Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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Meiningen: "Dem wird jetzt in den Kopf geschossen"

Eintragsdatum: 2008-05-15Quelle: AGST

Während des "Rock gegen Rechts"-Konzerts am 8. Mai in Meiningen versuchten bekannte Meininger Neonazis die Veranstaltung zu stören. Am Rande des Konzerts kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung. Die anwesende Polizei ging mal wieder gegen die Antifaschist_innen vor und beleidigte diese auf perfide Weise. Wir berichten.

Der Tag wurde bewusst gewählt. Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazideutschland und der faschistische Horror, die Shoa und der Vernichtungskrieg wurden durch die Alliierten beendet. Der millionenfache Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden war vorbei, der Terror der deutschen Volksgemeinschaft gebrochen. Auf dem Meininger "Rock gegen Rechts" am 8. Mai 2008 spielten 3 Bands und mehrere Redner_innen kamen zu Wort. Die Anzahl der Besucher_innen fluktuierte. Insgesamt schauten sich mehrere hundert Menschen das Programm an und informierten sich an Informationsständen von Antifa, FAU, DGB, SPD und anderen. Im Folgenden dokumentieren wir den Redebeitrag der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen (AGST):

gehalten am 8. Mai 2008 in Meiningen

In Meiningen existieren gefestigte rechtsextreme Strukturen. In der Stadt tummeln sich rechte Schläger und so genannte autonome Nationalisten. Es kommt hier zu brutalen Übergriffen und rechten Propagandaaktionen. Im letzten Jahr fanden hier Infostände und eine Kundgebung der neofaschistischen NPD statt. Um es kurz zu machen. Meiningen ist eine von vielen Thüringer Kleinstädten, in denen es Neonazis gelungen ist, sich breit zu machen und beinahe ungestört zu agieren.

In einem Punkt hebt sich Meiningen jedoch merklich von anderen Städten ab. In keiner anderen Thüringer Kleinstadt haben sich drei Naziläden eingenistet. In keiner anderen Stadt besteht ein so dichtes Netz aus Läden, in denen sich Neonazis alles kaufen können, was ihr Herz begehrt. Da kann man es nachvollziehen, warum sich die Faschist_innen hier so sicher fühlen und warum es ihnen hier gelingt Strukturen aufzubauen.

Erst kürzlich gründete sich hier ein Ortsverband der NPD. Dieser soll den Weg für einen NPD-Kreisverband im Landkreis Schmalkalden-Meiningen ebnen. Gegen das Gründungstreffen demonstrierten spontan einige dutzend Antifaschist_innen. Anwohner_innen solidarisierten sich nicht. Heute ermittelt die Polizei gegen die spontan protestierenden. Wer vorgeladen wird, das bestimmt übrigens die Anti-Antifa. Die Meininger Neonazis um Sven Dietsch steckten den Beamten einige Namen von ihnen bekannten Antifaschist_innen.

Jener Sven Dietsch versuchte vor kurzem zusammen mit einigen Kameraden einem Treffen des Meininger "Bündnis gegen Rechts" beizuwohnen. Dass einige Mitglieder im Bündnis nicht wussten, wie sie mit bekennenden Nazis umgehen sollten, die ein Treffen des BGR stören wollen, sie sogar hineingelassen werden sollten, das offenbart die Hilflosigkeit, mit der man den Neonazis gegenübersteht. Auch auf einem Treffen zuvor wollte ein Meininger Neonazi teilnehmen. Die anwesenden Antifaschistinnen und Antifaschisten zeigten ihm wo die Tür ist.

Die Neonazis sind keine gesellschaftliche Exklave, so wie es die politisch Verantwortlichen -auch hier in Meiningen- gerne hätten. Das Problem hätte man gerne überall verortet, nur nicht in der eigenen Mitte. Dabei zementieren alle größeren politischen Parteien ein politisches System, welches diese Neonazis erst hervorbringt. Sie sind eben nur ein Phänomen des gesellschaftlichen Ganzen. Die NPD vertritt die Meinung immer breiterer Teile der Gesellschaft, die sich ihr zuwenden, weil sie der Mär von den ausländischen und jüdischen Sündenböcken auf den Leim gehen.

Die Politik des demokratischen Deutschlands tut ihr übriges. Nationalstaatswahn, Abschiebungen, Repression und Überwachung gehen einher mit der zunehmenden Verarmung immer größerer Teile der deutschen Gesellschaft. Die Faschisten haben auf alle gesellschaftlichen Fragen einfache Antworten und für jedes Problem einen Schuldigen. So konkurrieren sie mit den Demokraten um die selbe Sache. Sie bedienen den selben Nationalismus. Sie wollen beide ihre Nation voran bringen. Nur bei der Wahl der Mittel lassen sich noch Unterschiede feststellen.

Was wir wollen, ist eine radikale Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Ursachen für faschistische Tendenzen. Wir wollen uns als Antifaschistische Aktion nicht an den Auswüchsen einer gewalttätigen Gesellschaft abarbeiten. Wir wollen die Gewalt überwinden und zwar weltweit.
Andererseits eröffnet das Zurückdrängen faschistischer Strukturen erst den Raum für emanzipatorische Positionen und so bleiben Nazistrukturen ein legitimes Angriffsziel.
Unsere Alternative ist ein anderes Ganzes. Ein leben ohne Nationalismus, ohne Grenzen, ohne Diskriminierung. Eine Welt in der der Mensch sich als Mensch versteht und nicht als Deutscher, Pole oder Japaner. In der sich die Produktion den Bedürfnissen anpasst und wir die Armut überwinden können. Eine Gesellschaft in der Nazis keinen Boden zum Agieren haben und aus der Gesellschaft verschwinden werden.

In diesem Sinne:

Für die Freiheit und das Leben!
Nazistrukturen wegrocken!



Schon während des Konzerts versuchten sich Neonazis gewaltsam, jedoch erfolglos, Zugang zum Gelände zu verschaffen. Sie verunsicherten vermummt die Menschen in der Innenstadt und riefen Parolen. Die Polizei sah anscheinend keine Notwendigkeit gegen die Neonazis vorzugehen. Jedenfalls ist keine polizeiliche Intervention gegen sie bekannt. Als jedoch erneut ein Nazigrüppchen durch Tragen eines T-Shirts der verbotenen, miltanten Organisation "Blood & Honour" provozierte, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit Konzertbesucher_innen, die sich außerhalb des Geländes aufhielten. Ein Neonazi wurde handgreiflich und die Polizei sah sich gemüßigt nun einzugreifen. Jedoch anstatt die Gruppe zu trennen und die Neonazis weg zuschicken, griff sie willkürlich eine_n Konzertbesucher_in an und traktierte die Person am Boden liegend. Sie wurde von der Polizei abgeführt mit der Begründung, sie hätte Flaschen auf die Neonazis geworfen. Verletzte Nazis gab es an diesem Abend jedoch (leider) keine. Die Neonazis konnten sich schadenfroh noch eine Weile in der Nähe aufhalten bis sie verschwanden. Unterdessen forderte die Polizei von den Anwesenden mit Gewalt die Personalien ein. Dem_Der aufgelösten Freund_in der_des Abgeführten antwortete ein Polizist auf die Frage, was nun mit seiner_ihrem Freund_in geschehen wird: "Dem wird jetzt in den Kopf geschossen!" Leider blieb dies nicht die einzige Perversion und Beschimpfung seitens der Polizei. Um so bedauerlicher, dass dies schon fast zur Normalität geworden ist. Ein Bürger des Meininger "Bündnis gegen Rechts" kam schließlich dazu und machte sich zum Hilfspolizisten. Verständnis für die von der Polizeigewalt betroffenen zeigt er nicht.

Wieder einmal schikanierte die Polizei mit Billigung durch anwesende Bürger, ohne Bedenken, Antifaschist_innen verbal und gewaltsam. Und wieder einmal müssen wir uns die Frage stellen: Können wir uns in einem konsequent antifaschistischen Vorgehen auf ein "Bündnis gegen Rechts" verlassen?
In unserem Kampf gegen Rassismus, Faschismus und Antisemitismus werden wir uns nicht betäuben lassen.

Für einen radikalen Antifaschismus!


Presse:

10.05.08 - Freies Wort

Kundgebung
Keine falsche Toleranz!

Friedensgebet und Rock gegen Rechts: Klares Bekenntnis abgegeben

Meiningen. "Denn wenn wir uns nicht um sie kümmern, dann tun es die Falschen." Mit diesem Zitat eröffnete Ulrich Töpfer vom Meininger Bündnis gegen Rechts am Donnerstagabend den Veranstaltungsreigen im Marstallhof. Dort hatten sich junge wie ältere Meininger eingefunden, um bei Kundgebung, Friedensgebet und Konzert ein klares Bekenntnis gegen Rechts, für Menschenwürde, Demokratie und (richtige) Toleranz abzugeben.

Die Musik - von Rap über Hardrock bis hin zu Bluegrass - spiegelte in ihrer Vielfalt das Thema des Abend wider. Die Gäste, Jung und Alt, bestanden diese Feuerprobe, hörten hin, waren tolerant und gut gelaunt bis nach Mitternacht.

(eine ausführliche Berichterstattung finden Sie in unserer gedruckten Ausgabe vom Samstag, 10. Mai)

Zielsetzung des Bündnis gegen Rechts:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar" (Artikel 1 Grundgesetz) und deshalb unvereinbar mit der von Rechtsextremisten verbreiteten Ideologie, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts weniger Wert hätten als andere. Das Meininger Bündnis gegen Rechts ist ein Bündnis quer durch alle Bevölkerungsschichten. Es wird von demokratischen Bürgern, Organisationen, Institutionen und Zusammenschlüssen gebildet und getragen. Zielsetzung des Bündnisses ist die ständige Auseinandersetzung mit menschenfeindlichem Denken und Tun in unserer Stadt. Wir wollen in Meiningen und in der Region mit dazu beitragen, dass ein Klima geschaffen wird, in dem für Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Hass und Gewalt in jeglicher Form kein Platz ist.

Als Theaterstadt hat Meiningen eine Tradition, die für Weltoffenheit und Toleranz steht. Damit das so bleibt, treten wir dafür ein, dass rechtsextremistisches Gedankengut und Handeln auch in Zukunft in Organisationen, in Verbänden, in Verwaltungen, Einrichtungen und Parteien nicht Fuß fasst. Darum dulden wir auch kein Wegschauen. Toleranz hört für uns auf, wo Menschenfeindlichkeit beginnt. Die Mitglieder des Meininger Bündnisses gegen Rechts zeigen Zivilcourage und wollen allen Bürgerinnen und Bürgern Mut machen, sich aktiv gegen rechtsextremistisches Gedankengut und Verhalten zu stellen.

Die Auseinandersetzung mit und der Widerstand gegen Rechtsextremismus und Rassismus sehen wir auch als eine dauerhafte gesellschaftspolitische Aufgabe der Kommunen in der Region. Dieses Verständnis kommunaler Verantwortung fordern wir ein und in diesem Sinne arbeiten wir mit den kommunalen Verantwortungsträgern zusammen. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle Menschen gleiche, soziale und demokratische Rechte haben.

Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Gegen Rechtsextremismus, für bunte Vielfalt und für demokratisches Miteinander!


Antifaschistische Gruppe Südthüringen