Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Zella-Mehlis: Else Raßmann gestorben

Eintragsdatum: 2008-08-06Quelle: AGST

Unsere Genossin, die antifaschistische Widerstandskämpferin, Freidenkerin und Turnerin Else Raßmann aus Zella-Mehlis ist am 17. Juli 2008 in Suhl nach langen 97 Jahre verstorben. Sie war die letzte bekannte Überlebende des antifaschistischen Widerstandskampfes in Zella-Mehlis zur Zeit des Nationalsozialismus.

Else und ihre Ehemann Hans Raßmann waren Teil der bekannten "Widerstandsgruppe Neubauer-Poser" in Thüringen und spielten im antifaschistischen Widerstand in Zella-Mehlis eine entscheidende Rolle.

Else und Hans Raßmann kommen aus Arbeiterfamilien mit sozialdemokratischer bzw. kommunistischer Tradition. Sie schlossen sich der kommunistischen Arbeiter_innenbewegung an. Und auch in den schlimmsten Jahren der Geschichte der kommunistischen Bewegung blieben sie stets standhaft.

Im Mai 1933 wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), in der sich auch Else und Hans Raßmann organisierten, durch die Nationalsozialisten verboten. In der Illegalität ging der Kampf weiter. Im Juni 1933 fand die erste illegale Sitzung der fortbestehenden KPD-Ortsgruppe in der Wohnung der Raßmanns statt. Dort wurden Else und Hans Raßmann in die neue illegale Unterbezirksleitung der KPD gewählt. Else war Hausfrau und Stellvertreterin von Hans Raßmann. Sie verteilte per Kurier, per Post an Deckadressen sowie selbst mit dem Fahrrad das Material, das zum Teil aus dem Ausland kam, wie das Braunbuch. Informationen und gesammeltes Geld übergab sie dem Bezirkskurier, der sie und viele andere Genossen an die Gestapo verraten hat. Sie stellte Berichte für die illegale KPD-Bezirksleitung Suhl und Jena zusammen. Ihre Wohnung diente als Anlaufstelle und illegales Quartier.

Am 30. November 1933 wurde sie und ihr Mann verhaftet und ins Konzentrationslager Bad Sulza gebracht. Hans wurde dort mehrfach schwer misshandelt. Else und Hans wurden beide wegen Hochverrats angeklagt und Else zu zwei Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Zunächst wurde sie im Gefängnis Gräfentonna und später im Gefängnis Hohenleuben eingesperrt, wo sie am 15. Mai 1936 entlassen wurde.

Aus dem Gefängnis frei gekommen, setzten sie beide die Widerstandsarbeit fort, zusammen mit den Freunden, die sie in KZ und hinter Gittern gefunden hatten: dem Ehepaar Lydia und Magnus Poser.

Mit dem bekannten Widerstandskämpfer Magnus Poser aus Jena, der am 14. Juli 1944 verhaftet und beim Fluchtversuch aus dem Gestapogefängnis in Weimar am 21.7. seinen Schußverletzungen erlegen war, trafen sich die Rassmanns regelmäßig, knüpften illegale Verbindungen für die Thüringer "Widerstandsgruppe Neubauer-Poser" und gaben Nachrichten sowie Informationen weiter.
Seit Januar 1938 fanden wieder Treffen in der Wohnung des Ehepaar Raßmann statt. Sie bauten sogleich wieder Kontakte zu zuverlässigen Genoss_innen in die Betriebe auf und bildeten zusammen mit Johannes Lotz die illegale Leitung des KPD-Unterbezirks Suhl.

Die Flugblätter, die Poser aus Jena mitbrachte, gaben die Raßmanns in die Betriebe. Sie richteten sich gegen Faschismus und Krieg, riefen zur Sabotage und zum Langsamarbeiten in den Rüstungsbetrieben auf. Auch zu den Zwangsarbeitern in der Rüstungsproduktion von Zella-Mehlis knüpften sie Verbindung durch Einschmugglung von Flugblättern in russischer und französischer Sprache.

Hans Raßmann war vom 22. August 1944 bis zum Dezember 1944 im KZ Buchenwald inhaftiert. Dort war sein wichtigstes Bestreben, den sowjetischen Gefangenen, die unter erbärmlichen Bedingungen vegetierten, Nahrung zukommen zu lassen. Auch dabei half seine Else mit, die einfallsreich Lebensmittel ins Lager einschmuggelte.

All diese politische Arbeit war mit einem sehr hohen Risiko verbunden. Die politischen Gefangenen mussten bei ihrer Entlassung einen Revers unterschreiben, dass sie sich nicht wieder politisch gegen das Naziregime betätigen. Kleinste Verstöße konnten mit dem Tod geahndet werden.
Else und Hans Raßmann überlebten den nationalsozialistischen Terror und stellten nach der Befreiung vom Faschismus durch die Truppen der Anti-Hitler-Koalition ihre Kraft dem Aufbau einer friedliebenden und menschenfreundlichen Gesellschaft zur Verfügung. Else baute den Kinder-und Jugendsport mit auf und leitete selbst bis zu ihrem 75. Lebensjahr die Gymmnastikgruppe des DFD (Demokratischer Frauenbund Deutschlands), erzählte jungen Menschen in Schulen, Kollektiven, in der Volksarmee, Polizei und bei den Grenztruppen über ihren Kampf gegen Faschismus und Krieg.
Solange es ihre psychischen und physischen Kräfte zuließen, war sie aktiv in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und dem Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA) tätig.

Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Else Raßmann im Pflegeheim C. W. Hufeland in Suhl. Am Donnerstag, den 17. Juli 2008 starb sie im Alter von 97 Jahren. Am Samstag, den 26. Juli wurde Else Raßmann auf dem Zella-Mehliser Waldfriedhof im Kreise ihrer Familie und vieler Antifa-Freunde beigesetzt.

Als antifaschistische Widerstandskämpferin zur Zeit des Nationalsozialismus opferte Else Raßmann ihre Freiheit und riskierte ihr Leben. Sie kämpfte gegen den faschistischen Terror, gegen den Krieg und verlor nie die Hoffnung auf eine Welt des Friedens und der Gerechtigkeit. Sie widersetzte sich dem mörderischen deutschen Konsens und machte jenen Mut, die sich verloren glaubten. Sie bewies, dass es möglich war den Kampf gegen den Nationalsozialismus aufzunehmen und zu führen. Danke Else! Wir vergessen dich nicht, denn dein Vermächtnis lebt in unseren Taten fort!

Ruhe in Frieden, Else.
Der Kampf geht weiter!


"Das Wertvollste, was der Mensch besitzt,
ist das Leben.
Es wird ihm nur einmal gegeben,
und er muß es so nützen,
daß ihn später sinnlos vertane Jahre
nicht qualvoll gereuen,
die Schande einer unwürdigen,
nichtigen Vergangenheit
ihn nicht bedrückt
und daß er sterbend sagen kann:
Mein ganzes Leben, meine ganze Kraft
habe ich dem Herrlichsten auf der Welt -
dem Kampf für die Befreiung der Menschheit - geweiht."

Nikolai Ostrowski, " Wie der Stahl gehärtet wurde "



Foto: Illegales Treffen am Seßles-Teich im Sommer 1933 u.a. mit Hans und Else Raßmann sowie Walter und Hedwig Schüler aus Zella-Mehlis.
(Quelle: www.geschichte-zella-mehlis.de / Privatbesitz Elke Pudszuhn)




Foto, von links nach rechts: Lydia Poser, Else Raßmann und Hans Raßmann
(Quelle: www.geschichte-zella-mehlis.de / Privatbesitz Elke Pudszuhn)




Foto, von links nach rechts: Hans und Else Raßmann, Lydia und Magnus Poser
(Quelle: www.geschichte-zella-mehlis.de / Privatbesitz Elke Pudszuhn)


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