Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Arnstadt: Mehr als 400 Menschen auf Antifa-Demo / Schulterschluss zwischen Nazis und Konservativen

Eintragsdatum: 2009-06-15Quelle: AGST

Der 13. Juni 2009 wird sich in das politische Gedächtnis der Stadt Arnstadt einbrennen. Es ist der Tag an dem in Arnstadt ein historischer Schulterschluss vollzogen wurde. Konservative und Neonazis feierten zusammen in guter Nachbarschaft ihre Feste, während in der Innenstadt hunderte Menschen gegen die Arnstädter Zustände auf die Straße gingen.

Mehr als 400 Menschen auf Antifa-Demo

Es war die wohl größte antifaschistische Demonstration in Arnstadt seit den 90er Jahren. Die Mobilisierung des Antifaschistischen Aktionsbündnisses trug Früchte. Am Bahnhof starteten gut 300 Menschen, im Verlaufe schlossen sich immer mehr Menschen der Demonstration an. So wuchs die Antifa-Demo zeitweise auf über 400 Personen an. Unter ihnen vor allem junge Menschen aus Antifa, linken Jugendinitiativen, Gewerkschaften und Parteien. Trotz der relativ langen Strecke war auf der Demo eigentlich durchgehend gute Stimmung, die durch einige Pyros und laute Parolen nach außen getragen wurde. Am Hauptbahnhof thematisierte das Bündnis in einem Redebeitrag die unhaltbaren Zustände in der Kleinstadt (Auftaktredebeitrag). Nachdem die entschlossene und laute Demonstration am Straßburg-Kreisel an einer menschenleeren Bürgerkundgebung vorbeizog (die bürgerlichen Nazigegner_innen waren inzwischen beim Friedensgebet), lief man ins Arnstädter Westviertel, wo die Konzentration von Nazis bekanntlich etwas höher ist, als im Rest der Stadt. Hier gab es einen Redebeitrag zu Nazistrukturen in Arnstadt (lesen). Vom Westviertel ging es wieder Richtung Innenstadt, mit einem Kurzstopp am antikommunistischen Denkmal in der Rosentraße, wo der Infoladen Arnstadt dafür plädierte die DDR nicht mit dem Kommunismus zu verwechseln (lesen). Danach ging es nochmal Richtung Bürger_innenkundgebung. Diese war inzwischen (das Friedensgebet war vorbei) wieder besser besucht. Dort staunte man nicht schlecht über die verhältnismäßig große Antifa-Demo. Im Vorfeld gaben sich die bürgerlichen Nazigegner_innen keine Mühe auch die Demonstration der Antifa zu bewerben. Nach einer Extrarunde durch den Kreisverkehr, die Polizei war außer sich vor Empörung, ging es Richtung Abschlusskundgebung. Diese fand nach dem lautstarken Durchqueren der Innenstadt am Markt statt. Dort meldete sich spontan eine Frau aus Arnstadt zu Wort, die sich über die rege Teilnahme erfreute und Kritik an der Stadt äußerte. Auch Stadträtin Sabine Berninger meldete sich dankend zu Wort. Nach Redebeiträgen über das Verhalten der Stadt und ihres Bürgermeisters (lesen) und zum Extremismus-Begriff (lesen) löste das Antifaschistische Aktionsbündnis die Kundgebung frühzeitig auf und begab sich zur Kundgebung der AG "Demokratie braucht Zivilcourage". Einige Antifas lieferten sich auch noch das ein oder andere Scharmützel mit der Polizei.
Diese erwies ihren Ruf bei lästigen und unnötigen Vorkontrollen und Provokationen wieder alle Ehre. Doch trotz des Heraufbeschwörens der Gewalt schon im Vorfeld durch die Polizei, blieben die Demonstrationsteilnehmer_innen besonnen und ließen sich nicht auf das Spiel ein.

Wiedorn, Köllmer und andere Nazis

Es waren nur zwischen 200 und 250 Neonazis, die an diesem Tag den Weg in den Arnstädter Schlosspark antraten. Die Veranstalter, um Patrick Wiedorn und Ralf Wohlleben, hatten wohl mit weit mehr Resonanz aus der braunen Szene gerechnet. Von einem Mobilisierungserfolg der Neonazis kann also keine Rede sein. Und trotzdem dürften die Neonazis mit einem Lächeln an diesem Tag zurückdenken. Sie haben einen einflussreichen Unterstützer gewonnen: Arnstadts Bürgermeister Hans-Christian Köllmer, der alles tat, um es den Neonazis so gemütlich wie nur irgendwie möglich zu machen. Schon im Vorfeld des Nazifestes ließ Köllmer alle demokratischen Hüllen fallen und gab sich als Nazifreund zu erkennen (AGST berichtete). Noch einen Tag vor dem "Thüringentag der nationalen Jugend" ließ Köllmer ein Anti-Nazi-Graffiti im Stadtpark überstreichen und die Plakate der AG "Demokratie braucht Zivilvourage" wieder abhängen.

In direkter Nachbarschaft zum Nazifest feierte die konservative Stadtadministration zusammen mit dutzenden schaulustigen Bürgerinnen und Bürgern ihr Schlossfest.
Die vollmundige Ankündigungen der Versammlungsbehörde, man werde den Nazis den Stecker ziehen, sobald sie die beauflagten 70 Dezibel Lautstärke überschreiten, erwies sich als Lüge. Die Hass-Reden der Neonazis und ihre Musik drangen bis zum Schlossfest durch. Gestört hat sich daran sicher niemand. Zwischenzeitlich soll sogar reger Besucher_innenverkehr zwischen Nazifest und Stadtfest bestanden haben.

Köllmer ist es damit gelungen das Bild der Nazis in der Öffentlichkeit aufzupolieren, denn so schlimm kann ja eine Gruppierung nicht sein, die einen Bürgermeister von Arnstadt ihren Unterstützer nennen kann. Der Stadtfürst sieht sich bestätigt. Nicht zuletzt durch die Stadtratswahlen, bei denen Köllmer nicht nur die meisten Stimmen einfuhr, seine Wahlvereinigung "Pro Arnstadt" legte kräftig zu und stellt nun die größte Fraktion im Arnstädter Stadtrat. Die antidemokratische und rechtspopulistische Vereinigung profitiert davon, dass ihren Mitgliedern die halbe Stadt (Immobilen, Unternehmen, etc.) gehört. Die Mehrheit der Arnstädter Bevölkerung scheint sich also einen Bürgermeister zu wünschen, der sich aufführt wie ein bornierter Trampel. Wenigstens die Lokalpresse hat inzwischen kapiert, woran man mit Köllmer ist. Im Vorfeld der Demo gab es reichlich Kritik am Stadtfürst. Nur nicht zu radikal, versteht sich.

Die Aftershow-Party der Nazis fand, wie befürchtet in Kirchheim statt (AGST berichtete). Ob dort Kategorie C auftrat, ist nicht bekannt.

Im nächsten Jahr soll der 9. "Thüringentag der nationalen Jugend" in Ilmenau stattfinden. Wir wollen dann an den Erfolg in diesem Jahr anknüpfen und wieder gegen das Nazifest vorgehen!

Bilder:



























Bilder der Nazikundgebung gibt es bei Recherche Ost: [klick]

Presseartikel findet ihr auf der Mobiseite: [klick]

Redebeiträge:


Auftaktredebeitrag zum Thüringentag der nationalen Jugend

Am heutigen Samstag findet hier im Arnstädter Schlosspark der 8. "Thüringentag der nationalen Jugend" statt. Dabei handelt es sich um ein traditionelles Fest der Thüringer Neonazis, welches jedes Jahr eine andere Thüringer Stadt belästigt.

Eigentlich sollte der diesjährige Thüringentag in der Landeshauptstadt Erfurt stattfinden. Doch die dortigen Neonazis sind restlos zerstritten und nicht in der Lage ein solches Fest zu organisieren und abzusichern. Zudem rechnet man wohl berechtigterweise im kleinen Arnstadt mit weit weniger Widerstand gegen das Fest, sowohl seitens der Behören, als auch der Nazigegnerinnen und -gegner. Aus Angst vor Ausschreitungen wollte die NPD das Fest in diesem Jahr sogar ganz ausfallen lassen. Die Partei hatte Angst vor schlechter Presse im Superwahljahr.

Das ließen sich die sogenannten "Freien Kräfte" und ihr Anhang auch innerhalb der Partei nicht gefallen. Sie meldeten ihr Traditionsfest ohne den Segen der NPD an, was innerhalb der Naziszene wochenlang zu Auseinandersetzungen führte.

Doch die Rechnung der Neonazis ging auf. Arnstadt erwies sich nicht nur dank seiner zentralen Lage und der Nähe zur Landeshauptstadt als hervorragender Standort für neofaschistische Demonstrationen und Kundgebungen, sondern auch wegen der unfassbar wohlwollenden Landkreis- und Stadtverwaltung. Die Neonazis wurden förmlich hofiert und konnten wohl selbst gar nicht glauben, wie freundlich und entgegenkommend man ihnen hier gesinnt ist.

Sie bekamen ohne langes Gezeter den wohl geeignetesten und schönsten Platz der Stadt zugesprochen, den Theatervorplatz im Stadtpark. In direkter Nachbarschaft, also etwa 50 - 100 Meter Luftlinie, feiert die Stadt ihr eigenes Schlossfest, keine Gegenveranstaltung, sondern ein städtisches Traditionsfest. Bürgermeister Köllmer stört es anscheinend nicht, wenn in unmittelbarer Hörweite zu seinem Fest, Nazis ihre Hetze ins Micro donnern. Was in anderen Städten ein willkommender Grund ist, die Neonazis und ihr Fest zu verbieten oder wenigstens an den Stadtrand zu verbannen, ist in Arnstadt eher Zeichen eines perfiden Schulterschlusses einer Stadt mit ihren Nazis. Dass Köllmer mit Fug und Recht als Nazifreund zu bezeichnen ist, soll hier an anderer Stelle noch thematisiert werden.

In den vergangenen Jahren, als das Fest noch unter dem Banner der, sich bieder gebenden, NPD stand, fanden sich zum Thüringentag jeweils etwa 200 bis 500 Neonazis aus ganz Thüringen ein. In diesem Jahr könnte sich der Charakter des Thüringentages radikal wandeln. Die NPD hat sich ganz aus der Organisierung zurückgezogen und überlässt den offensiver und aggressiver agierenden "Freien Kräften" das Feld. Auch die Mobilisierung ist in diesem Jahr eine andere. So sind zum Nazifest Redner aus Sachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und sogar aus Prag angekündgt. Aus dem regionalen Nazifest könnte ein überregionales Nazievent werden. D.h. Arnstadt könnte heute der größte Naziaufmarsch seit den Deutschlandtreffen der DVU in den frühen 90er Jahren bevorstehen.

Die auftretenden Bands kommen zum Teil aus dem militanten Blood & Honour-Spektrum. Was für eine Radikalisierung des Thüringentages spricht. Wir müssen heute mit hunderten sogenannten "Autonomen Nationalisten" und "Freien Kräften" rechnen, die vor brutalen Angriffen auf Antifas und Migrantinnen und Migranten nicht zurückschrecken werden.

Wir wollen heute mit einer kraftvollen Demonstration zeigen, dass wir faschistische Feste in Arnstadt und anderswo niemals widerstandslos hinnehmen werden. Wir wollen keine Städte, in denen bürgerliche Politikerinnen und Politiker den Neonazis bei ihren Hasstiraden zur Seite stehen. Wir kämpfen für eine politische Kultur, in der alle Menschen angstfrei verschieden sein können, eine Gesellschaft in der alle Menschen in vollkommener Freiheit und sozioökonomischer Gleichheit leben können.

In diesem Sinne:

Gegen Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus, Sexismus, Kapitalismus und andere Zumutungen!
Gegen Deutschland und seine Nazis!



Redebeitrag zu Nazistrukturen in Arnstadt

In Arnstadt gibt es etwas, wovon weder die erzkonservative Stadtadministration, noch die mediale Öffentlichkeit etwas wissen wollen, nämlich Nazistrukturen und faschistische Tendenzen, die längst wieder dort angekommen sind, wo sie zu einer realen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit jener Menschen werden können, die nicht ins Weltbild jener Ideologen passen.

Eine Zeit lang schien es so, als ob organisierte Neonazis nicht mehr in Arnstadt aktiv seien. Nach den zahlreichen Kundgebungen und der Demonstration sowie den zahlreichen Übergriffen in den Jahren 2004 bis 2007, kehrte relative Ruhe ein. Die Tarnvereine der Neonazis wurden inaktiv, der NPD-Kreisverband existiert nur noch auf dem Papier, einige Kader verließen die Stadt, die Kameradschaft Ilmkreis trat nicht mehr öffentlich in Erscheinung.

Derzeit sind es vor allem zwei Organisationsstränge, die die Implosion faschistischer Strukturen überlebt haben. Die völkischen HDJ-Strukturen und die sogenannten "Freien Kräfte", die sich zunehmend den sogenannten "Autonomen Nationalisten" annäherten.

Ende des Jahres 2007 schlossen sich Arnstädter Neonazis der Kameradschaft "Freie Kräfte Südthüringen" (FKST) an und folgten dem Vorbild der Antifa, die sich schon länger regional zusammengeschlossen hatte. Seitdem nahmen auch die Aktivitäten in Arnstadt wieder zu. Bereits im Sommer 2007 griffen Neonazis der "Freien Kräfte Südthüringen" zusammen mit Arnstädter Kameraden eine Antifa-Kundgebung in der Arnstädter Innenstadt an.

Nach der Auflösung der "Freien Kräfte Südthüringen" im Sommer 2008 bildete sich eine lose Nachfolgeorganisation mit dem Namen "Freie Kräfte Mitte/Süd". Der Arbeitsschwerpunkt hatte sich bereits vorher mehr und mehr in den Ilmkreis verlagert.

Ein einflussreicher Kader dieser Naziorganisation ist Patrick Wiedorn aus Arnstadt. Wiedorn ist schon seit einigen Jahren in der neofaschistischen Szene aktiv und organisierte in den letzten Jahren viele Nazikonzerte. Er war Mitglied der mittlerweile verbotenen militanten Naziorganisiation "Blood & Honour" und steht unter dem Verdacht diese illegal weiterzuführen. Wiedorn arbeitet zudem an einen Videoprojekt namens "Media pro patria", in welchem in immer gleicher Weise Südthüringer Neonazis durch das Bild laufen und ihre Verschwörungsphantasien und Hasstiraden zum Besten geben. Wiedorn ist der Anmelder des heutigen Nazifestes.

Neben den sogenannten "Freien Kräften" gibt es Arnstadt noch eine andere Gruppe aktiver Neonazis, nämlich die "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ). Diese Organisation ist eine Art Nachfolgerin der Hitlerjugend. Hier werden Zeltlager für Kinder aus Neonazifamilen organisiert und die Kinder im Geiste des Nationalsozialismus erzogen. Die "Heimattreue Deutsche Jugend" ist Anfang diesen Jahres vom Innenministerium verboten wurden.

Im April diesen Jahres sollte eine antifaschistische Infoveranstaltung über genau diese Organisation in der Arnstädter Musikschule stattfinden. Die Infoveranstaltung wurde von etwa 40 Neonazis blockiert. Die Polizei war erst nach Stunden in der Lage die Neonazis des Hauses zu verweisen.

Bereits einige Tage zuvor demonstrierte das selbe Klientel spontan durch ein Arnstädter Stadtviertel, um gegen das Verbot der "Heimattreuen Deutschen Jugend" zu demonstrieren. Eine andere spontane Demonstration der Neonazis in Arnstadt fand schon zu Beginn dieses Jahres statt. Die Neonazis nahmen den Verteidigungskrieg Israels gegen die Hamas im Gaza-Streifen zum Anlass, um gegen das zionistische Projekt im Nahen Osten zu hetzen und ihren antisemitischen Vernichtungsgebahren gegen die Juden Ausdruck zu verleihen.

Zusammenfassend lässt sich sagen die Arnstädter Neonazis sind gut organisiert, in Thüringen bestens vernetzt und jederzeit dazu in der Lage spontan mehrere dutzen Faschisten auf die Straße zu bringen. Sie sind nach wie vor eine Gefahr für die Unversehrtheit und das Leben all jener, die aufgrund von Herkunft, politischen, religiösen und sexuellen Orientierungen oder aufgrund von Äußerlichkeiten nicht ihrer Weltanschauung entsprechen. Wir dürfen in unseren antifaschistischen Engagement nicht nachlassen.

In diesem Sinne:

Nazistrukturen aufdecken und angreifen!



Redebeitrag des Infoladen Arnstadt zum antikommunistischen Denkmal

Wir stehen hier in der Rosenstraße, wo am 13. August 2008 das lang umstrittene Denkmal für Opfer kommunistischer Gewalt eingeweiht wurde. Begeisterter Befürworter des Denkmals ist Arnstadts rechtspopulistischer Bürgermeister Hans-Christian Köllmer, der sich diese Gelegenheit nicht nehmen ließ und seine antikoministische Hetze verbreitete.

Die Aufschrift des Denkmals lautet "Den Opfern Kommunistischer Gewalt 1945-1989". Die Namenswahl ist hier kein Zufall. Den Initiatoren des Denkmals geht es wahrscheinlich nicht um die Opfer des DDR-Regimes, sondern um eine Abrechnung mit der DDR und der kommunistischen Idee. Beides wurde in Folge gleich gesetzt.

Wir sagen: Die DDR war nicht der Kommunismus!

Für uns ist der Kommunismus der Weg zu einer klassenlosen, hierarchiefreien und freiheitlichen Gesellschaft, in der die Menschen miteinander kommunizerend für ihre eigenen Bedürfnisse poduzieren und in maximaler individuellen Freiheit leben. Armut und Ungleicheit werden mit dem Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit aufgehoben. Die Menschen werden nie wieder hungern müssen, weniger arbeiten und trotzdem besser leben. Sie werden sich nicht mehr in Konkurenz zu einandern wahrnehmen, sondern sich über Grenzen hinweg weltweit miteinander solidarisieren. So sähe der Kommunismus aus. Zumindest wenn es nach den Vertreter_innen eines freiheitlichen Kommunismus ginge.

Die DDR, die Sowjetunion, China, Kuba oder Nordkorea entsprachen diesem Bild nicht mal ansatzweise. Trotzdem müssen sie heute herhalten, um den Kampf für eine befreite Gesellschaft, frei von den Zwängen des Marktes und des Staates, zu diskreditieren. Die kommunistische Idee wird mit den untergegangenen staatskapitalistischen Gebilden des Ostblockes bzw. einigen immer noch dahinvegetierenden Satelliten gleichgesetzt. Die Idee hinter dieser Gleichsetzung ist der Wunsch des konservativen Mainstreams in Deutschland, die Bewegung für die wirkliche Befreiung der Menschheit zu delegitimieren.

Nichts anderes wollten die Konservativen und Liberalen in Arnstadt, als sie einem Denkmal für die DDR-Verfolgten in der Rosenstraße den Stempel des Kommunismus aufdrückten. Nachdem dieses Denkmal von politischen Aktivist_innen besprüht wurde, entfachte sich eine öffentliche Diskussion. Dabei gingen den Antikommunisten scheinbar die Argumente aus. Sie holten sich wissenschaftliche Unterstützung und organisierten eine Veranstaltung mit Uwe Backes, einem national-konservativen Wissenschaftler und Ideologen, der die These von der Vereinbarkeit von Kommunismus und Unfreiheit wissenschaftlich begründen sollte. Die Veranstaltung wurde zur Farce. Nichtmal dem ehrgeizigen Backes gelang es die Position der Konservativen zu rechtfertigen. Er verstrickte sich laufend in Widersprüche. Die Veranstaltung wurde durch populistisches Gejaule von Bürgermeister Köllmer und seiner Waffenlobby vollends zur politischen Bloßstellung der Ideologen im Arnstädter Rathaus.

Hier wollen wir einen Gegenpol zu der von Köllmer und co. betriebenen Geschichtsfälschung bieten. Wir plädieren für einen besonnenen Umgang mit der Geschichte der DDR. Diese ist zwar alles andere als rühmlich, aber rechtfertigt noch lange keine Vergleiche mit dem Dritten Reich. Diese Vergleiche gab es von Seiten der Konservativen in Arnstadt zu Hauf. Dabei steht eines fest: Es hat in der DDR weder ein Auschwitz gegeben, noch einen deutschen Vernichtungskrieg. Alle Vergleiche der DDR mit dem Dritten Reich dienen lediglich zwei Motiven. Es geht um die Relativierung der deutschen Schuld am Holocaust und Vernichtungskrieg bzw. die Beschönigung des Nationalsozialismus. Zum anderen soll durch die Dämonisierung der DDR die Idee des Kommunismus beschmutzt und heutige Kommunist_innen diffamiert werden.

Doch die kommunistische Theorie steht im Widerspruch zum Realsozialismus, so wie sie im Widerspruch zum Kapitalismus steht. In einer Welt, in der alle fünf Sekunden irgendwo ein Kind verhungert, wo Menschen trotz unglaublicher Überproduktion und technischer Möglichkeiten schlecht leben müssen, möchten wir nicht leben.

Wir sagen: Die Zukunft muss dem Kampf für eine freie Gesellschaft gehören, in der es Armut und sozioökonomische Ungleichheiten nicht mehr geben darf.

Her mit der Utopie! Für einen libertären Kommunismus!



Redebeitrag über das Verhalten der Stadt und ihres Bürgermeisters

Wir haben uns heute hier versammelt, um dem neonazistischen "Thüringentag der nationalen Jugend" mit einer kraftvollen, antifaschistischen Demonstration entgegenzuwirken. Das Zustandekommen dieses überregional bedeutsamen Nazifestes in repräsentativer Lage, inmitten des Schlossparks - direkt vor dem Theater, verdanken die Nazis nicht zuletzt Arnstadts Bürgermeister Hans-Christian Köllmer. Sowohl in der jüngst geführten Debatte um den Naziaufmarsch am heutigen Tag, als auch in Diskursen, die in der Vergangenheit verortet sind, ließ Köllmer keinen Zweifel daran, wessen Geistes Kind er ist.

Bereits im Jahr 2007 blockierte Köllmer eine Aufklärungskampagne antifaschistisch engagierter Jugendlicher. Die Jugendlichen planten, neben zahlreichen anderen Aktivitäten, eine Informationsveranstaltung in Arnstadt. Es sollte in einem städtischen Jugendclub über rechte Codes und Szenekleidung referiert und diskutiert werden. Entgegen jeglichen Vernunftdenkens wurde die Nutzung des Jugendclubs durch den Bürgermeister verwehrt. Die Jugendlichen mussten die Veranstaltung in einem Alternativobjekt stattfinden lassen.

Auch Köllmers Beziehungen zu Rechtspopulisten und Nationalkonservativen in Österreich bedürfen einer expliziten Erwähnung. Köllmer war ein enger Freund des mittlerweile durch einen Autounfall zu Tode gekommenen Jörg Haider. Auch pflegt Köllmer gute Kontakte zu Siegfried Kampl, einem treuen Weggefährten Haiders bis zu dessen Tod, der seinerseits durch verschiedene Skandale in die mediale Öffentlichkeit geriet. So sprach sich Kampl gegen die Rehabilitierung von Wehrmachtssoldaten aus, bezeichnete diese als "zum Teil Kameradenmörder" und echauffierte sich über eine "brutale Naziverfolgung" in Österreich nach dem Ende des Nationalsozialismus.

Neben den Eskapaden aus vergangenen Tagen, zu denen auch der bereits legendäre "Ich bin die Waffonlobby"-Aufkleber am Dienstbenz zu zählen ist, war Köllmer auch in der jüngeren Entwicklung der Stadtgeschichte immer für einen Skandal zu haben. Besondere Freude scheint ihm hierbei die offensichtliche Verdrehung der Geschichte, sowie eine öffentliche Positionierung als Nazifreund, zu bereiten. Bei einer Veranstaltung mit dem erzkonservativen Hannah Arendt Institut für Totalitarismusforschung in der Arnstädter Musikschule, ließ er vollmundig verlauten, er sei ein "Antikommunist, ein richtiger, echter Antikommunist". Damit gab sich der nimmersatte Bürgermeister jedoch mitnichten zufrieden. So raunzte er, noch im selben Atemzug und nunmehr völlig in Rage geraten, dass Kommunisten "rotlackierte Faschisten" seien.

Für den wohl vorläufigen Höhepunkt dieser Chronologie der geistigen Umnachtung sorgte der Bürgermeister, indem er seinem Ruf als verkappter Altnazi erneut beglaubigte, als er bei einer Stadtratssitzung für einen Eklat sorgte. Nach einer Kritik seitens Stadtrat Gerhard Pein an Köllmers zurückweisenden Umgang mit der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" hinsichtlich einer Gegenveranstaltung zum "Tag der nationalen Jugend" konnte dieser nicht mehr an sich halten und riss sich seine demokratische Maske erneut vom Gesicht. Er entgegnete: "Manche könnten von mir sagen: Vielleicht ist er ein bisschen Nazi. Ich sage Nein! Im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin." Gerhard Pein verließ daraufhin den Plenarsaal.

Mit diesem Statement brachte Köllmer seine Kritikpunkte am Nationalsozialismus deutlich zur Geltung. Eine zu starke Anlehnung an den Sozialismus, oder eher an das, was er für den Sozialismus hält. Wie absurd und rassistisch diese Aussage nun ist, zeigt sich nicht zuletzt im Hinblick auf die vielen unschuldigen Menschen, die von Nazideutschland ermordet wurden. Ginge es nach Köllmer, so wäre industrieller Massenmord nicht einer der eklatanten Kritikpunkte am Nationalsozialismus, sondern vielmehr eine von ihm herbei halluzinierte Anlehnung an staatskapitalistische Systeme. Damit identifiziert er sich wohlwollend mit wesentlichen Merkmalen nationalsozialistischer Ideologie. Lediglich eine vermeintlich antikapitalistische Einstellung trennt ihn nun noch von modernen Neonazis. Trotz aller geschichtsrevisionistischen Bemühungen seitens Köllmer bleibt eines jedoch Fakt: ein Auschwitz hat es weder in der DDR noch in der Sowjetunion gegeben.

Mit einem Blick auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen vom Sonntag vergangener Woche zeigt sich, wie breit der Dunstkreis Köllmers aus Nationalkonservativen, Rechtspopulisten, Waffenlobbyisten, Vereinigten der Opfer des Stalinismus und anderen gestreut ist. Köllmer holte mehr Stimmen als alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten, schlug den Einzug in den Stadtrat jedoch aus. Er wolle Bürgermeister bleiben und ließe somit seine Tochter anstatt seiner in den Stadtrat einziehen. Die Wahl habe er als Stimmungsbarometer betrachtet, berichtet er gegenüber der Thüringer Allgemeine. So kann Köllmer auf ein Heer von Unterstützerinnen und Unterstützern zurückgreifen und verfügt durchaus über stark ausgeprägte Sympathien in der sogenannten Zivilgesellschaft.

Es ist somit kaum verwunderlich, dass Arnstadt bereits wiederholt zum Aufmarschgebiet von Neonazis wurde. Eine Stadt, auf Kooperation mit den Neonazis gebürstet, tut ihr möglichstes, um ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten - hoffend auf baldiges Wiedersehen. Dieses Kalkül erscheint bei genauerer Betrachtung der Schnittmengen der totalitären Weltanschauungen beider Seiten nur konsequent. So ist es auch zu erklären, dass in direkter Nähe zum Nazifest, heute auch das bürgerliche Schlossfest der Stadt Arnstadt stattfindet. In anderen Städten wäre diese Nähe zu einer bürgerlichen Veranstaltung Grund genug, den Naziaufmarsch zumindest an den Stadtrand zu verbannen oder gar zu verbieten. Die Stadt Arnstadt hingegen lädt zum gemeinsamen Verweilen mit den Neonazis ein. Vielleicht schaut der ein oder andere Nazi auch mal beim Schlossfest vorbei - Freunde findet er dort sicherlich recht schnell.

Lasst uns hier und heute zeigen, dass wir diese Entwicklungen nicht einfach hinnehmen. Mit unserem Widerstand ist zu rechnen!

In diesem Sinne: Arnstadt - Nazistadt, wir haben dich zum Kotzen satt!



Redebeitrag zum Extremismus-Begriff

Die antifaschistische Demonstration gegen das Nazifest und die deutschen Zustände hier in Arnstadt wurde im Vorfeld von der Lokalpresse weitestgehend verschwiegen. Pressemitteilungen und antifaschistische Kritik wurden zumeist ignoriert. Der Polizei schien unsere Demonstration mehr Sorgen zu machen, als das Fest hunderter Holocaustleugner in unserer Stadt. Doch warum werden antifaschistische Aktivitäten versucht klein zu halten? Warum erfahren wir keine Unterstützung im Kampf gegen faschistische Tendenzen?

Die Gründe hierfür sind vielfältig und fangen schon damit an, dass die bürgerliche Ideologie selbst von faschistischen Versatzstücken durchdrungen ist. So wird Nationalismus und staatlicher Rassismus auch nicht als anstößig wahrgenommen, sondern als normaler Bestandteil bürgerlichen Denkens. Der Weg vom bürgerlichen Demokrat zum Faschist ist also kein weiter.

Wir möchten auf einen anderen Aspekt aufmerksam machen, der den Umgang der bürgerlichen Öffentlichkeit mit radikalen Antifaschistinnen und Antifaschisten bestimmt, den Extremismus-Begriff. Abgleitet ist dieser aus der Totalitarismus-Theorie Hannah Arendts. Arendt analysierte das System des Nationalsozialismus in Deutschland und das Stalin-Regime in der Sowjetunion und fand dabei wesentliche Gemeinsamkeiten, die sie dazu verleiteten beide System als totalitäre Systeme zu kategoriesieren und damit gleichzusetzen. Diese Gleichsetzung von Stalinismus und Nationalsozialismus öffnete den deutschen Antikommunisten aus CDU und neuer Rechter das Einfallstor. Ein eigens gegründetes Institut in Dresden, welches perfiderweise den Namen Hannah Arends trägt, nahm deren Theorie als Grundlage, erweiterte und verfälschte sie. Das von sächsischer Landesregierung und CDU/CSU getragene Institut nahm es sich zur Aufgabe DDR und Drittes Reich gleichzusetzen. Ein Irrsinn, den Hannah Arendt ablehnte. Von diesem Institut wurde, neben der ideologischen Weiterentwicklung der Totalitarismus-Theorie hin zu einer Doktrin, auch der Extremismus-Begriff maßgeblich forciert.

Der Extremismus-Begriff feiert seitdem einen kaum dagewesenen Siegeszug in deutscher Politik und Öffentlichkeit, während er in der Wissenschaft höchst umstritten ist und von renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern abgelehnt wird.

Das Modell des politischen Extremismus konstruiert in dieser Gesellschaft eine "demokratische Mitte", welche von extremistischen Rändern, vornehmlich rechten und linken, bedroht sei. Dass die politische Realität enorm komplexer und differenzierter ist, will der Extremismusansatz natürlich nicht wahr haben. Durch diese verkürzte und verfälschte Darstellung der Vielschichtigkeit der politischen Realität wird nicht nur das Vorhandensein von Rassismus und Antisemitismus in der ganzen Gesellschaft verharmlost, die Extremismustheorie blendet diese Ideologien der Ungleichwertigkeit sogar aus und reduziert ihr Vorhandensein auf die extreme Rechte.

Der alltägliche Rassismus von Behörden, Presse und Politik, sowie latent fremdenfeindliche Einstellungen in der Mainstream-Gesellschaft werden so ausgeklammert und bleiben trotz der sozialpolitischen Relevanz unhinterfragt stehen. Frei von jeglichen möglichen Kritikpunkten kann der Mitte der Gesellschaft so getrost der Heiligenschein aufgesetzt werden und sie so zum Schöpfer von dem werden, was als Normalität zu gelten hat. Obwohl es zahlreiche sozialwissenschaftliche Forschungen darüber gibt, was die deutschen Zustände hergeben, wie stark Rassismus in den Köpfen der "Normalbürgerinnen und -bürger" verankert ist, mit welcher erschreckenden Häufigkeit antisemitische Vorurteile vertreten werden, usw. folgen Politik und Presse trotzdem weiterhin der Extremismustheorie. Kampagnen zur Stärkung der nationalen Identität können vor diesem Hintergrund natürlich getrost gefördert werden.

Antifaschistische Projekte und Initiativen werden dagegen mit dem Denken und Handeln von Neonazis gleichgesetzt. Doch die Realität sieht anders aus. Die Neonazis in Stadt und Land stellen eine Bedrohung für die körperliche Unversehrtheit von allen Menschen dar, die nicht in die deutsche Volksgemeinschaft passen oder passen wollen, also konkret für Migrantinnen und Migranten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, Homosexuelle, Obdachlose und andere Gruppen. Dass gerade dort, wo sich antifaschistische und antirassistische Projekte etabliert haben die Gefahr von Neonaziangriffen deutlich geringer ist, diesen Fakt verkennt und negiert der Extremismus-Begriff.

Kritischer Journalismus hört dort auf, wo unhinterfragt höchst umstrittene politische Ansichten einiger verquerer, konservativer Wissenschaftler aufgenommen und salonfähig gemacht werden. Die örtliche Politik und Lokalmedien haben sich dieses wissenschaftlich umstrittene Schema zu eigen gemacht, mit all seinen geschichtsrelativierenden und -verharmlosenden Ansätzen. Durch die Verwendung des Extremismus-Begriffes werden die Millionen Opfer und Hinterbliebenen des faschistischen Terrors mit Füßen getreten, wenn die antifaschistische Bewegung mit ihren Mördern und Peinigern, also den Faschistinnen und Faschisten gleichgesetzt wird.

Für die konservative Politik ist der Extremismus-Begriff eine willkommene Waffe gegen fortschrittliche Bewegungen, die die bestehenden Verhältnisse, das Elendssystem des Kapitalismus, in Fragen stellen. So gelang es selbst dem Arnstädter Bürgermeister Köllmer, der nur noch halbherzig verheimlicht ein Nazifreund zu sein, sich mit Hilfe des Extremismus-Begriffes einen Heiligenschein zu verpassen, indem er sich von Extremismus einfach mal distanzierte. Dabei ist Köllmer ein Paradabeispiel dafür, wie intensiv faschistische Ideologie in der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft vorhanden ist. Extremismus ist ein Kampfbegriff der konservativen Politik und muss von Menschen, die kritisch denken abgelehnt werden.

Gegen die Relativierung von Neonazismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit!
Gegen den Extremismusbegriff!


Für eine emanzipatorische Politik und antifaschistische Kultur!
Antifaschistische Gruppe Südthüringen