Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Erfurt: Redebeitrag der Antifa Südthüringen auf Antifa-Demo am 1. Mai

Eintragsdatum: 2010-05-03Quelle: AGST

Zum Auftakt der antifaschistischen Demonstration am 1. Mai in Erfurt wurde ein Redebeitrag der Antifa Südthüringen zum Thema "Politische Gewalt" verlesen. Diesen könnt ihr nun hier nachlesen.

Redebeitrag zu politischer Gewalt

Es ist überall die selbe Scheiße. In irgendeiner Stadt brennen Mülltonnen, Baumaterial oder Autos und die Jagd auf die Chaoten nimmt ihren Lauf. Schon die Aussicht auf Randale ruft bei Politikern und Meinungsmachern Reflexe hervor, in die auch Teile der politischen Linken einsteigen. Schnell sind vor Naziaufmärschen und politischen Events die Störenfriede ausgemacht. Störend sind jene, die mit ihrer destruktiven Gewalt den kapitalistischen Frieden stören. Es sind jene Gruppen, die sich einfach nicht an die Spielregeln der deutschen Demokratie halten wollen. Also wir: Antifas, Punks und andere Unangepasste. Unter dem Motto: "Hauptsache es knallt" haben wir zu Gegenaktivitäten gegen den Naziaufmarsch in Erfurt mobilisiert, nicht weil wir es um jeden Preis eskalieren lassen wollen, sondern u.a. weil wir die pauschale, reflexhafte Ablehnung militanter Widerstandsformen blödsinnig finden und das Blockieren für den Standort Deutschland ablehnen.

Das Erfurter Blockadebündnis "Straßendate" schreibt in seinem Aufruf in vorauseilendem Gehorsam, von seinen Blockaden gehe keine Gewalteskalation aus. Als läge es überhaupt in der Hand der Nazigegner darüber zu entscheiden - geht doch die Gewalt bei solchen Veranstaltungen in der Regel von Polizei und Nazis aus. Hier wird den sogenannten Extremismus-Experten und Gewaltapologeten aus dem konservativen Lager Vorschub geleistet. Es entsteht der Eindruck man müsse sich voreilig von Gewalt distanzieren, um nur nicht in den Verdacht zu geraten der militanten Antifa nahe zu stehen. Überhaupt hat man nicht nur in Erfurt vor nichts mehr Angst, als vor militanten Widerstand gegen Naziaufmärsche und andere Abscheulichkeiten. Es gehört zu den Allgemeinplätzen kapitalistischer Demokratie, dass die Gewalt der antikapitalistischen Opposition die Spielregeln des demokratischen Einerleis überschreitet.

Gewaltanwendung wird verächtet, wer sich nicht allumfassend und ohne Fragen zu stellen von ihr distanziert, wird aus der demokratischen Gemeinschaft gebannt und ist als Diskussionspartner diskreditiert. Wir als Antifaschistische Aktion stellen uns bewusst gegen diesen Konsens. Wir hören nicht auf Fragen zu stellen. Die pauschale Verurteilung militanten Widerstands lehnen wir ab. Gewalt ist ein legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit einer gewaltförmigen Gesellschaft.

Jene, die heute eifrig dabei sind jede Form von Gewalt pauschal zu verurteilen und als verbrecherisch zu bezeichnen, sind die eigentlichen Verbrecher. Ihr Schweigen zementiert eine Gewalt die so enorm ist, dass sie gar nicht als solche wahrgenommen wird - die Gewalt kapitalistischer Herrschaft. Täglich verhungern weltweit tausende Menschen, weil der Kapitalismus die Ausnutzung der Ressourcen verweigert, wo es um die Abschaffung des Hungers geht. Diese Menschen schweigen, wenn an Europas Grenzen die Flüchtlingsströme vor Mauern gestoppt werden und wenn Prekarisierte von den Behörden drangsaliert werden. Das alles ist Gewalt, eine Gewalt, die es zynisch erscheinen lässt den Widerstand gegen Naziaufmärsche überhaupt mit dem selben Begriff zu fassen. Es ist die herrschende Ordnung des Kapitalismus, schreibt Herbert Marcuse, die nicht die wirklichen Verbrechen bestraft, sondern den Versuch diese Verbrechen aufzuhalten. Im Sinne dieser Ordnung ist nicht das Verhungern-lassen ein Verbrechen, sondern der Versuch den Hunger nachhaltig zu beenden, nicht die Abschiebung des Flüchtlings ist ein Verbrechen, sondern der Versuch diese Abschiebung zu verhindern. Ähnliches gilt bei Naziaufmärschen: Wenn Polizisten Menschen zusammenschlagen, weil sie sich Nazis ist den Weg stellen, wird das in der Öffentlichkeit selten überhaupt als Form von Gewalt wahrgenommen. Dagegen kommt es immer wieder vor, dass sogar Menschen, die sich an Sitzblockaden beteiligen vor Gerichte gezerrt werden. Es ist paradox. Wir leben in verkehrten Verhältnissen und Gewalt ist ein konstitutiver Bestandteil der Herrschaft unter der wir leben. Diese Verhältnisse gilt es umzuwerfen, wenn wir ein Leben in Freiheit für alle Menschen wollen.

Politische Gewalt ist gerechtfertigt; sie ist insofern gerechtfertigt, als dass sie als notwendige Gewalt gegen die herrschende Gewalt auftritt. Dabei bieten Ausschreitungen noch einen anderen Vorteil: Sie können nicht in konstruktive Verbesserungsvorschläge umgedeutet werden. Sie verneinen bedingungslos das Bestehende und jedes Gesprächsangebot. Zu oft wurden die notwendigen Proteste gegen Nazis und andere Scheuslichkeiten im Nachhinein instrumentalisiert, um Werbung für den Standort zu machen. Da hieß es dann Stadt X oder Landkreis Y wehrt sich gegen Nazis. Das soll dann gut sein für Tourismus und Gewerbe. Uns sind die Standorte Erfurt, Arnstadt oder Suhl scheißegal. Wir wollen nicht für Deutschland blockieren. Wir wollen die Strukturen, die uns zurichten, uns verwertbar machen, uns abstumpfen und uns am Leben hindern endlich aufbrechen. Dafür brauchen wir keine peacigen Reflexe gegen militanten Widerstand und schon gar nicht geäußert durch jene, die die wirkliche Gewalt beschweigen. Der Staat und seine Gefolgschaft sind keine Garanten des Friedens und der Freiheit, sondern das ganze Gegenteil.

Und trotzdem ist nicht jeder Gewaltausbruch, der sich mit der Ablehnung der Herrschaft legitimiert, sinnvoll oder begrüßenswert. Progressive Gewalt muss ihre Selbstaufhebung im Ende aller Gewalt anstreben. Gewalt ist dann gerechtfertigt, wenn sie Schlimmeres zu verhindern sucht, wenn sie im Sinne wirklicher Freiheit geschieht. Also beispielsweise dann, wenn Naziaufmärsche verhindert werden sollen, wenn gegen Abschiebungen vorgegangen wird oder wenn bessere Lebensbedingungen erkämft werden sollen. Wir kämpfen für ein Ende der Gewalt, für eine Ende der gewaltförmigen Gesellschaften, also für ein Ende Deutschlands und das Ende des Kapitalismus. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Ausbeutung und Unfreiheit ebenso zur Vergangenheit gehören, wie die kollektive Blindheit und Blödheit der herrschenden Ordnung.

Lassen wir es krachen!
Hauptsache es knallt!


Einen Bericht zum 1. Mai vom Infoladen Sabotnik findet ihr hier: [klick]
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