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Vier Arnstädter Nazi-Schläger verurteilt

Eintragsdatum: 2008-02-26Quelle: Antifaschistische Prozessbeobachtung, AGST

Am Freitag, den 22. Februar wurden am Amtsgericht in Gotha vier Arnstädter Neonazis zu Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie im November 2005 ein 16-jähriges Mädchen am Rande einer Neonazidemo zusammenschlugen. Wir dokumentieren den Prozessbericht und veröffentlichen Infos zu den verurteilten Neonazis.


Bericht vom ersten Prozesstag am 30. Januar 2008: http://de.indymedia.org/2008/02/206902.shtml

Zweiter Prozesstag am 15. Februar

Die erste Zeugin war eine Frau vom Ordnungsamt, die zwar in unmittelbarer Nähe des Geschehens war und auch mitbekommen haben soll, dass sich die Täter aus der Demonstration entfernten. Jedoch von dem was die Täter, die aus der Nazidemo herausstürmten, machten, konnte sie keine Angaben machen.

Die zweite Zeugin des Tages, eine Polizistin aus dem gehobenen Dienst, die vor Ort war, hatte ebenfalls beobachtet, wie die Täter die Demo rennend verließen und konnte zum Angriff der Nazis jedoch keine weiteren Angaben machen.
Jedoch lieferte sie einen entscheidenden Hinweis, der für den weiteren Ablauf möglicherweise entscheidend war und offenbarte eine weitere unglaubliche Ermittlungspanne der Thüringer Polizei. Sie berichtete von einem Augenzeugen, der sich noch während des Tatgeschehens telefonisch über den Polizeinotruf gemeldet hat und berichtete, dass eine Person von vier Männern zusammengeschlagen wurde. Die Person wurde während der polizeilichen Ermittlungen nie verhört und so landete auch kein Vermerk über den protokollierten Anruf in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft und hätte die Polizistin nicht darüber zu berichten gewusst, wäre dieser Augenzeuge niemals vernommen worden.

Als dritter und letzter Zeuge des zweiten Prozesstages wurde der Begleiter des Opfers vernommen. Er berichtete, wie die vier Täter die Nazidemo verließen, auf ihn und die Betroffene los rannten und "Rotfront verrecke" brüllten. Beide ergriffen die Flucht. Er konnte den Nazis entkommen. Er berichtete, wie es hinter ihm rumpelte und die Betroffene vor Schmerz um Hilfe rief. Als er sich umdrehte, sah er das Opfer am Boden liegen und um sie herum die vier Täter, die sie mit Schlägen und Tritten traktierten.

Die Verhandlung wurde nach der Zeugenaussage nochmals vertragt, da der oben genannte Augenzeuge noch vernommen werden sollte.

Dritter Prozesstag am 22. Februar

Als erster Zeuge wurde ein Polizeihauptkommissar vernommen, der zum zweiten Prozesstag nicht erscheinen konnte und zum Tattag ebenfalls vor Ort war. Auch er berichtete von den vier die Demonstration rennend verlassenden Neonazis. Vom weiteren Verlauf des Angriffes möchte er allerdings nichts mehr wissen. Er wurde noch vor Ort informiert, dass es diesen Angriff gab und sich ein Augenzeuge dazu meldete. Nach wiederholtem Nachfragen der Nebenklage, warum keine Einsatzkräfte hinter den Tätern hinterhergeschickt wurden bzw. warum keine Hilfe durch die Polizei geleistet wurde, artikulierte sich der Polizeihauptkommissar immer leiser und zog es vor, sich nach der langen Zeit an nichts mehr erinnern zu können. Auch sprach er von "erheblich aufgebrachten Teilnehmern" der Nazidemo, die man wohl mit den 19 Einsatzkräften vor Ort nicht unter Kontrolle hatte. Auch für den Vertuschungsversuch bzw. die Ermittlungspanne mit dem in den Polizeiakten nicht auftauchenden Augenzeugen, wusste er keinerlei Erklärung.

Als letzter Zeuge wurde nun der Autofahrer vernommen, der den Vorfall beobachtet hatte und die Polizei umgehend informierte. Auch er bestätigte die Version der Betroffenen und schilderte, wie zwei der Täter ihr Opfer traktierten und zwei weitere schon auf dem Rückweg zur Demo waren.

Das Urteil

Die Staatsanwaltschaft forderte mehrmonatige Freiheitsstrafen auf Bewährung, sowie Geldstrafen. Die Verteidigung wollte Freispruch für die Faschist_innen. Besonders perfide war eine Äußerung aus dem Plädoyer der Anwältin von Sven Geyer. Sie monierte, dass eine Antifaschistin, die es sich erdreistet gegen einen faschistischen Aufmarsch zu protestieren, damit rechnen muss verprügelt zu werden.
Das Urteil des Richters blieb unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Täter werden der gemeinschaftlich begangenen schweren Körperverletzung für schuldig befunden. Steffen Hennrich, Enrico Hartung und Sven Geyer wurden zu je sieben Monate Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung verurteilt, Nico Geyer aufgrund zahlreicher Vorstrafen zu acht Monaten auf ebenfalls zwei Jahre Bewährung. Außerdem muss Enrico Hartung aufgrund mangelndem Einkommens 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Die übrigen drei Täter müssen je 800€ an das Frauenhaus Gotha zahlen. Über etwaige Revisionsanträge ist nichts bekannt.

Fazit

Trotz des Versuchs der Neonazis und ihrer Verteidiger, die Täter zu Opfern einer Verschwörung zu machen und der Bedrohung des Opfers und der Augenzeugen mit Anzeigen wegen Meineids, ging das Kalkül diesmal nicht auf. Die Schützenhilfe der schlecht ermittelnden Thüringer Polizei, der man schon Absicht unterstellen muss, half auch nicht. Der Tathergang war eindeutig rekonstruierbar und das Opfer sowie die Augenzeugen glaubwürdig. Über die Härte der Strafe möchte sich die Antifaschistische Prozessbeobachtung hier nicht äußern. Es ist in diesem Rechtsstaat nur insofern relevant, dass ein Faschist, der im Knast sitzt, erstmal "außer Gefecht" ist und draußen keine Menschen verprügeln bzw. seinen geistigen Ausfluss in die Bevölkerung tragen kann. Die Täter werden die ihnen auferlegte Strafe vorerst nicht absitzen müssen. Zur "Resozialisierung" kann der Knast nichts beitragen. Die Nazis sind ein gesellschaftlichen Problem, dem nur durch eine grundlegende Veränderung der gesamtgesellschaftlichen Struktur beizukommen ist.

Solidarität mit der Betroffenen!
Für nazifreie Straßen!




v.l.n.r.: Sven Geyer, Enrico Hartung, Nico Geyer, Steffen Hennrich


Prozess wurde von Repressalien gegen Unterstützer_innen der Betroffenen begleitet

Quelle: Antifaschistische Prozessbeobachtung auf Indymedia


Infos zu den verurteilten Neonazis:

Enrico Hartung

Enrico Hartung (* 31.01.77) ist verheiratet, hat ein Kind und wohnt in Arnstadt An der Weise 13. Er hat einen Hauptschulabschluss, ist zur Zeit arbeitslos und ohne eigenes Einkommen. Hartung ist zusammen mit seiner Ehefrau Katja Hartung (geb. Giese) schon mehrfach auf Neonazidemos in Erscheinung getreten. Beide betätigten sich zudem schon als Anti-Antifas und fertigen Aufnahmen von Antifaschist_innen auf linken Veranstaltungen an.

Weitere Infos und Bilder zu Hartung gibts auf der Homepage der mittlerweile aufgelösten Antifa-Gruppe Left Resistance Arnstadt (LRA) --> KLICK

Steffen Hennrich

Steffen Hennrich (* 18.08.77) wohnt in der Sodenstraße 13 in Arnstadt. Er ist derzeit mit Marlen Schneider liiert, die auch in der Neonaziszene aktiv ist. Er hat einen Realschulabschluss, ist gelernter Schlosser und in der Branche auch tätig. Hennrich nahm schon mehrfach an Neonaziveranstaltungen teil und ist Schatzmeister des extrem rechten Vereins "Deutsch-Russische Friedensbewegung - Europäischen Geistes e.V.", in welchem sich bundesweit bekannte Nazikader organisieren.

Weitere Infos zu Hennrich gibts in der Alerta Arnstadt, Ausgabe 1 (Seite 4) --> KLICK

Sven Geyer

Sven Geyer (* 09.10.78) ist gebürtiger Arnstädter, verzog aber vor etwa einem Jahr nach Österreich und wohnt dort in der Wiener Straße 3-5 in 3133 Traismauer. Dort ist der gelernte Tischler als LKW-Fahrer tätig. Er hat zwei Kinder, eines lebt bei seiner Ex-Freundin. Geyer war bis zu seinem Umzug nach Österreich einer der aktivsten Neonazis in Arnstadt. Er zeichnete sich verantwortlich für die Herausgabe einer faschistischen Szenezeitschrift namens "Ilmkreis National". Er war mitverantwortlich für das Erstarken der Kameradschaft Ilmkreis und hielt den Vorsitz, des u.a. von ihm gegründeten NPD-Kreisverbands im Ilmkreis inne. Außerdem gründete er den Verein "Nationalisten für Kinderrechte", welcher vermeintlich im Widerspruch zur Praxis steht 16-jährige Mädchen zu verprügeln.

Weitere Infos und Bilder zu Sven Geyer gibts auf der Homepage der LRA --> KLICK

Nico Geyer

Nico Geyer (* 24.06.82) ist der Bruder von Sven Geyer und lebt heute ebenfalls in Österreich in der Wiener Straße 3-5 in 3133 Traismauer. Er hat einen Hauptschulabschluss und keinen Beruf gelernt. Zur Zeit arbeitet er wie sein Bruder als LKW-Fahrer. Er ist Vater eines Kindes. Nico Geyer trat ebenfalls schon mehrfach bei Naziaufmärschen in Thüringen und bundesweit in Erscheinung.


Presse:

Thüringer Allgemeine - 25.02.08
Rechte Schläger in Gotha verurteilt

Das Amtsgericht Gotha hat vier Männer aus der rechtsextremen Szene zu Bewähungsstrafen wegen schwerer Körperverletzung verurteilt, weil sie ein 16-jähriges Mädchen verprügelt haben sollen.

GOTHA. Mehr als zwei Jahre nach der Tat sind vier Neonazis in Gotha wegen gemeinschaftlich begangener schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Die Strafe für drei der Angeklagten lautet sieben Monate Haft, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurde. Der vierte Angeklagte erhielt acht Monate auf Bewährung. Zudem müssen drei der Männer im Alter zwischen 25 und 31 Jahren jeweils 800 Euro an ein Frauenhaus in Gotha zahlen. Der vierte soll 200 Stunden soziale Arbeit leisten.

Die Verteidigung hat für die Angeklagten Freispruch gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Rechtsextremisten sollen am Rande eines Neonaziaufmarschs im November 2005 in Friedrichroda eine 16-Jährige verfolgt, geschlagen und getreten haben. Die Jugendliche hatte gemeinsam mit einem Bekannten mit Zwischenrufen gegen den Aufmarsch protestiert. Darauf hin sollen sich die Angeklagten aus der Demonstration gelöst und das Opfer verfolgt und verletzt haben.

Während der Verhandlung sind schwere Ermittlungs-pannen der Polizei bekannt geworden, die um ein Haar eine Verurteilung verhindert hätten. Keiner der anwesenden Beamten hatte die Straftaten gesehen. Ein Zeuge, der die Prügelei beobachtet hatte und sich sofort an die Polizei gewandt hatte, war während der zweijährigen Ermittlung nicht ein einziges Mal vernommen worden. Die Polizei hatte ihn nicht einmal in die Ermittlungsakte für die Staatsanwaltschaft aufgenommen. Erst am zweiten Verhandlungstag war der Mann von einer Polizistin, die als Zeugin geladen war, erwähnt worden und sie übergab dessen Angaben dem Gericht.

Der Zeuge selbst bestätigte weitgehend die Angaben des Opfers und untermauerte so die in der Anklage erhobenen Vorwürfe. Einer der Gründe, warum die Strafe so mild ausfiel, war die lange Dauer zwischen Straftat und Urteil.

25.02.2008 - Von Kai MUDRA


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