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Arnstadt: Antifa-Kundgebung anlässlich des Eva Herman-Auftritts

Eintragsdatum: 2011-10-02Quelle: Antifa Arnstadt/Ilmenau

Auf Einladung der antisemitischen und geschichtsrevisionistischen Lokalpostille "Arnstädter Stadtecho" kam am 29. September 2011 die ehemalige Tagesschau-Sprecherin und Antifeministin Eva Herman nach Arnstadt ins Gasthaus "Goldene Henne". Vor dem Veranstaltungsort organisierte die Antifa Arnstadt/Ilmenau eine Gegenkundgebung.

Im selben Gebäude, in dem sonst Seniorentanzabende oder auch die regelmäßigen Treffen des Bundes der Vertriebenen (BdV) und anderer scheußlicher Vereine stattfinden, hatte Stefan Buchtzik vom "Arnstädter Stadtecho" den größten Saal gemietet und eine Ikone des reaktionären Kleinbürgertums eingeladen, Eva Herman. Insgesamt wohl so um die 100 Gäste gönnten es sich für 14 EUR einer Verrückten zu lauschen, die mal so richtig gegen die moderne Zivilisation vom Leder zog, gegen Emanzipation, alternative Lebensvorstellungen und Selbstbestimmung; einer Wahnsinnigen, die heute statt der Tagesschau in der ARD die Nachrichten eines Verlages im Internet vorliest, der sich um antisemitische Esoterik, Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaften verdient macht. Dabei kam zusammen, was zusammengehört: eine reaktionäre Hobbyanthropologin und das Arnstädter Establishment um "Pro Arnstadt" und das "Arnstädter Stadtecho", deren Bemühungen, um die Rehabilitierung von faschistischer Ideologie diesen Filz weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt machte.
Vor dem Gebäude sammelten sich etwa 50-60 Menschen auf der Kundgebung "Gegen Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und Sexismus". Die Redebeiträge der Antifa Arnstadt/Ilmenau thematisierten die Ideologie und politische Praxis von Eva Herman, des Arnstädter Bürgermeisters Hans-Christian Köllmer (Pro Arnstadt) und des Stadtechos. Außerdem verlas die Antifa Erfurt einen Redebeitrag über das rechte Wutbürgertum und seine Verschwörungstheorien. (Hier nachzulesen: [klick]). Auch einige Passant_innen blieben, ob des ungewohnten Anblicks, stehen, und nahmen das Info-Flugblatt zur Kundgebung mit. Sogar der Arnstädter Bürgermeister holte sich ein Flugblatt ab - man soll ja die Hoffnung niemals aufgeben.
Bemerkenswert ist weiterhin das unbeirrte Schweigen der Lokalpresse sowohl über die Veranstaltung des Stadtechos mit Eva Herman, als auch über den Protest dagegen. Möglicherweise gelang es dem Freund der Totalitarismustheorie und Lokalredakteur der TA Eberhard Pfeiffer nicht diese Auseinandersetzung in den beschränkten Kategorien seines Rechts=Links-Schemas zu begreifen. Vielleicht gab es aber auch zu viele 80ste Geburtstage und Unternehmensjubiläen zu feiern, so dass für wirkliche Inhalte in Arnstadts langweiligstem bedruckten Papier kein Platz mehr blieb.
Gedankt sei an dieser Stelle allen, die an unserer Kundgebung teilgenommen haben und uns unterstützt haben.








Redebeitrag zu Eva Herman

Heute findet in einem stillen Kämmerlein in der Goldenen Henne zu Arnstadt ein Spektakel statt, das bestens zu Arnstadt passt. Heute schwingt sich der Wahnsinn zur Wahrheit auf, der Wahnsinn Eva Hermans, einer reaktionären antifeministischen Hobbyanthropologin, die ihre Ideologie einer patriarchalischen Gesellschaft nicht nur gegen die Idee der freien Gesellschaft der Gleichen in Stellung bringt, sondern auch gegen die heutige Gesellschaft. Herman möchte eine Gesellschaft, in der Frauen keine andere Rolle zusteht, als die von Gebärmaschinen. Das bedeutet Frauen haben sich um möglichst viele Kinder und den Haushalt zu kümmern. Ihre Argumentation ist so schäbig, wie sie dumm ist. Erst vor wenigen Tagen hat sie Herman in einer öffentlichen Bekundung gegen die mindestens ebenso bornierte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder in Stellung gebracht. Diese sei, so Herman, zu früh aus dem Mutterschutz zurückgekehrt in den Beruf. Dies widerspreche, so Herman, der Natur, denn dem Mensch oder besser: der Frau sei von Natur aus beauflagt worden, dass Kinder gefälligst mindestens drei Jahre nach der Geburt am besten auf den Rücken der Mutter zu binden sind. Geschieht das nicht, so die Argumentation, drohen sogenannte "psychische Störungen", die heute bei Psychologen massenhaft behandelt werden. Die ganze Sozialisation des Menschen passiere in diesen ersten drei Lebensjahren. Folgt man diesem Unsinn, läge der Schluss nahe Herman selber müsse die ersten drei Jahre ihres Lebens in einem dunklen Sack verbracht haben. Ob dem so war, konnte zwar nicht abschließend geklärt werden, zu klären ist aber, was Menschen, wie Eva Herman dazu bewegt, einen solchen Wahn zu verteidigen, der dem Mensch jeder Freiheit und Vernunft berauben soll und ihn zum bloßen Material natürlicher Formierung herabstuft. Die Rückbesinnung auf vermeintlich oder wirklich natürliche Gegebenheiten und Traditionen folgt einem kulturpessimistischen Reflex und verleugnet den Ursprung menschlicher Freiheit, nämlich die Emanzipation des Menschen von der Naturabhängigkeit im historischen Prozess der Entwicklung der Produktivkräfte. Dass die kulturpessimistische Sicht Hermans auf die entwickelte kapitalistische Zivilisation zu protofaschistischen Reflexen führt, ist dabei nicht ungewöhnlich. Sie bemerkt in der gegenwärtigen Gesellschaft die Zunahme von Vereinzelung und die Abnahme sozialen Halts, wie sie die naturwüchsige Familie einst lieferte.
Anstatt also der wirklichen Ursache von Vereinzelung auf den Grund zu gehen und so eine strukturelle Veränderung im Charakter kapitalistischer Vergesellschaftung zu finden, besinnt sich Herman lieber, wie so viele konservative, deutsche Kulturpessimisten auf die guten alten Zeiten und landet dann zwangsläufig - ob expliziert oder nicht - im Nationalsozialismus, in dem, so kolportiert man in diesen Kreisen, nicht alles schlecht war. Zum Beispiel die vielen Autobahnen auf denen wir heute noch fahren und das Mutterkreuz, das die deutsche Mutter in ihrer Funktion als Gebärmaschine für den zu militarisierenden Nachwuchs noch zu würdigen wusste. Doch die politische Großwetterlage in der BRD erlaubte zu diesem Zeitpunkt keine Rehabilitierung nationalsozialistischer "Werte", auch wenn Herman nur beteuerte, die Nationalsozialisten missbrauchten diese guten und bis dahin bestehenden Werte. Dass mit Werten oder einer Kultur, die in den Nationalsozialismus führten, etwas nicht stimmen kann, kommt Herman nicht in den trüben Sinn. Und so erlebte Herman das, was Thilo Sarrazin wenige Jahre später durchmachte. Sie wurde zur Aussätzigen gemacht, weil sie aussprach, was Millionen glaubten und glauben wollten, nämlich, dass Opa doch kein Verbrecher war und die deutsche Schuldabwehr berechtigt ist. In bezeichnender Weise zeigt das eine "Debatte" in der Fernsehshow Johannes B. Kerner vom 9. Oktober 2007. Herman sollte sich hier für ihre Aussagen über NS-Familienwerte und den Vorwurf der Gleichschaltung gegen die deutschen Massenmedien rechtfertigen. Das inquisitorische Podium, das neben Kerner noch den widerlichen Sexisten Mario Barth aufbot, wurde von Herman nahezu vorgeführt. Sie hatten der NS-Nostalgikerin nichts entgegenzusetzen, als moralische Brüskierung und eine Expertenmeinung vom Berliner Historiker Wolfgang Wippermann, der nicht wirklich die richtigen Worte fand und sich rückblickend für eine inszenierte Inquisition missbrauchen ließ. Diese Debatte zeigt, in der Auseinandersetzung mit protofaschistischen Demagogen, wie Herman und Sarrazin fehlen den vermeintlich "besseren" Demokraten immer wieder die Argumente. Beide Parteien legitimieren sich über demokratische Mehrheitsverhältnisse und wollen von kapitalistischen Zwängen, von Zurichtung, von Entfremdung und Verdinglichung nichts wissen. Die bestehende Wirklichkeit gilt ihnen als die einzig denkbare und ist damit die Basis ihres Denkens und Handelns. Und auch die vermeintlich besseren Demokraten werden einknicken, wenn ihre moralischen und sonst kaum mehr artikulierbaren Einwände von Wahlsiegen der Faschisten und demokratisch gewandeten Faschisten weggefegt werden. Andererseits ist der Einfluss solcher Strömungen längst unverkennbar. Prominentestes Beispiel ist die faktische Abschaffung des Asylrechts nach den faschistischen Ausschreitungen gegen Nicht-Deutsche Anfang der 90er in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda und anderen Städten.
Herman geriert sich dabei, wie so viele Demagogen vor und nach ihr, als Tabubrecherin. Dieser vermeintliche Tabubruch ist ein alter Trick: Man spreche eine Scheußlichkeit aus, der die nicht mehr denkende Masse ohne weiteres frenetisch zustimmen wird (z.B. "Im Nationalsozialismus war nicht alles schlecht", "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg" oder "Die Juden sind unser Unglück"), genießt den Applaus und empört sich schließlich noch über die "politisch korrekten Meinungsdiktatoren", die einen die Menschenverachtung der eigenen Worte aufs Brot schmieren wollen. Dabei ist das, was da geäußert wird kein Tabubruch, sondern der Common sense der Kleinbürgerlichkeit, das täglich am Stammtisch, im Wartezimmer und an der Supermarktkasse Geäußerte. Der hier von den Demagogen Herman, Sarrazin und Co. repräsentierte Bürger, ist virtuell schon der Nazi, der seine erbärmliche Existenz und kümmerliche Individualität im wohligen Schoß der Volksgemeinschaft aufzulösen jederzeit bereit ist.
Einen ganz aktuellen Angriff auf einen ungezwungeneren, freilich aber noch keineswegs vernünftigen, Umgang mit Sexualität lieferte die Meisterin des Triebverzichts als sie die Massenpanik auf der Loveparade in Duisburg 2010 nur als logische Folge des dort stattfindenden "Sodom und Gomorrhas" darstellte. Die Demagogie Eva Hermans ist zu verstehen als Angriff auf einige der letzten prekären Freiheiten, die diese Gesellschaftsordnung noch gewährt, auf sexuelle Freizügigkeit und Selbstbestimmung, auf die Möglichkeit Nein zu sagen, zu "Kindersegen" und "Mutterglück" und auf die falsche Alternative "Karriere oder Familie" zu scheißen.


Redebeitrag zu Köllmer und Pro Arnstadt

Seit Jahren geraten Arnstadts Bürgermeister Hans-Christian Köllmer und seine Wählervereinigung "Pro Arnstadt" auch in bundesweite Negativschlagzeilen. Der Grund für die moralische Brüskierung der bürgerlichen und linksliberalen Medien liegt an der immer wieder hervorscheinenden Nähe von Köllmer, "Pro Arnstadt" und organisierten Faschisten bzw. Ex-Faschisten und deren Positionen. Das nennt man dann eine fehlende Distanz zu sogenannten Rechtsextremisten. Als wären nicht die geschichtsrevisionistischen und NS-verharmlosenden Positionen schon scheußlich genug und stünden für sich allein. Was damit bezweckt wird, Köllmer und Konsorten in die Nähe eines sogenannten Rechtsextremismus zu rücken, ist deren Exkommunizierung aus den Reihen der aufrechten Demokraten, das bedeutet deren Unmöglichmachung, nicht durch gute Gründe, die ja bestehen, sondern quasi durch technischen K.O., indem Köllmer durch den Bruch der Spielregeln, man lasse sich nicht mit Extremisten ein, ausgeschaltet wird. Mal ganz abgesehen davon, dass dieses Vorgehen hier nicht funktioniert, offenbart es dazu noch reichlich Borniertheit und die radikale Linke tut gut daran sich hieran nicht zu beteiligen. Unser Weg kann nicht darin bestehen Positionen unmöglich zu machen, weil sie in irgendeiner Sphäre der bürgerlichen Gesellschaft vermeintlich tabuisiert sind, sondern durch politische Aufklärung zum Verständnis der Positionen sowie zum Verständnis der falschen Tabuisierung beizutragen.
Dazu ist es vorerst von Nöten zu klären, wer oder was sind Köllmer und "Pro Arnstadt" und welche Positionen werden überhaupt öffentlich vertreten. Das ist Ziel dieses Redebeitrages. Arnstadts Bürgermeister Hans-Christian Köllmer ist der ohne Zweifel einflussreichste Mann in Arnstadt. Er scharrt um sich einen Filz, der wohl als reaktionäres Kleinbürgertum recht treffend beschrieben ist. Dieser Filz besteht zu weiten Teilen aus der Familie und Umfeld Köllmers, seiner Wählergemeinschaft, dem Schützenverein, Arnstädter Unternehmern und anderen denkwürdigen Gestalten. Dabei ist es zumeist nur der Häuptling Köllmer selbst, der in Erscheinung tritt durch öffentliche politische Verlautbarungen und Aktionen. Besonderes öffentliches Interesse erregte sowas oft dann, wenn Köllmer Gegenveranstaltungen zu Naziaufmärschen blockierte. Als es im Juni 2009 wieder mal soweit war, erklärte Köllmer auf Kritik im Stadtrat allen Ernstes, die Nazis seien ihm zu weit links, denn im Nationalsozialismus stecke ihm zu viel Sozialismus drin. Gegen die bundesweit auf Arnstadt einprasselnde Kritik zeigen sich Köllmer und "Pro Arnstadt" unbeirrt. Gegen Wahnsinn stand vernünftige Kritik schon immer auf verlorenem Posten. Ein weiteres Mal machte Köllmer bundesweit Schlagzeilen, als er eine Verteidigung der Thesen Thilo Sarrazins unterschrieb und sich öffentlich zu "Pro Deutschland" bekannte, einem Sammelbecken für enttäuschte CDU- und NPD-Mitglieder. Im Eifer des Gefechts entfleuchte dem reichlich bornierten Köllmer dann der Satz, man werde als Rechter jetzt schon so angefeindet, wie in den 30er Jahren die Juden in Deutschland. Diese NS-Verharmlosung schlug dermaßen ein, dass sogar Köllmer zurückrudern musste und sich entschuldigte.
Im Sommer 2008 ließ Köllmer mehr oder minder im Alleingang in der Rosenstraße ein Denkmal mit der Inschrift "Denkmal für die Opfer kommunistischer Gewalt 1945 - 1989" errichten. Diese Aufschrift weist daraufhin worum es ihm hier geht, nämlich keinesfalls um die Opfer des DDR-Regimes, sondern um eine Abrechnung mit dem Kommunismus als Idee und Gesellschaftstheorie als solche. Eine mühselige Unterscheidung zwischen der Idee einer klassen- und staatenlosen Weltgesellschaft und den autoritären Regimes des ehemaligen Ostblocks war von Köllmer und Co. niemals vorgesehen. Für ihn ist Idee und Wirklichkeit in eins zu setzen, was nicht nur für seinen beschränkten intellektuellen Horizont spricht, sondern auch Ausdruck der antikommunistischen Ideologie ist, als deren Verfechter sich Köllmer inbrünstig ausrief, als er bei einer Veranstaltung im Februar 2009 vor Fans grölte, er sei ein richtiger, ein echter Antikommunist und von seinesgleichen dafür frenetisch gefeiert wurde. In der Debatte um das Denkmal, das immer wieder von Sprühereien gereinigt werden musste, ließen die Protofaschisten Köllmer und Co. immer wieder das kalte politische Kalkül hinter der Fassade der Opferfürsorge und Erinnerungsarbeit durchblicken. Es ging ihnen um Geschichtsklitterung, die Abrechnung mit der Idee einer umfassenden Emanzipation und die Schuldabwehr nach den nationalsozialistischen Verbrechen. Die immer wieder angebrachten Vergleiche zwischen DDR und Nationalsozialismus dienten zum Einen der Dämonisierung der DDR, von der im einfachen ostdeutschen Bewusstsein weithin romantische Vorstellungen einer kuschligen Gemeinschaft in Abgrenzung zum jetzt herrschenden kalten kapitalistischen Konkurrenzprinzip existieren. Und es ging um die Relativierung des Nationalsozialismus. Die Gaskammern, Erschießungskommandos und produzierten Leichenberge des deutschen Faschismus werden mit einigen hundert auf der Flucht Erschossenen an der deutsch-deutschen Grenze in eins gesetzt, wodurch die unbegreifliche, grundlose und planmäßige Tötung von Millionen Menschen verharmlost wird. Diese Verharmlosung ermöglicht den Deutschen die Abwehr ihrer Schuld. So erscheinen die Verbrechen des Nationalsozialismus nun nicht mehr als singuläre, unvergleichbar grausame, sondern als lediglich ein weiteres dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Die Apologeten der hier angewendeten Totalitarismustheorie übersehen dabei auch die Schnittmengen zwischen ihnen und den totalitären Nazis. Ob Köllmer und Co. das intendieren oder nicht, objektiv läuft ihre politische Demagogie auf die Bundesgenossenschaft mit dem Faschismus hinaus.
Solange der Erfolg von Köllmer und "Pro Arnstadt" ein lokales Phänomen bleibt, werden sich die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben in Grenzen halten. Nichtsdestotrotz können sie, wie Eva Herman oder Thilo Sarrazin als protofaschistische Katalysatoren zur Etablierung einer politischen Kraft beitragen, die das Bindeglied zwischen Konservatismus und Faschismus darstellt. Das Potenzial, um einer solchen Strömung demokratische Legitimität zu verleihen, besteht in der deutschen Bevölkerung allemal. Sie repräsentieren hier das Kleinbürgertum und weitere bildungsferne Unterschichten, die für die Unbequemlichkeit und Härte kapitalistischer Vergesellschaftung einfache Gründe und Lösungen suchen und in der protofaschistischen Demagogie auch finden, sei es im kulturpessimistischen Reflex des vermeintlichen Werteverlusts in der Moderne und der damit einhergehenden Rehabilitierung und Verharmlosung der düsteren deutschen Vergangenheit oder in der platten Schuldsuche bei konkreten Ausländern, die den Deutschen die Arbeitsplätze und die Sozialhilfe wegnehmen und den abstrakten Juden, die sowieso für alles Unverstandene und Böse am Kapitalismus verantwortlich gemacht werden.
Die Schnittmengen zwischen Faschismus und Konservatismus werden hier ganz offensichtlich und liegen einer gemeinsamen Ideologie zugrunde. Aufgabe antifaschistischer Kritik ist es diese bürgerliche Ideologie begreifbar zu machen und sie als das zu entlarven, als das sie sich darstellt: als Hindernis für ein freies Leben in einer freien Gesellschaft.


Redebeitrag zum Stadtecho

Heute hat das Arnstädter Stadtecho die Autorin und Journalistin Eva Herman zum 3. Arnstädter Stadtgespräch eingeladen. Bei dem Arnstädter Stadtecho handelt es sich um eine Zeitung, die monatlich kostenlos im Raum Arnstadt verteilt wird, und die bereits in der Vergangenheit immer wieder über sich Reden gemacht hat, weil sie an ihrer Nähe zum völkischen Denken und antisemitischer, rassistischer und nationalistischer Ideologie keinen Zweifel lässt.
Herausgeber des Stadtechos, welches sich im Laufe der Jahre als ein inoffizielles Organ der Partei "Pro Arnstadt" um Hans-Christian Köllmer etabliert hat, war bis August 2009 Hans-Joachim König, welcher in der Vergangenheit unter anderem bei einem Stammtisch von Pro-Deutschland referierte oder auch des öfteren seine Sympathie gegenüber Neo-Nazis zum Beispiel dadurch zum Ausdruck brachte, in dem er diese als seine Kameraden von der Nationalen Front mit für ihn überzeugenden Argumenten bezeichnete. Da verwundert es auch nicht, dass er im Stadtecho seinen "Kameraden" die Möglichkeit gibt, ihre völkische Kapitalismuskritik unter die Menschen zu bringen, wie es im Dezember 2009 in Form eines Leserbriefs von Patrick Wiedorn der Fall war.
Im August 2009 wechselte die Leitung des Arnstädter Stadtechos. Der Chefredakteur ist nun das "Pro-Arnstadt"-Mitglied Stefan Buchtzik. An der Blattpolitik änderte sich dadurch nichts. Neben heimattümmelnden und regionalen Beiträgen über 80ste Geburtstage, Unternehmensjubiläen und randalierende Jugendliche in der Innenstadt, finden sich in fast jeder Ausgabe Beiträge mit geschichtsrevisionistischen bis hin zu antisemitischen Inhalten. Das fängt an bei Opas Heldengeschichten aus dem Krieg, die den Eindruck erwecken, die Deutschen waren ein Volk aus gestandenen, verantwortungsbewussten Familienmenschen und eben keine Irren, die auf bestialische Weise Millionen Menschen ermordeten.
Sowieso steht das Stadtecho in Sachen Geschichtsrelativismus Eva Herman in nichts nach. Exemplarisch sei hier die Vorstellung des Buches "1939- Der Krieg, der viele Väter hatte" genannt. Schon der Subtitel "Die Alleinschuldthese bleibt fraglich" lässt vermuten, worum es sich hierbei handelt. Es wird allerdings nicht nur die Alleinschuld Deutschlands am Krieg bestritten, der Autor des Buches geht soweit, zu behaupten, dass Deutschland der Krieg von den Franzosen und Briten förmlich aufgezwungen wurde. Von Appeasement-Politik scheinen sowohl Autor des Buches als auch Redakteure des Stadtechos noch nie etwas gehört zu haben.
Das genannte Buch ist im Kopp-Verlag erschienen, also in dem Verlag, in dem auch Eva Herman ihr letztes Buch veröffentlichte. Die dort erschienen Bücher sind durchzogen von Antisemitismus und Verschwörungstheorien und werden dann und deswegen auch immer wieder gerne im Stadtecho rezensiert. Nämlich zum Beispiel, wenn behauptet wird, dass hinter dem Tod Jörg Haiders, hinter der RAF und dem Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA "geheime Kräfte" stecken oder wenn geschrieben wird, dass Barack Obama einem "Kartell an der New Yorker Wallstreet" dient. Hinter solchen Behauptungen steckt die Halluzination einer jüdischen Weltverschwörung, was Buchtzik, König und Co. mal mehr, mal weniger offen durchblicken lassen.
Dabei gehört es selbstverständlich für einen guten Verschwörungstheoretiker dazu, sich auf sogenannte Expertenmeinungen zu verlassen. Auf solche "Autoritäten" stützen sich Demagogen immer dann, wenn hinter den "Analysen" keine Argumente stehen, sondern im besten Fall tendenziöse und bedenkliche Statistiken bzw. "Studien" oder eben einfach nur wirre Spekulationen und Halluzinationen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Rezension einer Studie aus den sonst so verwunschenen USA. Diese sollte herausgefunden haben, was Nazis aller Couleur schon lange wussten, nämlich dass die Juden weltweit ein gemeinsames Gen vereint, was sie "besonders" macht. Die Quelle für diese "Studie" wurde nicht genannt und später ergaben Recherchen des hiesigen Bündnis gegen Rechtsextremismus, dass diese "Studie" von den Rassenforschern aus dem Stadtecho, gelinde gesagt, etwas überinterpretiert wurde. Die Liste solcher Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen.
Das monatlich in einer Auflage von 20.000 Stück kostenlos verteilte Stadtecho finanziert sich über Werbeeinnahmen von ca. 150 Unternehmen aus Arnstadt und Umgebung, die im Stadtecho Werbeanzeigen schalten. Mehrere Versuche diese Inserent_innen über die Blattpolitik des Stadtechos aufzuklären blieben nahezu erfolglos, sodass davon ausgegangen werden muss, dass die inserierenden Unternehmer_innen wohlwollend und wissend die antisemitische und geschichtsrevisionistische Hetze des Stadtechos unterstützen. Zu hoffen, das sich das Stadtecho, mangels Werbeeinnahmen irgendwann nicht mehr finanzieren kann, ist also aussichtslos. So bleibt es daran, das Stadtecho als solchen zu benennen und zu kritisieren, was es ist, nämlich ein Hetzblatt mit antisemitischer, rassistischer und geschichtsrevisionistischer Ausrichtung.
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