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![]() Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!Arnstadt: Antifaschistischer Stadtrundgangbr>Eintragsdatum: 2010-09-12 — Quelle: AGST Während sich in Pößneck die Thüringer Zivilgesellschaft gefeiert hat, weil die Nazis ihr "Fest der Völker" absagen mussten, fand in Arnstadt ein antifaschistischer Stadtrundgang statt. Gerade in Arnstadt ist es offensichtlich: Das eigentliche Problem sind nicht die Bestrebungen der Nazis gegen die Demokratie, sondern die staatstragenden Demokraten und ihre Ideologie selbst. Die organisierten Nazis in Arnstadt sind eine kleine, gefährliche Minderheit. Ihre Ideologie allerdings ist nicht nur im Arnstädter Rathaus durchgeschlagen, sondern in weiten Teilen der Gesellschaft. Ein kurzer antifaschistischer Stadtrundgang hat sich am vergangenen Samstag in drei Stationen dem Arnstädter Establishment und der zahnlosen Öffentlichkeit gewidmet.Als die erste Station des Stadtrundgangs bot sich gleich das frisch renovierte Arnstädter Rathaus an, die Residenz von Hans-Christian Köllmer. Folgende Worte wurden mit Hilfe eines Megafons nicht nur für die Rundgangsteilnehmer, sondern auch den Anwesenden auf dem Marktplatz, verlesen:
Wir stehen nun hier vorm Arnstädter Rathaus, der Residenz von Bürgermeister Hans-Christian Köllmer, der zwar demokratisch vom Volksmob gewählt wurde, aber keinen Zweifel daran lässt, dass seine Legitimation keine geringere ist, als die von Gottes Gnaden. Der Stadtfürst regiert nunmehr seit 16 Jahren selbstherrlich und unantastbar über sein Reich. Er beschreibt sich selbst als "aus einer bekannten, Heimat liebenden, gutbürgerlichen Arnstädter Geschäftsfamilie stammend" und unterhält mit seiner Wählergemeinschaft "Pro Arnstadt" enge Kontakte zur FPÖ nach Österreich und zur rechtspopulistischen sogenannten Bewegung "Pro Deutschland". Unter anderen sein Engagement in jenem Sammelbecken für gestrandete Nazis und reaktionäre CDU-Abtrünnige brachte ihm öffentliche Kritik ein, die bis in die bundesweite Presse reichte. Geschadet hat es seiner Machtfülle hier in Arnstadt jedenfalls nicht. Die jüngste Auseinandersetzung mit Köllmers Alleinherrschaft spielt sich gerade ab. Der Mann verweigert - mal wieder - einen ihm nicht genehmen Stadtratsbeschluss umzusetzen. In der Vergangenheit geschah das meist dann, wenn Köllmer Gegenveranstaltungen zu Naziaufmärschen einleiten sollte und sich weigerte. Diesmal geht es um eine Ausstellung über Opfer rechter Gewalt. Er möchte dieser unbedingt eine Ausstellung über linke Gewalt beifügen, um nicht aus dem Extremismus-Schema zu fallen und eine konstruierte Seite damit stärker zu betonen.
Die damit einhergehende Relativierung faschistischer Gewalt und die Ideologie vom Extremismus, der von den Rändern der Gesellschaft eine von allen Übeln freizusprechende Mitte bedroht, durchzieht Köllmers ganze Regentschaft. Erwähnt sei hier noch beispielhaft die Errichtung des Denkmals für die Opfer kommunistischer Gewalt in der Rosenstaße. Im Verlauf der Auseinandersetzung um dieses Denkmal offenbarte Köllmer immer wieder seine kruden freiheitsfeindlichen Vorstellungen. Er sei ein richtiger, echter Antikommunist betonte er auf einer Veranstaltung, bei der sich die Ideologen von "Pro Arnstadt" wissenschaftliche Unterstützung vom Hannah Arendt Institut in Dresden holten. Eine Veranstaltung, die zur Farce wurde. Köllmers Regentschaft stützt sich auf seine enorme Popularität bei ungebildeten und politisch regressiven Schichten der Stadt. Seine charismatische Rüpelhaftigkeit, die einen Populisten ausmacht, sicherte ihm ein ums andere Mal die Wiederwahl. Dass Köllmer ein zu spät gekommener Aristokrat ist, zeigt sich unter anderem daran, dass er nun den Anschein macht seine Tochter für die Übernahme des Amtes vorzubereiten, wenn er bei den kommenden Wahlen nicht mehr antreten darf. Dass diese ihrem Vater in nichts nachsteht, was Ideologie, Bildungsferne und Kritikresistenz angeht, hat sie in den letzten Monaten ihrer Stadtratstätigkeit eingehend unter Beweis gestellt. Das Fürstenhaus Köllmer hat Arnstadt also fest im Griff und kein Sturm auf die Arnstädter Bastille zeichnet sich ab. ![]() ![]() Danach ging es zur nur wenige Meter entfernten Redaktion des Arnstädter Stadt-Echos, wo klare Worte zur Politik des lokalen Schmierblattes gefunden wurden:
Wir befinden uns hier vor dem Büro des Arnstädter Stadtechos. Dabei handelt es sich um eine Zeitung die monatlich kostenlos im Raum Arnstadt verteilt wird, und die in der Vergangenheit immer wieder über sich Reden gemacht hat, weil sie an ihrer Nähe zum völkischen Denken und antisemitischer, rassistischer und nationalistischer Ideologie kaum Zweifel lässt.
Herausgeber des Stadtechos, das sich im Laufe der Jahre als ein inoffizielles Organ der Partei "Pro Arnstadt" um Hans-Christian Köllmer etabliert hat, war bis August 2009 Hans-Joachim König, der Anfang diesen Jahres als Referent bei einem Stammtisch von Pro-Deutschland wieder einmal deutlich seine politische Haltung zum Ausdruck brachte. Bereits im Jahr 2007, als Arnstädter Neonazis versuchten eine antifaschistische Kundgebung anzugreifen, bekundete König im Stadtecho seine Sympathie mit jenen. War er noch am Tag des versuchten Angriffs auf der Seite der Neonazis, vertieft ins Gespräch mit Patrick Wiedorn, zu sehen, ergriff er im nach hinein Partei für "die hier aufgewachsenen Menschen aus unserem Leben", wie er sie bezeichnet, und deren für ihn überzeugenden Argumente. Nennt er sie hier noch seine Kameraden von der nationalen Front, findet er zwei Jahre später, nachdem der Thüringentag der nationalen Jugend in Arnstadt stattfand, ähnlich liebevolle Worte, als er sie als die "Nationalen", von denen man ja halten könne was man wolle, umschreibt. Da verwundert es auch nicht, dass er im Stadtecho seinen "Kameraden" die Möglichkeit gibt ihre völkische Kapitalismuskritik unter die Menschen zu bringen, wie im Dezember 2009 in Form eines Leserbriefs von Patrick Wiedorn der Fall. Wo eine solche Nähe zu Neonazis besteht, darf es an Geschichtsrelativismus natürlich nicht fehlen. Aber -keine Sorge- auch hierfür ist Platz im Arnstädter Stadtecho. Exemplarisch sei hier die Vorstellung des Buches "1939- Der Krieg, der viele Väter hatte" genannt. Schon der Subtitel "Die Alleinschuldthese bleibt fraglich" lässt vermuten, worum es sich hierbei handelt. Es wird allerdings nicht nur die Alleinschuld Deutschlands am Krieg bestritten, der Autor des Buches geht soweit, zu behaupten, dass Deutschland der Krieg von den Franzosen und Briten förmlich aufgezwungen wurde. Von Appeasement-Politik scheinen sowohl Autor des Buches als auch Redakteure des Stadtechos noch nie etwas gehört zu haben. Wie bereits angeklungen, wechselte im August 2009 die Leitung des Stadtechos. Der Chefredakteur ist nun das "Pro-Arnstadt"-Mitglied Stefan Buchtzik. Mag der eine oder die andere für den Anfang Hoffnung geschöpft haben, gemäß der Erwartung: "Schlimmer kann es ja nicht werden" wurden diese sogleich bei der Vorstellung Buchtziks im Stadtecho zerstört, als er dort verlauten lässt, dass sich an der inhaltlichen Ausrichtung des Stadtechos nichts ändert. Was dann auch die weitere Lektüre offenbart, wo nahtlos an Königs geschichtsrelativistischen und latent antisemtischen Äußerungen angeknüpft wird. Da es sich beim Stadtecho um eine Zeitung handelt, die über Werbung finanziert wird, bleibt letztendlich nur noch zu hoffen, dass die Sponsoren, welche fast alle Unternehmen aus Arnstadt sind, endlich die Unterstützung des Stadechos versagen und diesem den Geldhahn zudrehen, damit uns in Zukunft der monatliche Anblick dieser in den Briefkästen erspart bleibt. ![]() ![]() Die letzte Station des Rundgangs war die Redaktion eines anderen Druckwerkes. Der Arnstädter Tageszeitung "Thüringer Allgemeine". Auch hier ging es u.a. um die Blattpolitik der konservativen Zeitung:
Wir befinden uns hier vor der Lokalredaktion der Thüringer Allgemeinen, der eigentlich einzigen Tageszeitung in Arnstadt. Die stetig fallende Zahl der Leser und Abonnenten hat mehrere Gründe: zum einen kann sich die Generation Hartz IV keine Tageszeitung mehr leisten und zum anderen interessiert sich der gemeine Arnstädter nicht mehr für die provinzjournalistisch aufgearbeiteten Informationen in der TA. Die selben inhaltslosen, system-affirmativen Textblöcke finden sich auch in der Bild-Zeitung und dort gibt es mehr bunte Bilder und größere Überschriften, was in Zeiten des totalen kulturindustriellen Zugriffs auf den Einzelnen, sowieso das 1. Gebot des bürgerlichen Journalismus ist. Die Bild-Zeitung und mit ihr das Arnstädter Stadt-Echo beherrschen etwas in Perfektion, was der TA noch nicht so recht gelingt, nämlich der Bevölkerung aufs Maul zu schauen und das zu schreiben, was die durch Massenmedien und Lohnarbeit zugerichteten Menschen gerne lesen und anschauen wollen. Es ist eine verheerende Wechselwirkung zwischen "Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis", schreiben Theodor Adorno und Max Horkheimer, "in dem die Einheit des Systems immer dichter zusammenschießt. Verschwiegen wird dabei, dass der Boden, auf dem die Technik Macht über die Gesellschaft gewinnt, die Macht der ökonomisch Stärksten über die Gesellschaft ist."
Doch die TA gibt sich Mühe aufzuschließen. Wenn zwischen den Platzheischenden Artikeln und Bildern über verschwundene Katzen und 80te Geburtstage doch mal etwas Politik in der Lokalzeitung zu finden ist, so trieft aus fast jedem Satz die Borniertheit der Redakteure, die sich arge Mühe geben, bloß keine politischen Wertungen abzugeben und die versuchen, als so etwas wie die Stimme der Vernunft wahrgenommen zu werden. Einer Vernunft, die als zweckrationale und standortschützende daher kommt, als ein Instrument der alles unterwerfenden Wirtschaftsapparatur. In der Arnstädter Lokalpresse grassiert eine Seuche, die als Kind der kapitalistischen Moderne verstanden werden muss: man leistet auf Geist Verzicht. Die Idee weicht dem bedingungslosen Einsatz für das nonplusultra der Gesellschaftserhaltung: der rastlosen Profitmaximierung und der einhergehenden Ausbeutung und Herrschaft des Menschen über den Menschen. Alles was der Erhaltung des Bestehenden im Weg steht, jede Abweichung von der Norm begreifen die Ideologen der Arnstädter TA, und nicht nur die, als Extremismus. Und nur als solchen kann sie die Vorgänge in und um Arnstadt und seinen naziaffinen Bürgermeister noch kritisieren, als jemand der zu weit, von der Norm abweicht. Die Frage, ob die skurrile Pro Bewegung und ihre Führer nun als Rechtsextremisten firmieren dürfen oder nicht - das ist das Entscheidende für ihre Bewertung und nicht die rassistische, nationalistische und antisemitische Ideologie und ihre Schnittmengen mit der verherrlichten, nicht vorhandenen gesellschaftlichen Mitte, in der sich die Autoren ja selber wähnen. Bisweilen wartet man in der TA auf Weisungen des Verfassungsschutz zu dieser Frage. Selber nachzudenken könnte ja auch zu nicht kalkulierbaren Erkenntnisgewinnen führen und wer will das schon. "Dumm und glücklich" lautet das heimliche Credo des kritikresistenten Provinzjournalismus, wo Kritik den Job kosten kann und Selbstkritik die eigenen regressiven Bedürfnisse und das, was diese Leute "Meinung" nennen, in Frage stellen müsste. ![]() |
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