Nachverhandlung des Deutschlandpakts - NPD darf doch in Thüringen antreten
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Eintragsdatum: 2008-05-16 — Quelle: AGST
Vor einigen Tagen konnte man aus der TAZ, dem Tagesspiegel und nun aus dem Neuen Deutschland die Meldung vernehmen, dass der Deutschlandpakt zwischen NPD und DVU, der besagt, dass Thüringen DVU-Land ist, nachverhandelt wird und wohl zu Gunsten der Thüringer NPD geändert wird.
Der
Deutschlandpakt ist das im Jahr 2005 ausgehandelte Wahlbündnis zwischen der rechtsextremen NPD, der DVU und der später beigetretenen Deutschen Partei (DP). Er sollte verhindern, dass NPD und DVU konkurrierend bei einer Wahl auf Landes- oder Bundesebene antreten und so die Chancen für das neofaschistische Lager steigern.
In den letzten Jahren erlebte die Thüringer NPD
großen Aufwind, so dass während einer Mitgliederwerbekampagne im Frühjahr 2007 der Einzug der NPD in den Thüringer Landtag zum Greifen nah war. Im Weg stand lediglich der Deutschlandpakt, der regelte, dass Thüringen DVU-Land sei.
Schon damals stellte die Thüringer NPD-Führung den Pakt
offen in Frage. Bisher beteuerte der DVU-Bundesvorsitzende Gerhard Frey, dass seine Partei in Thüringen zur Landtagswahl antreten werde, mit zwei Leuten von der NPD auf der Liste. Nun wurde nachverhandelt.
Laut
TAZ vom 24.04.08 sagte NPD-Parteivorsitzender Udo Voigt gegenüber der TAZ, dass der Deutschlandpakt hinsichtlich Thüringen nachverhandelt wird. Gerhard Frey äußerte sich gegenüber TAZ nicht. Im
Tagesspiegel vom 30.04.08 steht bezugnehmend auf NPD-Generalsekretär Peter Marx, dass die DVU der NPD in Thüringen den Vortritt lasse. Der Rückzug der DVU in Thüringen ist ein weiteres Anzeichen für Machtverschiebungen in neofaschistischen Lager zu Gunsten der NPD.
Trotz der
sich abzeichnenden Spaltung der Thüringer NPD, steht ein offensiver Wahlkampf der Neonazis in Thüringen bevor. Die NPD, in welcher Zusammensetzung des Landesvorstandes auch immer, wird sich die realistische Chance auf den Einzug in ein drittes deutsches Landesparlament nicht nehmen lassen. So stehen den Antifaschist_innen in Thüringen wohl einige heiße Monate bevor.
Presse:
14.05.08 - Neues Deutschland
NPD tritt 2009 zur Wahl in Thüringen an
"Deutschlandpakt" mit der DVU wird nachverhandelt - Schlammschlacht um Vorstandsposten
Von Carsten Hübner
Die NPD wird aller Voraussicht nach nun doch zu den Thüringer Landtagswahlen im Herbst 2009 kandidieren. Im Gegenzug sei der DVU zugesichert worden, ihr bei dem im Herbst desselben Jahres stattfindenden Urnengang in Brandenburg den Vortritt zu lassen, heißt es aus Parteikreisen.
In Brandenburg sitzt die DVU bereits in der zweiten Legislatur hintereinander im Landtag. Derzeit verfügt sie über sechs Abgeordnetenmandate. Der 2005 zwischen beiden Rechtsparteien geschlossene Deutschlandpakt sah eigentlich vor, dass die DVU in beiden Ländern antritt. Doch dagegen wächst seit Monaten der Widerstand bei Teilen der NPD und in der militanten Neonaziszene. Ihnen ist die DVU unter Führung des Multimillionärs Gerhard Frey nicht radikal genug. Außerdem verfüge die von München aus gelenkte Partei in beiden Bundesländern, im Gegensatz zur NPD, kaum über aktive Mitglieder und handlungsfähige Strukturen.
Bereits Ende April hatte NPD-Chef Udo Voigt, der aufgrund seines Festhaltens am Deutschlandpakt innerparteilich zunehmend unter Druck geriet, angekündigt, die Vereinbarung nachverhandeln zu wollen. "Falls die Gegenseite die Änderungen nicht will, dann wird der Vertrag von uns auch eingehalten", so Voigt noch vor zwei Wochen gegenüber der Berliner Tageszeitung taz. Ob ihm das jetzige Entgegenkommen der DVU den nötigen Rückenwind verschafft, um sich auf dem Bundesparteitag in Bamberg am 24. und 25. Mai gegen mögliche Gegenkandidaten zu behaupten, wird sich jedoch erst erweisen müssen. Denn weder die märkische NPD noch der radikale Parteiflügel dürften mit der jetzigen Übereinkunft zu besänftigen sein. Sie fordern stattdessen auch in Brandenburg ein Ende der Zusammenarbeit mit der DVU und eine klarere Positionierung der NPD als nationalsozialistische Bewegungspartei.
In der Thüringer NPD setzt sich derweil die Schlammschlacht konkurrierender Lager fort. Nachdem Mitte April der Versuch von Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise missglückte, den langjährigen Landesvorsitzenden Frank Schwerdt abzulösen, macht nun seit Ende letzter Woche ein Schreiben in der Szene die Runde, das den stellvertretenden Landesvorsitzenden Patrick Wieschke diverser Gewalttaten "gegenüber Aktivisten aus dem eigenen Lager" und der Homosexualität bezichtigt. Der wies die Vorwürfe inzwischen öffentlich zurück, bat jedoch gleichzeitig um "die Beachtung seiner Privatsphäre". Der Eisenacher Neonazi Wieschke gilt als enger Vertrauter von Schwerdt.
Der Landesparteitag im April war von der Polizei vorzeitig beendet worden. Deshalb konnte außer dem Landesvorsitzenden kein Vorstandsmitglied gewählt werden. Dies soll nun in Kürze nachgeholt werden. Die Urheber des Schreibens, das mit "Freie Kräfte aus dem Wartburgkreis" unterzeichnet ist, werden dem Kreis um Heise und den Erfurter NPD-Kreisvorsitzenden Kai-Uwe Trinkaus zugerechnet. Es endet: "Wir haben genug von Wieschke und hoffen, dass auch andere Aktivisten ihre Konsequenzen ziehen."
Hintergrund der Auseinandersetzungen sind mögliche Abgeordnetenmandate nach einer erfolgreichen Teilnahme an der Thüringer Landtagswahl 2009. Derzeit liegt die NPD im Freistaat bei Umfragen jedoch deutlich unter der 5-Prozent-Hürde.