Antifaschistische Gruppen Südthüringen

Antifaschistische Gruppen Südthüringen

News
Ueber uns
Archiv
Dates
Chronik
Texte
Kontakt
Links
Mitmachen
Naziangriffe melden





Facebook

RSS


Because we are friends

Für aktuelle News checkt bitte unseren neuen Blog!


Freies Wort: "Braune Wurst und halbe Sau im Ilmkreis"

Eintragsdatum: 2008-03-05Quelle: Freies Wort

Die Südthüringer Lokalzeitung berichtet kritisch über die Zustände in einer Fleischerei im Ilmkreis, in der ein ultrarechter Fleischermeister auf Azubis losgelassen wird, ohne dass es jemand zu interessieren scheint. Wir dokumentieren den Presseartikel.

FW - 04.04.08
Extremismus
Braune Wurst und halbe Sau im Ilmkreis
Ein ultrarechter Fleischermeister bildet Azubis aus und niemanden kümmert es
Von Matthias Thüsing

Erfurt - Schon die Ausstattung im kleinen Ladengeschäft kündet von gehobener Schlachterkunst. Das Interieur ist farblich aufeinander abgestimmt. Die Ware wird appetitlich präsentiert. Der Meisterbrief hängt an der Wand. Daneben eine Tafel mit den Angeboten der Woche: 100 Gramm Schweinehack sind aktuell für 29 Cent zu haben. Bereitwillig gibt die freundliche Verkäuferin Auskunft zur Herkunft der Ware: "Nohra und Coburg", sagt sie. "Wir haben es mal mit Sauen aus Holland probiert. Aber die kommen mir nicht mehr ins Geschäft. Die bestehen nur aus Wasser."

Wohl nicht nur gegen ausländische Schweine bestehen bei dem Ilmkreis-Metzger Vorbehalte. "In dem Laden herrscht eine rechtsextremistische Gesinnung", so der Verdacht von Uwe Schubert, von der "mobilen Beratung in Thüringen für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus" in Gotha (mobit). Schubert stützt sich dabei auf übereinstimmende Informationen, wie sie ihm von Angestellten, Auszubildenden und Berufsschullehrern zugetragen worden sind. Über Jahre hinweg vertrauten sich etwa die Lehrlinge des Betriebs ihren Lehrern an und berichten von bedenklichen Ritualen und Vorkommnissen - im Chefzimmer, im hinteren Teil der Fleischerei. Bilder von Rudolf Hess hätten dort wie selbstverständlich an der Wand gehangen. Zur Frühstückspause sei gerne extremistisches Liedgut vom Band gereicht worden, heißt es im Ort. Ein Schild auf der zum Laden gewandten Innenseite der Chefstube gab Auskunft über eine weitere Besonderheit des Betriebes: "National befreite Fleischerei". Hier ist die Thüringer Wurst schon vor dem Grillen braun. Und ab und an, so wird erzählt, werde schon mal eine halbe Sau für Kameradschaftsabende gespendet.

——————

Sie kam als Punk und ging als Nazi

——————

Eine Auszubildende in dem Ilmkreis-Betrieb wurde regelrecht umgedreht. "Das junge Mädchen begann ihre Lehre als eine Art Punk - und beendete sie als Nazi-Mädchen", heißt es aus der Berufsschule. Doch der Kultusbürokratie sind die Hände gebunden. "So bedauerlich es ist, wir können erst tätig werden, wenn die extremistischen Umtriebe in die Berufsschule hineingetragen werden", so Kultussprecher Detlev Baer. Doch genau dies sei in all den Jahren nicht passiert.

Und auch in der Handwerkskammer Erfurt sollen die Verantwortlichen für die Lehrausbildung das verdächtige Treiben lange Zeit ignoriert haben. Mehrfach, aber massiv bereits vor fast zwei Jahren, ist die Erfurter Kammer auf den offenbar rechtsradikalen Lehrherrn aufmerksam gemacht worden", heißt es gegenüber dieser Zeitung. Erkennbar passiert sei lange Zeit gar nichts. Möglicherweise, lautet eine Vermutung, habe einfach nur die Freude überwogen, dass der beanstandete Betrieb seit Jahren Lehrlinge über den eigenen Bedarf hinaus ausbilde.

Handwerkssprecherin Antje Türk will zum Fall selbst keine Auskunft geben. Nur allgemein: "Die Handwerkskammer kann nur dann rechtliche Schritte gegen einen Ausbildungsbetrieb einleiten, wenn Beweise für eine Beeinträchtigung der Ausbildung durch eine persönliche Nichteignung des Ausbilders vorliegen. Dies wären etwa schriftliche Augenzeugenberichte oder auch eigenes Erleben der Ausbildungsberater der Kammer." Das Berufsbildungsgesetz verlange vom Ausbilder sittliche Reife. Doch ob die Kammer im Fall der auffällig gewordenen Ilmkreis-Fleischerei tätig geworden ist, lässt die Handwerkskammer offen.

——————

Sittliche Reife des Lehrherrn verlangt

——————

Ausgeschlossen ist das nicht. Gereicht hat es schließlich dem Vater eines Lehrlings. Der wollte die militärischen Morgenappelle, die rechtsradikalen Devotionalien, denen sein Kind tagtäglich ausgesetzt war, nicht länger hinnehmen. Er machte Druck. Und tatsächlich erlebten die Berufsschullehrer vor wenigen Wochen eine kleine Überraschung auf seine üblichen Fragen an die Schüler des Betriebes, ob denn die Reichskriegsflagge noch hinter dem Schreibtisch hänge? "Sie ist weg, wurde mir berichtet. Und das ganze andere Zeug auch. Selbst der Umgangston habe sich verbessert." Eines Morgens war der Krempel einfach verschwunden. "Vielleicht hat ja doch irgendwer reagiert", so die Vermutung des Lehrers. Vielleicht sei der Lehrherr aber auch zur Besinnung gekommen - und habe die braune Gesinnung aus eigener Überzeugung abgelegt. Aber das hält er für eher unwahrscheinlich. Die Zukunft werde es zeigen.

Antifaschistische Gruppe Südthüringen