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![]() Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!Erfurt: Redebeitrag zur Repression gegen Lothar Königbr>Eintragsdatum: 2011-08-15 — Quelle: Antifa Arnstadt Am vergangenen Samstag fand in Erfurt eine Solidaritätskundgebung, anlässlich der Hausdurchsuchung in der JG Stadtmitte in Jena statt (Bericht des Infoladen Sabotnik). Wir dokumentieren hier den dort verlesenen Redebeitrag der Antifa Arnstadt.
Redebeitrag der Antifa Arnstadt zur Repression gegen Lothar König
Dass Repression immer erstmal einzelne betrifft, aber mit dieser staatlichen Gewalt durchaus alle gemeint seien, die sich im inkriminierten Sinne vermeintlich oder wirklich ungesetzlich verhielten, ist eine Binsenweisheiten der Antirepressionsarbeit und keineswegs etwas außergewöhnliches im aktuellen Fall. Ganz außergewöhnlich dagegen ist, dass es diesmal zuerst einen, zugegeben unbequemen, aber doch immernoch einen Pfarrer getroffen hat. Das sagt viel aus über die Ermittlungsweise der Polizei und Justiz, aber noch mehr über die betroffene Bewegung selbst. Die kriminalisierte Bewegung in diesem Fall ist eine der wenigen durch Massenmobilisierungen hervorgerufene Protestbewegung gegen Naziaufmärsche in Deutschland. Sie funktioniert nur aus einem Grund. Seit 2009 haben traditionalistische Antifa-Gruppen alles daran gesetzt das Protestspektrum in Dresden um die bundesdeutsche Zivilgesellschaft zu erweitern und zwar um einen Preis, den antideutsche und antinationale Antifa-Gruppen - aus guten Gründen - nicht zahlen wollten. Die Protestbewegung gegen den Naziaufmarsch wurde zum Sammelbecken für staatstragende Organisationen und Inhalte. In Dresden sollte künftig - vereinfacht gesagt - nicht mehr am Beispiel der Nazis die regressive bürgerlich-kapitalistische Gesellschaftsordnung kritisiert werden, sondern diese sollte gegen die Nazis verteidigt werden. Die rücksichtslose Kritik alles Bestehendem und die kompromisslose Ablehnung von Deutschtum und Nationalismus wich dem affirmativen Plädoyer für ein besseres, ein nazifreies, ein geläutertes Deutschland. Dass diese affirmative und staatstragende Veranstaltung trotzdem dem Herrschaftspersonal in Sachsen missfiel hat weithin zwei Gründe. Zum Einen laufen die Uhren im poststalinistischen konservativen Sachsen noch etwas anders, zum Anderen sind die Proteste gegen den Aufmarsch doch etwas militanter ausgefallen, als sich die staatstragenden Organisator_innen das gewünscht hatten. Und wer mit brennenden Barrikaden und Steinschlag, das heilige Gewaltmonopol in Frage stellt und dabei auch noch - zumindest temporär - erfolgreich ist, der wird sprichwörtlich zum Abschuss freigegeben und muss eine Weile auf letzte bestehende individuelle Abwehrrechte verzichten. Nun, als das Imperium zurückschlug, traf es - zumindest in Thüringen - nicht die randalierenden Chaoten, sondern die Zivilgesellschaft in Gestalt Lothar Königs, den man paradoxer Weise vorwirft, ein Aufwiegler und Landfriedensbrecher zu sein und deswegen seine Wohnung ausräumte. Nun, da es einen der ihren traf, wobei nicht gesagt werden kann, dass Lothar sich auch umstandslos als solchen versteht, steht die Thüringer Zivilgesellschaft Kopf. Auf der Solidaritätsdemonstration am vergangenen Mittwoch in Jena nahmen ca. 500 Menschen teil, unter ihnen Vertreter_innen fast aller Parteien, der Einheitsgewerkschaften und Kirchen. Die breite gesellschaftliche Solidarität über fast alle Parteien hinweg bis zum Jenaer Oberbürgermeister Schröter und die von diesen Leuten während der Demo geäußerte Kritik gibt Fragen auf. Wäre es bei dieser Durchsuchung gegen Antifaschist_innen aus autonomen Strukturen gegangen und nicht gegen den Jugendpfarrer aus Jena hätte der Protest anders ausgesehen. Wahrscheinlich wären 100 trotzdem Solidarische eine halbe Stunde durch Jena gezogen und dann vom Thüringer BFE auseinandergeknüppelt worden. Wahrscheinlich hätte die mediale Reaktion dann auch nicht als breite sachliche Berichterstattung stattgefunden, sondern hätte ein tendenziöses "Chaoten randalieren durch Jena" nicht überschritten. Problematisiert haben die Jenaer Polithelden, die sich auf der Demonstration produzierten, auch weniger die Aktion an sich. Vielfach klang es so, als sei das problematische vielmehr, dass die sächsische Polizei und Rechtsstaatlichkeit ins Thüringer Dorf einfiel und die Souveränität der Dorfgemeinschaft untergrub. Und sowieso, so der O-Ton, mit der Thüringer Polizei und Justiz wäre das nicht passiert. Über solche Realitätsferne müsste man schmunzeln, ginge es nicht um eine ernste Sache, von der die hiesige Politprominenz nichts versteht. Dass die Reaktion der bürgerlichen Mitte in Thüringen auf Repression gegen ihre eigenen Leute, sich als kleinstaaterisches Monieren gegen die freiheitsfeindlichen Nachbarn (hier: Sachsen) darstellt, mag man ja noch nachvollziehen, wie es aber einige Redner schafften aus den uniformierten Horden in Thüringen, eine "kritische Polizei" herbeizureden, war beeindruckend im negativen Sinn. Wer allem voran die Hohlkörper in den Hundertschaften mal in Aktion erlebte, weiß anderes zu berichten und dass mit höherer Qualifikation der Intellekt zu steigen scheint, ist auch in Thüringen ein nur selten zu beobachtendes Phänomen. Problematisch erschien den meisten Redner_innen auch nicht die staatliche Gewalt an sich oder die Tatsache, dass Gewalt in dieser Gesellschaft notwendig und alltäglich ist, um das irrationale kapitalistische Funktionsprinzip am Laufen zu halten. Das Problem von OB Schröter, DGB, Kirche und Parteien war, dass es jetzt einmal den Falschen erwischt hat. Wenn das Fallbeil staatlicher Gewalt beim nächsten Mal wieder linksradikale Strukturen trifft, wird von diesen Leuten zu hören sein, man werde jetzt erstmal die Ermittlungen der Polizei abwarten, weil, ob ausdrücklich oder nicht, der Konsens besteht, dass die Gewalt gegen die radikale Linke schon in Ordnung ist. Und so blieb die Solidaritätsdemo in Jena eine konformistische Veranstaltung für "wahre" Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, die nur von etwas gut gemeinter Verbalradikalität aus den ersten Reihen gestört wurde. Wer Repression, wie im aktuellen Fall nur kritisiert, weil sie vermeintlich von außen kommt und den vermeintlichen Falschen traf, der verkennt, dass Repression längst Normalität und Alltag ist. Obwohl sich das staatliche Gewaltmonopol derzeit keinerlei realer, ernst zu nehmender Bedrohung gegenüber sieht - denn: es gibt keine Bewegung, die dieses in Frage stellt und dabei in absehbarer Zeit Erfolg haben könnte - verschärft sich das repressive Klima im demokratischen Deutschland. Indikatoren hierfür sind beispielhaft die Ausweitung der Repressionen auf bürgerliche Nazi-Gegner_innen und schwäbische Häuslebauer, die sich um Kopfbahnhöfe und Insekten sorgen, die immer unkontrolliertere Datensammelwut, Repressionen gegen weitgehend affirmative Umweltproteste, die Extremisten-Hatz auf kritische Bildungseinrichtungen und so ließe sich wohl noch Stunden fortfahren. Von der Repression sind heute nicht nur mehr die radikalen Teile der Linken betroffen, sondern die staatstragende Zivilgesellschaft als solche. Und schlimmer noch: Diese Repression ist längst auch von Teilen dieser internalisiert worden, was schon allein daran zu erkennen ist, dass staatliche Gewalt gar nicht umfänglich als solche erkannt wird und wenn aber doch, wie im aktuellen Fall, kommt der zivilgesellschaftende Demokrat in Erklärungsnöte, wie denn in der sauberen Demokratie 'sowas' passieren könne. Die nahe liegende und falsche Antwort besteht darin, eine bessere Demokratie gegen eine schlechtere zu verteidigen und übersieht ganz borniert, dass es eine demokratische Herrschaft ohne Gewalt nicht geben kann, dass Gewalt notwendig zu jeder Form von Herrschaft dazugehört. Aufgabe der radikalen Linken kann es daher nur sein, soweit überhaupt angesichts der fortschreitenden Introjektion noch möglich, dieses falsche Bewusstsein zu entlarven, die Kritik zu schärfen und das beste zu hoffen, wenn es darum geht, eine wahrhaft vernünftige, das heißt: kommunistische Gesellschaft noch lebend zu erreichen. |
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