Antifaschistische Gruppen Südthüringen

Antifaschistische Gruppen Südthüringen

News
Ueber uns
Archiv
Dates
Chronik
Texte
Kontakt
Links
Mitmachen
Naziangriffe melden





Facebook

RSS


Because we are friends

Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!


Hildburghausen: Die Farce vom Widerstand

Eintragsdatum: 2012-11-19Quelle: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Am Samstag, dem 10.11.2012, marschierten Neonazis durch die Südthüringer Kleinstadt Hildburghausen. Ihr gewähltes Motto war, wie bei Demonstrationen im Vorfeld, „Zukunft statt EU-Wahn“ – gleichnamig ihrer derzeitig laufenden Kampagne. Anmelder war der in Tannroda wohnende Michael Fischer. Dieser ist seit geraumer Zeit Leithammel der Naziorganisation „Aktionsgruppe Weimarer Land“. Gemeinsam mit der Wählergemeinschaft „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ und dessen Gründervater Tommy Frenck wurde der Aufmarsch organisiert. Es kamen schließlich rund 100 Nazis aus verschiedenen Regionen Thüringens und Sachsens zusammen. Nachdem die Nazidemonstration nach ca. 1 Stunde Verspätung loslief, warteten bereits ca. 120 Menschen darauf, den Nazimob zu blockieren – jedoch aus ganz anderen Gründen, als denen, den Aufmarsch zu verhindern.

Erst einmal ist es überraschend für eine Stadt wie Hildburghausen, dass sich ca. 120 Menschen einfinden um gegen den Naziaufmarsch zu demonstrieren und ihn zeitweise gar zu blockieren. Doch ein positives Bild wird nur bei oberflächlicher Betrachtung vermittelt. Bereits im Vorfeld hatte das „Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus“ in Hildburghausen und Schleusingen dazu aufgerufen, sich den Nazis in den Weg zu stellen. Allen voran Kerstin Möhring aus dem Bürgerbündnis. Sie meldete spontan eine Kundgebung entlang der Naziroute an, welche später Leuten für die Blockade diente. Im Warten auf das Kommen der Nazidemo vertrieb sich das Bürgerbündnis die Zeit mit Aufblasen von bunten Luftballons und Seifenblasen, dessen Sinn und Zweck uns bis heute leider nicht schlüssig geworden sind. Als sich die Nazidemo, entgegen der „deutschen Pünktlichkeit“, schließlich mit Verspätung in Bewegung setzte, stand die Blockade. Welchen Sinn eine solche Blockade haben soll, lieferte genügend Diskussionen innerhalb der „Bürger auf den Barrikaden“, wie es die Lokalpresse formulierte.[1] Kerstin Möhring, die sich wohl als Koordinatorin der Aktion verstehen wollte, stellte sich vor die Blockade und rief: „Wenn ich es sage, gehen wir wieder von der Straße an die Seite und zeigen den Nazis den Hintern. Wir schauen sie uns nicht an.“ Es scheint also, dass die Blockade an sich nicht das Ziel hatte, zu verhindern, dass die Menschverachtung der Nazis durch weitere Teile Hildburghausens getragen werden, sondern lediglich ein symbolischer Akt der Selbstprofilierung war. Speziell die Aufforderung, „wenn ich es sage“, ist wohl mehr als lächerlich. Ob sich Möhring des Charakters der Aufforderung zum Wegschauen und Wegdrehen bewusst war, bleibt offen. Die Situation wurde jedoch noch skurriler. Als einige Antifaschist_innen und Punks ein Transparent mit der Aufschrift „Nazi sein, heißt Probleme kriegen!“ enthüllten, wusste Möhring was zu tun war. Gemeinsam mit einem weiterem „Bürger auf den Barrikaden“ stellte sie sich sendungsbewusst und paternalistisch vor das Transparent und verdeckte dieses mit einer „Pace“-Fahne.

Beschäftigt mit der Rettung des eigenen Images und der Selbstprofilierung, schien das Bürgerbündnis eine Sache zu übersehen. Im Laufe der Blockade, einige Meter von den Nazis entfernt und durch die Polizei getrennt, kamen Neonazis von einem Tattoostudio aus Richtung des Marktplatzes mitten durch die Blockade gelaufen. Nazis mit „Ansgar Aryan“-Jacken, teilweise mit Glasflaschen konnten gemütlich durch die Blockade zur Spielothek laufen, die sich genau neben der Blockade befand und selbst Tummelplatz für Neonazis geworden war. Den Nazis deutlich zu machen, dass sie an dieser Stelle nichts zu suchen hatten, war der selbsternannten Koordinatorin wohl nicht in den Sinn gekommen. Als etwas Zeit vergangen war, wurden einige Nazis noch dreister. Fotografen der Nazidemo näherten sich der Blockade, liefen teilweise gemütlich um sie herum und konnten Fotos von den Teilnehmer_innen schießen. Selbst als einige Antifaschist_innen auf die Fotografen aufmerksam machten, blieb man tatenlos.

Nach einer knappen dreiviertel Stunde Blockieren und Verhandlungen des Bürgerbündnis mit der Staatsgewalt kam die bereits angekündigte Ansprache zur freiwilligen Räumung der Straße. Brav zogen die Bürger von ihren „Barrikaden“ ab. Lediglich Antifaschist_innen weigerten sich die Straße für den Nazimob frei zu machen. Diese wurden schließlich von der Polizei „von der Straße gedrängt“. [2] Die Nazis konnten danach ungehindert weiter ziehen, während sich das Bündnis und andere bürgerliche Gruppen wie z.B. Jusos, Linksjugend Solid, MLPD, die Linke, usw. am Marktplatz einfanden, um sich unter dem Motto „Toleranz kennt keine Grenzen – außer für Volksverhetzer" selbst zu feiern. Beendet wurde die Veranstaltung mit etwas, was die Deutschen seit den 90er Jahren immer wieder üben konnten, mit einer Lichterkette.

Mathias Günther, Fraktionschef der Linken im Hildburghäuser Stadtrat, brachte es gegenüber dem „Freien Wort“ auf den Punkt. „Auch wenn wir den Aufmarsch letztlich nicht verhindern konnten, haben wir gezeigt, dass wir das nicht widerstandlos hinnehmen“. Es war von Anfang an nicht das Ziel gewesen den Naziaufmarsch zu stoppen, damit ihre Aktionen an Sinn verlieren und ihre menschenverachtende Ideologie nicht gehört werden kann, sondern es ging darum, das Image der Stadt Hildburghausen zu retten. Die freiwillige Räumung der Blockade, sowie das Zusehen, wie Antifaschist_innen von der Polizei einfach von der Straße geräumt werden, ist mehr als nur eine Farce.

[1] http://www.insuedthueringen.de/lokal/hildburghausen/hildburghausen/Buerger-auf-den-Barrikaden;art83436,2172834
[2] http://www.insuedthueringen.de/lokal/hildburghausen/hildburghausen/Eine-Stadt-stellt-sich-quer;art83436,2178020



















Antifaschistische Gruppe Südthüringen