thueringen/npd_thueringen100.html


Kai-Uwe Trinkaus, nach dem knapp gescheiterten Angriff auf eine Antifa-Kundgebung am 6. Juli 2007 in Arnstadt, ob ihn auch hier sein V-Mann-Führer zum Angriff geraten hat, ist unbekannt.
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