Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Arnstadt: Aufmarsch der Peinlichkeiten

Eintragsdatum: 2012-08-27Quelle: Antifa Arnstadt-Ilmenau

Etwa 50 Nazis sind es am Ende gewesen, die angeführt vom Oberkasper Michel Fischer aus Tannroda am Samstag, den 25. August 2012, ungestört durch die Arnstädter Innenstadt marschierten, um gegen "EU - Wahn" und den Euro zu demonstrieren. Ein Bündnis aus allen Parteien hatte mit Sonntagsreden und dem gegenseitigen Bekunden moralischer Überlegenheit gegen die Nazis protestiert. Dem Aufruf zur Kundgebung auf dem Marktplatz, den denkwürdiger Weise auch die protofaschistische Wählervereinigung "Pro Arnstadt" unterstützte, waren etwa 100 Menschen gefolgt, die Hälfte davon wahrscheinlich Funktionäre. Trotzdem war das Gerede davon, die Arnstäder hätten Gesicht gezeigt nicht zu stoppen.

Kein Land hat von der Vereinigung der europäischen Staaten zur EU und von der europäischen Gemeinschaftswährung Euro mehr profitiert, als Deutschland. Die systematische Abschaffung von Zöllen und Ausfuhrbeschränkungen innerhalb der EU war es unter anderen, die Deutschland zum Exportweltmeister machte und über Jahre Billionen in die deutsche Wirtschaft schwemmten. Der Fehler, die Probleme, die mit der Finanzkrise einhergingen durch Staatsverschuldung aufzufangen, liegt im System. Dass die deutsche Wirtschaft als eine der weltweit stärksten jetzt Garantien geben muss, damit das System, von dem sie profitiert, nicht den Bach runtergeht, ist nur logisch. Die Nazis, die am Samstag durch Arnstadt demonstriert sind, haben davon nichtmal die Hälfte verstanden. Sie interpretieren die deutsche finanzpolitische Machtübernahme in Europa als Transferunion zuungunsten der Deutschen, weil sie auf eine nationale Lösung hinauswollen, einen autoritär geführten, weitgehend autarken Nationalstaat. Sie bieten die schlechtere Alternative zum schlechten Bestehenden, einfache Antworten auf komplexe Problemlagen. Was sie ganz sicher nicht wollen, ist die Abkehr vom System der Ausbeutung, der Verdinglichung und Entfremdung - sie wollen auf die regressivste aller Krisenlösungen hinaus, den Faschismus.

Dass man dagegen demonstrieren sollte, ist nur verständlich. Die Demonstrant_innen des Bündnisses auf dem Marktplatz haben sich allerdings mit der Argumentation und dem Interesse der Nazis nichtmal oberflächlich auseinandergesetzt - von einigen positiven und negativen Ausnahmen abgesehen. Bei der Demonstration des Bündnisses, das wurde aus den Wortbeiträgen deutlich, ging es um moralische Abgrenzung. Man wollte die Nazis von sich fern halten, ohne wirklich zu wissen, warum eigentlich. Bezeichnend hierfür ist die Tatsache, dass Nazi-"Aussteiger" Patrick Wiedorn kritiklos mitten in der Menge stand und dass ein Pfarrer namens Jürgen Friedrich mit den Inhalten der Nazis weniger Probleme zu haben schien, sondern nur problematisierte, dass man sie nicht den "Braunen" überlassen dürfe. Überhaupt war er sich mit den Nazis darüber einig, dass man ein "Europa der Vaterländer" anstreben solle. Was diesen Mann vom Nazi unterscheidet, ist sein falscher Glaube an eine Gottheit und seine Gebote. Hoffentlich erklärt diesem Mann nicht irgendwann mal jemand, dass Gott ein Gespinst menschlicher Projektionen ist, sonst hätten die "Braunen" in Arnstadt bald ihren eigenen Pfarrer.

Festzuhalten bleibt desweiteren der überschaubare Personenkreis beider Veranstaltungen. Dass es sich bei den Nazis um nur 50 meist Angereiste handelte, sollte daran liegen, dass weite Teile der Arnstädter Bevölkerung, die potentiellen Faschisten der deutschen Mehrheitsgesellschaft, das Anliegen zwar teilen, aber schon allein von der Polizeipräsenz abgeschreckt waren wie auch vom fanatischen Auftreten der Nazis. Die selbe Demonstration mit dem selben Aufruf, vorgetragen von "seriöseren", demokratisch gewandeten Faschisten, wie "Pro Arnstadt" hätte weit mehr Menschen für das Anliegen auf die Straße gebracht. Stattdessen drehten die DDR-sozialisierten Schreibtischtäter von "Pro Arnstadt" ihr Fähnchen mit dem Wind und wechselten nach dem Abtritt von Nazi-Bürgermeister Köllmer ins Lager der Nazigegner, die dadurch nur noch unglaubwürdiger wurden. Daran wird es aber nicht gelegen haben, dass nicht mehr als 100 Menschen dem Aufruf zur zahnlosen Gegenwehr gefolgt waren, obwohl diesmal sogar der frisch gewählte Bürgermeister der Stadt, Alexander Dill (parteilos), zum Protest aufgerufen hatte. Vielmehr sollte das an einer Mischung aus Desinteresse, Dünkel und Sympathie für die Nazis innerhalb der Gesellschaft gelegen haben. Eine antifaschistische Intervention wäre hier sicher wünschenswert gewesen. Dass sie ausblieb ist tragisch, aber sicher ist es immer noch besser, nichts zu tun, als das falsche.


Bilder:























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