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Arnstadt: AG "Demokratie braucht Zivilcourage" in Existenzkrise

Eintragsdatum: 2009-06-29Quelle: AGST

Der 13. Juni 2009 ist vorbei. Der Naziaufmarsch ging reibungslos über die Bühne, was im Wesentlichen der rechtspoulistischen Fraktion um Bürgermeister Hans-Christian Köllmer zu "verdanken" ist. Doch auch im zivilgesellschaftlichen Lager rumort es. Der langjährige Vorsitzende der AG "Demokratie braucht Zivilcourage", Pfarrer Michael Damm, legte nach dem Fiasko um den 13. Juni jetzt aus Protest sein Amt nieder.

"Ein Bürgermeister, dem Nazis zu links sind"

Was am 13. Juni und vor allem im Vorfeld geschah, ist bekannt. Der Arnstädter Bürgermeister Hans-Christian Köllmer (Pro Arnstadt) hofierte militante Neonazis durch Arnstadt und half ihnen ein Fest der Menschenverachtung auf die Beine zu stellen. Von einer solchen Hilfsbereitschaft waren selbst die Nazis überrascht. Es dauert eine Weile, um vergleichbare Beispiele zu finden, bei denen eine Stadt ihren Nazis so unter die Arme griff. Köllmer hatte an den Nazis lediglich zu kritisieren, dass ihm diese zu weit links seien ("Im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin").

Zur gleichen Zeit weigerte sich Köllmer einen mehrheitlich gefassten Beschluss des Stadtrates, freilich gegen die Stimmen seiner Fraktion, umzusetzen. Köllmer sollte eine Gegendemonstration gegen den Naziaufmarsch einleiten, die die vom Stadtrat für solche Aufgaben eingesetzte AG "Demokratie braucht Zivilcourage" ausgestalten sollte. Er weigerte sich und versuchte sogar der AG die Legitimation für die Organisierung von Gegenaktivitäten zu entziehen.

Vergeblich. Die Gegenkundgebung der AG Demokratie fand statt. Es war ein vergleichsweise kleines Häufchen Nazigegner_innen, das gegen den Naziaufmarsch im Herzen der Stadt protestierte. Bei der Gegendemonstration der Antifa fanden sich etwa vier mal so viele Menschen ein (ca. 400), obwohl die bürgerlichen Nazigegner_innen und Medien sich keine Mühe gaben diese zu bewerben, ganz im Gegenteil zu ihrer eigenen Veranstaltung.

"Gründung eines freien Bündnisses gegen Rechts"

Das alles und vieles mehr, bewog den langjährigen Vorsitzenden der AG "Demokratie braucht Zivilcourage", Pfarrer Michael Damm, sein Amt unter Protest nieder zu legen und für die Auflösung des Gremiums zu plädieren. Damm stand der AG in einer Zeit vor, die geprägt war von zahllosen Naziaufmärschen und -übergriffen, sowie von einer Verschiebung des politischen Mainstreams in Arnstadt, in der sich die Konservativen zunehmend den Nazis annäherten. Er war zu keiner Zeit umstritten.

Damm selbst will die Arbeit gegen Neofaschismus nicht einstellen. Er will zur Gründung eines freien Bündnisses gegen Rechts in Arnstadt aufrufen. Was in anderen Städten längst erfolgreich so gehandhabt wird, ist in der Arnstädter Zivilgesellschaft noch umstritten. Die Loslösung vom Stadrat würde die Nazigegner_innen ihren finanziellen Grundlage und der parlamentarischen Hebel berauben. Trotzdem, so das Ergebnis der letzten Sitzung, will die Mehrheit der AG dem Stadrat die Vertrauensfrage stellen.

Dass sich der Restzweifel dann bald von selbst auflösen könnte, liegt daran, dass sich mit den Wahlen vom 7. Juni 2009 die Mehrheitsverhältnisse im Arnstädter Stadtrat verschoben haben. Rechtspopulisten (Pro Arnstadt) und Konservative (CDU) verfügen zusammen über 14 von 30 Sitzen. Das Abstimmverhalten von Bürgerforum und FDP (je zwei Sitze) ist zudem fraglich.

Auch wenn die Selbstauflösung, wie von Damm angeregt, keine mehrheitliche Zustimmung fand, könnte die AG beim Entzug der Legitimation durch den Stadtrat bald Geschichte sein und einem freien Bündnis gegen Rechts stände nichts mehr im Weg.

Presse:

24.06.09 - TA
Rücktritt unter Protest

ARNSTADT (ep). Aus Protest gegen die Haltung der Stadtverwaltung, des Bürgermeisters und des Stadtrats in Zusammenhang mit der Demonstration am 13. Juni gegen Rechts will Pfarrer Michael Damm heute seinen Rücktritt als Vorsitzender der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" bekannt geben - und für eine Auflösung des Gremiums plädieren.

"Der 13. 6. ist vorbei. Nun muss ich den Schritt tun, der lange überfällig ist". So beginnt das Schreiben, das Pfarrer Michael Damm heute Abend vor der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" verlesen will. Nach diesem Abend hat sie keinen Vorsitzenden mehr und es ist fraglich, ob sie überhaupt weiter existieren wird. Denn Michael Damm will nicht nur seinen Chefposten "unter Protest" niederlegen, sondern auch für die Selbstauflösung des Gremiums plädieren.

Anlass für den Rücktritt sind die Querelen um die Reaktion der Stadt auf die Anmeldung einer rechten Demonstration für den 13. Juni. "Die AG wurde vom Stadtrat eingesetzt, der anscheinend nicht in der Lage ist, entscheidende, mehrheitlich gefasste Beschlüsse umzusetzen", so Damm. Denn es war ein Stadtratsbeschluss, dass die Stadt Arnstadt mit einer gemeinsamen Veranstaltung auf die rechte Kundgebung reagieren soll. Aber das wurde vom Bürgermeister nicht umgesetzt.

"Dem Stadtrat steht ein Bürgermeister vor, dem Nazis zu links sind", so Damm in Anspielung auf die Äußerung von Hans-Christian Köllmer, "im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin". Er sei es leid, vom Bürgermeister und "einigen anderen" diffamiert und in der AG-Arbeit behindert zu werden, sagt Michael Damm: "Ich habe den Eindruck, dass die AG eigentlich vom Stadtrat gar nicht wirklich gewollt ist".

Mit dieser Haltung der Stadträte begründet Michael Damm auch seinen Vorschlag, die AG nun ganz aufzulösen. Er selbst aber will weiter kämpfen: "Ich werde nach der Sommerpause zur Gründung eines freien Bündnisses gegen Rechts in Arnstadt aufrufen."


27.06.09 - FW
Septembersitzung
Arbeitsgruppe Zivilcourage macht ohne Damm weiter
Arnstädter Stadtrat will der AG Vertrauensfrage stellen

Von Berit Richter

Arnstadt - Am 28. September 2000 fasste der Stadtrat den Beschluss, alle Bürger zur Mitarbeit an der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" aufzurufen. Neun Jahre später könnte er ihr Ende beschließen. In der Septembersitzung des neuen Stadtrates will man die Vertrauensfrage stellen, denn zuletzt häufte sich der Eindruck, man sei nicht bei allen Fraktionen erwünscht.

Michael Damm, der die AG drei Jahre leitete, trat deshalb Donnerstag Abend zurück (siehe Freies Wort vom Freitag). Mit ihm verkündeten auch Christian Hühn (SPD) und Jörg Kaps, der die Aktion Stolpersteine maßgeblich initiierte, das Ende ihrer Mitarbeit. Zur von Damm angeregten Selbstauflösung der AG kam es aber nicht.

"Eine Auflösung wäre ein Signal in die falsche Richtung", sagte Gerhard Pein (Die Linke), der als Damms Stellvertreter nun die Leitung übernahm. Damit würde man Bürgermeister Hans-Christian Köllmer (ProA) nur in die Karten spielen. Dass Damm mit seinem Rücktritt ein Zeichen setze, sei richtig und wurde auch von anderen AG-Mitgliedern begrüßt.

Doch zwei wichtige Vorhaben sollen unbedingt noch in die Tat umgesetzt werden. Da wäre zum einen die diesjährige Aktion Stolpersteine am 20. August, zum anderen die Gedenkveranstaltung "20 Jahre friedliche Revolution" am 30. September. "Der Bürgermeister hat der AG oft vorgeworfen, zu linkslastig zu sein. Wir wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, sie hörte nun auf, bevor ein für die Linken vielleicht unangenehmeres Thema ansteht", begründete Pein, warum man unbedingt bis dahin weitermachen wolle.

Gibt es aber kein klares Votum des Stadtrates für die AG könnte am 1. Oktober Schluss sein. Mehrere Vertreter haben schon angekündigt, in dem von Pfarrer Damm angedachten freien Bündnis gegen Rechts mitarbeiten zu wollen.
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