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![]() Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!Meiningen: Flüchtlingsdemonstration gegen Isolationslager Zella-MehlisEintragsdatum: 2011-03-29 — Quelle: AGST Am Donnerstag, den 24.02.2011, demonstrierten ca. 170 - 200 Menschen in Meiningen gegen die unhaltbaren Zustände im Zella-Mehliser Flüchtlingslager und gegen die rassistischen Gesetze, denen die Flüchtlinge in Deutschland täglich ausgesetzt sind. Wir dokumentieren einen Bericht von The Voice und den dort gehaltenen Redebeitrag zur Ideologie des Rassismus der Antifa Arnstadt. Demobericht:
Bei strahlendem Sonnenschein trafen Donnerstag Mittag die ersten AktivistInnen des "Break Isolation" - Netzwerks am Bahnhofsvorplatz in Meiningen ein. Die Musikanlage wurde aufgebaut und Transparente über den gesamten Platz entrollt. Einige Vertreter der Flüchtlingsgemeinschaft aus Zella-Mehlis gaben erste Presseinterviews und verteilten Flyer mit ihrem Aufruf zur Schließung des Lagers sowie weiteren Forderungen an alle Interessierten.
Nach und nach trafen immer mehr Menschen ein, so unter anderem von der FAU, von antifaschistischen Gruppen aus Meiningen, Suhl, Arnstadt und Saalfeld, vom Flüchtlingsrat Erfurt, der evangelischen Kirche, der Linkspartei und der antikapitalistischen Linken Revolta. Aus Eisenach, Suhl, Hildburghausen, Velchtar und Apolda waren zudem FlüchtlingsaktivistInnen aus dem The VOICE - Netzwerk angereist. Nachdem Osaren Igbinoba von The VOICE alle Anwesenden begrüßt hatte und die Wichtigkeit einer derart breiten Bewegung gegen die Isolation der Flüchtlinge betont hatte, wies ein antirassistischer Aktivist in einem kurzen Redebeitrag auf die vielen punktuellen Restriktionen im Alltag von Asylsuchenden hin, die viele eigentliche Selbstverständlichkeiten unmöglich erscheinen lassen und die Menschen gezielt ausgrenzt. Danach setzte sich die Demo mit ca. 170-200 TeilnehmmerInnen in Bewegung in Richtung Marktplatz. Die dortige Kundgebung eröffnete The VOICE-Aktivist Miloud El Sherif aus Zella-Mehlis mit der kurzen Stellungnahme, dass das Lager ohne nähere Beschreibung ein Ort der vollkommenen, systematischen Isolation sei und dass die Flüchtlinge, anstatt als zweitklassige Menschen behandelt zu werden, inmitten der Gesellschaft leben wollen. Nach weiteren Redebeiträgen von Revolta und der Antifa Arnstadt, die einen Zusammenhang zwischen rassistischen gesellschaftlichen Debatten, den entsprechenden staatlichen Repressionsmechanismen und deren Ursprung in einer vom globalen Kapitalismus strukturierten Gesellschaft, herstellten, sprach noch die linke Landtagsabgeordnete Sabine Berninger. Sie legte offen, wieviel die Meininger Behörden entgegen ihrer Aussagen wussten und hätten tun können und forderte ein weiteres Mal die komplette Abschaffung der Residenzpflicht. Der Zug setzte seinen Gang fort durch die Fußgängerzone Meiningens und ließ dabei einige wenige provozierende Nazis auf dem Markt zurück. Der Konsumtrott wurde durch laute Parolen "Das Lager muss weg!", durch tanzende Demonstrierende und wiederholte Hinweise auf den Hintergrund der Demo gekonnt gestört. Bei einer weiteren Zwischenkundgebung vor einem Supermarkt beschrieb ein Flüchtlingsaktivist, dass er früher an dieser Stelle im Meininger Lager leben musste, was aber aufgrund fremdenfeindlicher Demonstrationen von MeiningerInnen geschlossen wurde. Nach einem etwas langen Marsch gelangte die Demo zu ihrem Zielort, dem Landratsamt Schmalkalden-Meiningen. Der Zeitpunkt der Demo war bewusst so gewählt worden, dass der "lange Behördendonnerstag" eine Anwesenheit der für die verantwortlichen BürokratInnen garantierte. Nach längeren wütenden Parolen folgte ein Beitrag von Michael Kühn von der evangelischen Kirche Hildburghausen. Er beschrieb ein einschneidendes Erlebnis, in dem ein von der Abschiebung bedrohter Familienvater während eines begleiteten Gesprächs in der Behörde von der Polizei ins Abschiebegefängnis abgeführt wurde. Das Gespräch war dadurch erzwungen worden, dass die Polizei der für einige Tage untergetauchten Familie die Haustürschlösser ausgetauscht hatte. Er entschuldigte sich von Seiten der deutschen Mehrheitsgesellschaft bei allen Flüchtlingen und MigrantInnen für solche Behandlungen und forderte ein Einstehen für Freiheit und Menschenwürde. Als letzter Redner sprach Steffen Dittes von Flüchtlingsrat, der vor dem Hintergrund der von den Industriestaaten weltweit verursachten Krisen ein Recht auf freie Bewegung und Bleiberecht forderte und zwar bedingungslos, frei von wirtschaftlichem Nutzdenken. Zum Abschluss wurden anhand einiger Beispiele noch einmal die unmenschliche Willkür der BehördenmitarbeiterInnen dargelegt und betont, dass die Hauptforderung die Unterbringung der Flüchtlinge in Zella-Mehlis in Wohnungen bleibt und dass bis zu deren Umsetzung der Druck nicht nachlassen wird. Somit endete die Demonstration, die ihrem Ziel, die Isolation der Flüchtlinge und deren Kämpfe zu durchbrechen, mehr als gerecht werden konnte. Break Isolation Network, 25.03.11 Quelle: http://thevoiceforum.org/node/2058 Redebeitrag der Antifa Arnstadt:
Redebeitrag der Antifa Arnstadt zur Ideologie des Rassismus
Vor drei Jahren starb der Asylbewerber Ruslan Yatskevich im Wald von Zella-Mehlis. Der schwerkranke Mann floh vor den deutschen Verfolgungsbehörden, die ihm mit Abschiebung drohten. Die furchtbare Geschichte, die zum Tod des Mannes führte, der im Wald von Zella-Mehlis erfror, war der Lokalpresse keine Meldung wert, möglichweise weil die Polizei die Sache deckelte und erst heute, drei Jahre später eine linke Tageszeitung Details zum Tod des damals 32-jährigen recherchierte. Wenn also im Wald von Zella-Mehlis Spaziergänger einen Toten entdecken und dieser Tote offensichtlich kein Deutscher war, dann will die deutsche Öffentlichkeit lieber nicht wissen, was hier geschehen ist und auch die Ermittlungswut der deutschen Staatsgewalt hält sich in Grenzen, wenn der Tote kein deutscher Staatsbürger war. Wenn aber zwei junge Männer mit Migrationshintergrund eine Oma aus der Straßenbahn schmeißen, weil sie spießbürgerlich, wie deutsche Omas nunmal sind, die beiden Männer an das Rauchverbot erinnert, stehen nicht nur Thilo Sarrazin und Udo Voigt bereit, um vor gefährlichen Ausländerbanden zu warnen. Die Warnenden vor dem gefährlichen Deutschland und seinen Schergen dagegen sind nur einige wenige Ungehörte. An der Aufrechterhaltung von Sitte und Ordnung ist es allen deutschen Rassisten gelegen, ob sie nun aus der NPD, dem Landratsamt Meiningen oder der Lokalpresse kommen. Sie alle teilen eine Ideologie, die dieser Gesellschaftsordnung zugrunde liegt. Rassimus fängt nicht dort an, wo Menschen beschimpft, verprügelt oder ermordet werden, sondern die Ideologie ist konstitutives Element bürgerlicher Subjektivität selbst. Der Glaube, dass in Deutschland alle Menschen vor dem Gesetz gleich und die Würde des Menschen unantastbar sei, ist so unwahr wie unerschütterlich. Doch dieser Glaube an das Gute ist nichts als das Trugbild einer menschenfeindlichen Gesellschaft. Die Versprechungen der bürgerlichen Gleichheit haben auch diese Demonstration inspiriert. Denn sollte die Würde des Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz tatsächlich oberstes Prinzip der institutionalisierten Menschenbehandlung in diesem Land sein, so müssten die Missstände im Isolationslager Zella-Mehlis ja auf der Hand liegen und die Veränderung dieser Situation ganz im Sinne jener Institutionen sein, die für die Flüchtlinge in diesem Land verantwortlich sind. Doch wir befürchten hier liegt ein Irrglaube vor. Die bürgerliche Gleichheit bedeutet nicht die gleiche Möglichkeit aller, ihre Verschiedenheit zu entwickeln. Ganz im Gegenteil. Die Gleichheit des Menschen als Rechtssubjekt ist nicht mehr als ein Äquivalenzverhältnis; jenes Gleich um Gleich, das auch das Ausbeutungsverhältnis der Ware Arbeitskraft gegen Lohn bestimmt. Gleich ist nicht der Mensch, sondern die Ware. Dieser politökonomischen Struktur des Gleichheitsprinzips entspringen die Ideologien des Rassismus und des Antisemitismus ebenso logisch wie notwendig. Rassismus verweist dabei nicht auf den bösen Charakter einzelner und ist auch keine temporäre Infektion einer sonst moralisch einwandfreien Gesellschaft, sondern Rassismus verweist auf die bürgerliche Subjektivität, auf die Existenzgrundlage dieser Gesellschaftordnung, selbst. Dabei speist sich der Rassismus aus der Angst vor der Entwertung. Der im Rassismus stilisierte Untermensch, hier der Flüchtling, verkörpert die Folgen, die eine Niederlage in der Konkurrenz mit sich bringt, denn im Verlust der freien Verfügung über sich selbst droht die Einbuße von Subjektivität und Mündigkeit. Es ist das un- und vorbewusste Wissen über die Verlierer der weltweiten kapitalistischen Konkurrenz, die die Anstrengungen bestimmen diese von sich fern zu halten und alles dafür zu tun, die eigene Geschäftsfähigkeit, die Verfügung über sich selbst zu bewahren. Die im Grundgesetz garantierten unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte basieren auf nichts anderem als auf der staatlich garantierten Unverletzlichkeit des Privateigentums des politökonomischen Subjekts an sich selbst. Ist diese freie Verfügung über sich selbst gefährdet, kann für nichts mehr garantiert werden. Wenn deutsche Polizisten heute Flüchtlinge zurück in das Elend und die Not schicken aus denen diese nach Deutschland geflohen waren, dann trägt dieser Vollzug deutscher Gesetzlichkeit, der, wie bei deutschen Polizisten üblich, in preußischem Kadavergehorsam ausgeführt wird, die Züge dieser, aus der kapitalistischen Vergesellschaftung resultierenden, rassistischen Ideologie. Die Unterscheidung in die Gemeinschaft der Deutschen und die Gruppe der Nichtdeutschen findet ihre historischen Vorfahren in der Blut- und Bodenideologie der Nationalsozialisten. Auch heute ist Deutscher, wer deutsches Blut hat und wer dies nicht hat, kann bald froh sein, wenn er in Deutschland nur verächtlich gemacht wird. Hier hat man schon weit schlimmeres fertig gebracht. Und so sind sich die Rassisten im Landratsamt, in den Redaktionsstuben der Lokalzeitungen und bei den deutschen Parteien einig. Flüchtlinge dürfen sich hier solange unter Kontrolle aufhalten, solange die Wirtschaft noch brummt und sie haben dafür dankbar zu sein, dass die Deutschen, die die Herkunftsländer jener Flüchtlinge ausbeuten, ihnen hier eine schimmlige Baracke und ein paar Lebensmittelgutscheine bereitstellen. Der Umgang der Behörden mit Asylbewerbern trägt nach wie vor die menschenfeindlichen Züge der Verwaltung von Untermenschen. Die Szenen, die sich allerorts in den Ausländerbehörden abspielen sind so bezeichnend wie widerlich. Wer sich einmal mit einigen Betroffenen darüber unterhalten hat, wird hier zustimmen müssen. Wie dumme Bittsteller sind die Flüchtlinge deutschen Bürokraten ausgesetzt und auf deren Wohlgefallen angewiesen. Dass sich wie in Zella-Mehlis gegen diese unmenschlichen Zustände Widerstand organisiert, sollte Initiativen mit emanzipatorischem Anspruch zur Unterstützung animieren. Der Kampf für die Rechte der Flüchtlinge ist notwendig, auch wenn diese Rechte trügerisch sind. Die Antifa Arnstadt erklärt deswegen ihre Solidarität mit den kämpfenden Flüchtlingen in Zella-Mehlis und anderswo. |
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