Was tun, wenns brennt!

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Hier werden wir versuchen wesentliche Presseberichte, Pressemitteilungen, etc. für euch zu dokumentieren.


23. Juni 2008 - Freies Wort

Bürgerfest
Mit Street-Soccer, Info-Ständen und Kuchen gegen Rechts
„Bunt statt Braun“ ging es am Samstag trotz Demo der rechten Szene in der Heinse-Stadt zu

Langewiesen – Als die Ordnungskräfte der Polizei am späten Samstagnachmittag abrückten, wurde auf dem Marktplatz vor dem altehrwürdigen Rathaus noch gefeiert. Daniela Horn von der Polizeidirektion Gotha konstatierte, alle drei „Versammlungslagen des linken und rechten Spektrum“ seien ohne Störungen verlaufen. Gemeint waren der „Aufzug mit Kundgebungen “ rechter Kräfte mit rund 100 Teilnehmern am Vormittag durch die Stadt, der „Aufzug mit Zwischenkundgebungen“ linker und alternativer Kräfte mit 200 Teilnehmern auf einer ähnlichen Route am Nachmittag und ein „Bürgerfest auf dem Rathausplatz“.

Dass es „an diesem Tag zu Beeinträchtigen in Folge von Straßensperrungen und Verkehrsumleitungen kommen“ kann, dafür bat die Polizei schon Tage zuvor um Verständnis der Mitbürger. „Ganz zufrieden“ über friedlichen Verlauf des Tages zeigte sich am Nachmittag auch Rainer Zobel, stellvertretender Landrat, der als Vertreter der Ordnungsbehörde, den ganzen Tag präsent „zufrieden mit der Organisation“ war.

Lange vor Bürgerfest und Demonstrationen wurden in der Liebfrauenkirche Zeichen gesetzt. Die evangelische Kirchgemeinde und Pfarrer Veiko Mynttinen hatten für zehn Uhr zum Friedensgebet geladen. Auch Teilnehmer des Bürgerfestes nahmen diese Einladung an, sangen gemeinsam das Lied „Gib Frieden, Herr, gib Frieden“ und stimmten dem „Täglichen Gebet“ von Mahatma Gandhi zu, das mit den Worten schließt: „Ich will guten Willens sein gegen jedermann“. Pfarrer Mynttinen sagte es offen: „Langwiesen ist verunsichert“. Gegen die Demonstration des rechten Spektrums in Langewiesen forderte er die Bürgerinnen und Bürger auf, „Gesicht zu zeigen“, „genau hinzusehen“.Das konnte man auf dem Rathausplatz ausgiebig. Buden. Stände, Angebote in Hülle und Fülle. Immer dicht umlagert die „Kaffee-Bude“ von Annette Siefert, deren 14 verschiedene Kuchen, gebacken von den „Garagen“-Muttis, auf große Resonanz stießen. In der Verkaufsbude daneben konnte gleichberechtigt zwischen Thüringer Bratwürsten und veganen Burgern, also extrem fleischlosem Imbiss, gewählt werden.

Noch breiter war das Angebot an Informationen. Anja Blaschke von der Koordinierungsstelle „Vielfalt tut gut“ stand da neben der FAU, der Freien Arbeiter- und Arbeiterinnen-Union, einer Projektwerkstatt junger Anarchosyndikalisten aus Jena, und der bekannten VVN-Aktivistin Elke Pudszuhn. Die jungen Leute von „solid“ waren ebenso vertreten wie „mobit“, die mobile Beratung in Thüringen gegen Rechtsextremismus, die einen Tag nach Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes in Thüringen vom neuen Innenminister Manfred Scherer auf den versprochenen verstärkten Kampf gegen Rechtsextremismus wartet.

Mittendrin zwischen allen Buden und Ständen gab es Fußball, so genannten Street-Soccer. Das Fan-Projekt aus Jena machte auf Bitten der Veranstalter in Langwiesen Station. Auf einer 12 mal 8 Meter großen Anlage mit übermannshohen Netzen wurde den ganzen Tag über Fußball gespielt. „Wir spielen Drei gegen Drei ohne Torwart und ohne Schiedsrichter. Bei Fouls oder Unstimmigkeiten müssen sich die Spieler untereinander einig werden“, erklärte Andre Lorbeer, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Projektes, das Prinzip. „Und das klappt. Außerdem wirk so ein Soccer-Turnier ungemein deeskalierend“.

Ein friedliches Bürgerfest, dem es zuweilen an Besuchern aus dem Ort mangelte. Einen Hinweis dazu gab Stefan Bieber, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Orstvereins Ilmenau: „Ich begrüße, dass dieses Bürgerfest hier stattfindet und ich finde es gleichzeitig schlimm, dass man den Veranstaltern im Vorfeld derartige Probleme bereitet hat. Gott sei dank kam es nicht zu Störungen“, freute sich der Rechtsanwalt. „Die Veranstaltung ist ja nun wirklich nicht besonders konfliktträchtig, bis auf die Konflikte, gegen die sie gerichtet ist.“

Sichtlich zufrieden mit dem friedlichen Verlauf „dieser ersten politischen Veranstaltung außer den 1. Mai-Kundgebungen in Langewiesen“ waren auch die Veranstalter rund um die Langewiesener Stadträtin Anke Hofmann (Die Linke). „Ausgangspunkt für dieses Bürgerfest war für uns die Aufforderung von Ministerpräsident Althaus im März dieses Jahres, im Kampf gegen Rechts nicht nachzulassen.“ Dazu kamen Angriffe auf die „Garage“, den Alternativen Treffpunkt in der Stadt für „junge Leute zwischen 17 und 37“. Dem von außen oftmals vorgetragen Gewalt-Vorwurf gegenüber den jungen Leuten aus der alternativen Szene entgegnete sie: „Die Jungs wollen sich auch nach dem Fest weiter hier in der „Garage“ treffen können, wollen weiter durch die Stadt laufen, wollen hier weiter friedlich leben.“ Gleichzeitig konstatiert sie in Langewiesen wie im Ilmkreis eine starke Ignoranz gegenüber dem wachsenden Rechtsextremismus. „Ich gebe gern einen Kasten Sekt aus, wenn ich verlieren sollte, aber wir werden bei den Wahlen zu einhundert Prozent rechte Kandidaturen im Ilm-Kreis haben. Aber die Gemeinderäte und Bürgermeister sind doch überhaupt nicht darauf vorbereitet“, warnte die Stadträtin und Kreistagsabgeordnete. Das Bürgerfest war in diesem Sinne auch eine gute Gelegenheit, Zeichen zu setzen, Gesicht zu zeigen und sich zu informieren. dol

22. Juni 2008 - Thüringer Allgemeine

Fest zwischen zwei Demonstrationen

LANGEWIESEN (gs). Keine direkte Konfrontation zwischen rechtem und linkem Lager am Samstag in Langewiesen, obwohl beide Gruppierungen zu Demonstrationen aufgerufen hatten.

"Na, Hauptsache es bleibt ruhig", meinte eine Langewiesener Autofahrerin, die von Ilmenau kommend am Kreisel Richtung Heimat fahren durfte. Zufahrt nur für Einheimische und Teilnehmer der Demonstrationen, der Durchgangsverkehr wurde von der Polizei umgeleitet. Einsatzkräfte waren an mehreren Stellen des Stadtgebietes stationiert. Mehrere Fahrzeuge sollten die Demonstrationen begleiten. Am Felsenkeller sammelten sich die etwa 90 Teilnehmer des rechten Aufzugs. Kurz nach 10 Uhr der Abmarsch ohne die angekündigte Auftaktkundgebung. Man war unter sich. Auch auf dem weiteren Weg kaum Schaulustige. Nur als sie Sprechchöre rufend in Sichtweite des Marktplatzes die Brauhausstraße passierten, einige Rufe der dort versammelten Linken. Doch zwischen den Gruppierungen zwei Reihen Sperrgitter und Polizisten.

Dann Zwischenstopp in der Hauptstraße. Anwohner schütteln den Kopf: "So was darf nicht genehmigt werden", meint einer. Im einsetzenden Nieselregen bemüht ein Redner Goethe, versucht das Thema Arbeitslosigkeit zu besetzen - für die "Volksgenossen". "Langewiesen erwache", skandieren die Rechten. Die Parolen werden noch direkter, die Polizei stoppt den Zug, untersagt Aufrufe zur Gewalt. Schweigend geht es durch die nahezu menschenleere Straße "In den Folgen". Um 12.30 Uhr ist der Zug wieder am Ausgangspunkt angekommen. Die Rechten ziehen ab. Die Gitter in der Ratsstraße können abgebaut werden, so eine Order der Einsatzleitung der Polizei.

Auf dem Marktplatz läuft bereits seit 11 Uhr das Programm der Linken. Informationsstände, Musik, ein Straßenfußballturnier, Bratwurst, Kuchen, Kaffee und Brause. Ein Bürgerfest ohne Bürgermeister. Horst Brandt (SPD) ist im Urlaub, dennoch monieren etliche Langewiesener seine Abwesenheit.

Vorab hatten sich etwa 50 Leute in der Kirche zum Friedensgebet eingefunden. Pfarrer Veikko Mynttinen räumte ein, sich erst in der jüngeren Vergangenheit mit dem Problem Rechtextremismus in der Stadt beschäftigt zu haben. Jetzt fordert er eindringlich dazu auf, Zivilcourage zu beweisen und - Gesicht zu zeigen. Der Ruf scheint bei den jugendlichen Demonstranten nicht so recht angekommen zu sein. Sie halten ihre Spruchbänder kopfhoch, tragen Kapuzen oder Sonnenbrillen. Aber die Sonne scheint ja auch, als sich der Demonstrationszug am Markt in Bewegung setzt. Linke-Landtagsabgeordnete Sabine Berninger hatte zuvor von Versuchen gesprochen, die Veranstaltung zu verunglimpfen und die von rechts drohenden Gefahren herunterzuspielen. Doch die jüngste Statistik des Innenministeriums sehe bei rechten Straftaten Thüringen im deutschlandweiten Vergleich auf Platz drei.

Die Demonstranten ziehen zunächst in Richtung "In den Folgen". Hier gibt es seit mehreren Jahren in einer Garage einen alternativen Jugendclub, der bereits dreimal Ziel rechter Attacken gewesen sei, so eine Rednerin, letztmalig am 16. April dieses Jahres, ein Brandanschlag. Letztlich der Anlass für den samstäglichen Aktionstag. Der sollte auch mit Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr wachrütteln, so Anke Hofmann, eine der Mitorganisatoren, Stadträtin der Linken und Vizepräsidentin des Kreistages. Mit dieser Aktion, die sowohl im Stadtrat wie auch in der Bevölkerung - gerade mit Blick auf die Kosten - der nötigen Polizeipräsenz nicht unumstritten war, wollte man niemand verschrecken. Alle Vereine und Organisationen, die sich beteiligen wollten, waren auf den absolut gewaltfreien Charakter der Veranstaltung hingewiesen worden, so Hofmann. Man wollte deutlich machen, dass eben auch kleinere Städte und Gemeinden keine nazifreien Zonen sind. Sie rechnet damit, dass die Rechten zu den Kommunalwahlen in Langewiesen "hundertprozentig" antreten und sie fürchtet, dass sie kein schlechtes Ergebnis einfahren werden. Sollte es anders kommen, zahle sie gern einen Kasten Sekt. Im Gegensatz zu dieser Ankündigung blieb das Bürgerfest alkoholfrei. Man konnte auch "ohne" gut feiern, meinte Anke Hofmann.

Gerd SCHMIDL

21. Juni 2008 - Freies Wort

Langewiesen
Rechte und Linke demonstrierten ohne Zwischenfälle

Langewiesen - Offenbar ohne Zwischenfälle sind am Samstag in Langewiesen (Ilmkreis) Veranstaltungen von Anhängern des rechten und des linken Spektrums abgelauf. Die Polizei zeigte große Präsenz.

Den ganzen Tag war die Bundesstraße 88, welche durch den Ort führt, gesperrt. Der Verkehr wurde weiträumig um Langewiesen herumgeführt.

Am Vormittag startete vor dem Rathaus ein Bürgerfest, welches von der Partei Die Linke organisiert worden war.

Zeitgleich setzte sich ein Aufzug mit etwa 100 Teilnehmern in Bewegung, der unter dem Motto stand "Freie Jugend statt Gesinnungsdiktatur". Der Marsch durch die Start wurde von zwei Kundgebungen unterbrochen.

Am Nachmittag marschierten dann laut Polizei etwa 200 vornehmlich junge Leute durch Langewiesen. Mit den Losungen "Was tun, wenn's brennt! Zivilcourage zeigen" und "Gegen die Nazifizierung der Provinz!" wollten sie einen Kontrapunkt zum Aufzug am Vormittag setzen. Auch diese Veranstaltung lief störungsfrei ab. (red)

12. Juni 2008 - Thüringer Allgemeine

Konfrontation nicht auszuschließen

Ein "Signal gegen Rechtsextremismus" will ein linksorientiertes Aktionsbündnis mit einem Bürgerfest übernächsten Samstag in Langewiesen setzen. Die rechte Szene reagierte - und darf zur Gegenveranstaltung aufmarschieren.

LANGEWIESEN. "Die Genehmigungsbescheide für beide Veranstaltungen gehen morgen raus", erklärte gestern Landrats-Beigeordneter Rainer Zobel (FBG) nach letzten Gesprächen mit Vertretern der Stadt Langewiesen, der Polizei sowie mit den Anmeldern. "Es herrscht Versammlungsfreiheit. Wir sahen keine Versagungsgründe wie Hinweise auf eine Gewaltprovokation oder -ausübung." Beide Anmelder seien auf das Verbot verfassungsfeindlicher Parolen und Plakate hingewiesen worden.

Bürgerfest samt Demo hatten die Linke-Parteimitglieder Anke Hofmann, Steffen Dittes, Sabine Berninger und Axel Eberhardt angemeldet, die Gegendemo laut Polizei "eine Person aus der rechten Szene".

Durch eine "zeitliche und räumliche Trennung" der Veranstaltungen werde versucht, "das Zusammenstoßpotenzial kleinzuhalten", Rainer Zobel. Demnach kann von 10 bis 18 Uhr auf dem Markt das Bürgerfest stattfinden. Von 14 bis 17 Uhr dürfen die Linken demonstrieren, die Rechten von 10 bis 13 Uhr. Ähnlich ist der jeweils genehmigte Streckenverlauf vom einstigen Bahnhof über den Sportplatz zur Hauptstraße, weiter in Richtung Wümbach und über den Kreisel und das Gewerbegebiet zurück zum Bahnhof. Auf einen Abstand von mindestens einer Straße sei geachtet worden, betonte Rainer Zobel insbesondere mit Blick aufs Bürgerfest auf dem Markt und den zeitgleichen Rechten-Aufzug.

Die Polizei will Stärke zeigen, Ausschreitungen aber seien nie auszuschließen, hieß es.

Bereits im Mai hatte die linke Szene Bürgerfest samt Demo angekündigt. Letztere sollte durch fast alle Straßen Langewiesens führen, um den Rechten keinen Platz zu lassen. Dass dieser Plan nicht aufgeht, kommentierte Anke Hofmann mit den Worten: "Jeder hat das Recht, eine politische Veranstaltung anzumelden." Ähnlich reagierte Bürgermeister Horst Brandt (SPD): "Wir haben eine Demokratie, da ist dies eben möglich."

In den vergangenen beiden Jahren war der südliche Ilmkreis weitgehend verschont geblieben von Aufmärschen der linken oder rechten Szene - im Gegensatz zu Arnstadt: Im Juni 2007 hatte die NPD eine Kundgebung abgehalten, ein Aufzug von Vertretern der linken Szene folgte. Einen knappen Monat später hielten Letztere eine Kundgebung in Arnstadt ab, die Polizei wehrte einen versuchten Angriff der Rechten ab. Dass nun Langewiesen folgt, überrascht die Beamten nicht: Seit Längerem sind die beiden politischen Szenen dort aufgeheizt, zeigen einschlägige Internetseiten.

In Gehren haben Unbekannte unterdessen in der Nacht zu vorgestern am Rathaus Schmiereien hinterlassen, die einem extremistischen Lager zuzuordnen seien, so Bürgermeister Ronny Bössel (FBG). Er vermutet, dass diese im Vorfeld der Langewiesener Demos entstanden sind. Sie wurden beseitigt, eine Anzeige wegen Sachbeschädigung folge, so Bössel.

Von Kristin KAISER


12. Juni 2008 - Freies Wort

Getrennte Lager?

Arnstadt/Langewiesen – Keine Eskalation am 21. Juni in Langewiesen. So könnte man das Ergebnis der beiden Koordinierungsgespräche im Landratsamt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen. Das teilte gestern Vizelandrat Rainer Zobel auf Anfrage mit. „Wir haben mit den Organisatoren gesprochen. Weder rechts noch links sind auf Konfrontation aus“, sagte Zobel im Gespräch mit unserer Zeitung. Hinter den Veranstaltern stünden keine politischen Parteien. So werde sich das rechte Lager am Vormittag versammeln. Das Bürgerfest der Linken mit anschließendem Umzug sei für den Nachmittag geplant. Zobel: „Mit der Führung ist abgestimmt, dass die Lager getrennt bleiben.“ Heute werde Zobel dem Prozedere nach nochmals mit den Linken sprechen, dann würden die jeweiligen Bescheide mit Auflagen erteilt.


11. Juni 2008 - Freies Wort

Gehren
Kripo ermittelt wegen wilder Plakatierung

Plakate und Inschriften wurden gestern Morgen in Gehren am Rathaus und von der alten Eisenbahnbrücke vom Ordnungsamt entfernt. Die Polizei ermittelt auf die Anzeige hin. Die Sprüche werden der autonomen Szene zugeordnet und könnten Vorboten der Treffen am 21. Juni in Langewiesen sein.


28. Mai 2008 - Freies Wort

Extremismus
Langewiesen wird Aufmarschgebiet
Demonstration wurde bereits angemeldet
Von Wolfgang Rauprich

Langewiesen – Zumeist gibt es folgenden Werdegang bei der Auseinandersetzung demokratischer Kräfte mit rechtsradikalen Aktionen: In einer Kommune planen rechtsradikale Gruppierungen einen Aufmarsch und melden diesen gesetzeskonform als Demonstration an. Verbote sind kaum durchsetzbar. Daraufhin werden Gegendemonstrationen organisiert. Mitunter sind es breite Bündnisse von Bürgern und Vertretern demokratischer Parteien, die sich solchen Aufmärschen entgegen stellen. Manchmal treten dabei auch linke Gruppen allein auf. In Langewiesen allerdings ist der Weg genau umgekehrt:

Hier hat ein Bündnis linksorientierter Kräfte als erstes eine Großdemonstration angemeldet. Und nun drängt die rechtsradikale Szene ebenfalls nach Langewiesen. Eine rechte Initiative mit der Bezeichnung „Freie Jugend statt Gesinnungsdiktatur“ aus Manebach hat derweil auch eine Demonstration für den 21. Juni beim Ordnungsamt des Ilmkreises angemeldet. Damit tritt ein, was besorgte Langewiesener Stadträte in ihrer letzten Sitzung zum Ausdruck gebracht haben. Die Stadt wird zu einem Aufmarschgebiet.

Bürgermeister Horst Brandt, der weiter versucht, wenigstens den Marktplatz von dem Geschehen frei zu halten, hatte dem linken Bündnis bislang ohne Erfolg angeboten, stattdessen den Platz neben der Sporthalle zu nutzen. Nun legte er nach stellt dem Bündnis die erste Seite des Langewiesener Amtsblattes für Veröffentlichungen zur Verfügung: „Wir wollen damit zeigen, dass wir dem Anliegen dieses Bündnisses durchaus nicht fern stehen.“


26. Mai 2008 - Thüringer Allgemeine

Zweite Demo in Langewiesen angezeigt

Das von einem linken Aktionsbündnis und Einzelpersonen vorbereitete "Fest für Zivilcourage - gegen die Nazifizierung der Provinz" am 21. Juni in Langewiesen bekommt Konkurrenz. Eine weitere Veranstaltungsanzeige sei eingegangen, hieß es gestern im Landratsamt.

LANGEWIESEN (ht). Das heutige Kooperationsgespräch im Ordnungsamt des Ilmkreises wird in Bezug auf den Verlauf des 21. Juni nicht das letzte gewesen sein. Vize-Landrat Rainer Zobel erklärte gestern auf Anfrage dieser Zeitung, dass man am Dienstag mit den Veranstaltern des zuerst beantragten Festes sprechen werde. Allerdings habe er seit Montag eine weitere Veranstaltungsanzeige vorliegen. "Sie können sich sicherlich denken, aus welcher Richtung", so Rainer Zobel zum Inhalt der Zweitanmeldung. Zu dieser sei für den 5. Juni ein Kooperationsgespräch anberaumt, nach welchem man eine behördliche Entscheidung verkünden werde. Man habe den Initiatoren des späteren Antrags bereits die räumliche und zeitliche Kollisionsproblematik dargestellt. Bisher behalten beide Seiten an dem Termin fest. Bürgermeister und Stadtrat von Langewiesen hatten sich bereits in der letzten Woche besorgt geäußert, was mögliche Ausschreitungen und Sachbeschädigungen durch Auseinandersetzungen einzelner gewaltbereiter Kräfte und die damit einhergehende Rufschädigung Langewiesens angeht.


26. Mai 2008 - Offener Brief des Vorbereitungskreises

Offener Brief des Vorbereitungskreises zum 21.Juni in Langewiesen

Eine Reaktion auf die bisherige Berichterstattung der Lokalpresse.

Nicht Imageschäden, sondern die Angst um Menschenleben motiviert den Vorbereitungskreis der Demonstration am 21.Juni.

In Anlehnung an den Buchtitel des renommierten Zeit-Journalisten Toralf Staud wurde als Motto der Aktionen am 21. Juni in Langewiesen der Slogan gegen die "Nazifizierung der Provinz" gewählt. Was Staud analysiert und wir kritisieren ist eine vorherrschende rechtsextreme Jugendkultur, welche über kurz oder lang auch Wahlerfolge für rechtsextreme Parteien nach sich zieht.

Eine solche Jugendszene existiert in Langewiesen, auch wenn dies der Bürgermeister und Teile des Stadtrates scheinbar nicht wahrnehmen möchten. Diese rechten Jugendlichen sind teilweise in thüringenweit agierenden Neonazistrukturen, wie die "Freien Kräfte Südthüringen" eingebunden. Während bundesweit Presse und Politik ebensolche Zusammenschlüsse sogenannter "Autonomer Nationalisten" thematisieren, glauben die Langewiesener Verantwortlichen weiterhin nicht an die Existenz von Nazis in "ihrer Stadt".

Die Fakten sprechen eine andere Sprache, und zwar nicht nur die 4,7% der Wählerstimmen, welche die NPD bei den Bundestagswahlen 2005 in Langewiesen erlangen konnte, und die klar über dem Landesschnitt liegen.

Jugendliche und junge Erwachsene aus Langewiesen zeigen sich in neonazistischen Internetcommunitys in szenetypischer Kleidung und mit einem Teleskopschlagstock bewaffnet vor der Reichskriegsflagge oder gar in "geselliger Runde" beim Zeigen des Hitlergrußes. Neben Abbildungen einer Hakenkreuzfahne und dem Konterfei Adolf Hitlers findet man auch eine Fotomontage des Haupteingangs des Konzentrationslagers Auschwitz mit einer Magnetbahn unter der Überschrift"10 Minuten" in den Profilen von Langewiesener Jugendlichen. Eine Langewiesenerin wurde im Dezember des vergangenen Jahres erkannt, wie sie gemeinsam mit weiteren rechten Jugendlichen mit einer Zwille die Scheiben in der evangelischen "Gemeinde Stadtmitte", einen Treffpunkt der alternativen Szene in Jena, zerstörte.
Dass die Jugendarbeit in Langewiesen mit solchen Menschenfeinden abgestimmt wird, wie ein Artikel im "Freien Wort" vom 23.01.diesen Jahres unter der Überschrift "Alle Gruppen einbeziehen" zeigte, ist für uns unerträglich!

Dass es Angriffe auf alternative Jugendliche in Langewiesen gibt, ist bekannt. Es ist empörend, dass sich jene, die sich so entsetzt über die Anmeldung einer Demonstration zeigen, nicht die selbe Ablehnung gegenüber den Gewaltakten gegen Menschen formulieren. Wir haben den Eindruck, die Nazis können im Ort machen was sie wollen, solange es nicht öffentlich geschieht. Wir haben den Eindruck, die Unversehrtheit von Menschen ist einigen egal, solang für sie keine Mehrarbeit entsteht. Wir haben den Eindruck, unser Leben ist nichts wert. Das werden wir nicht akzeptieren!

Die Übergriffe und Angriffe auf einen Treffpunkt auf einem Privatgrundstück scheinen zum Volkssport geworden sein - es vergeht kaum noch eine Woche ohne einen Zwischenfall. Die Spitze des Eisbergs wurde Mitte April erreicht, als vor der "Garage" eine Mülltonne in Brand gesetzt wurde. Diese stand unter einem Carport mit direkter Verbindung zum Haus, in dem sich zu diesem Zeitpunkt zwei Menschen aufhielten. Das Feuer konnte glücklicherweise gelöscht werden.

Wir haben das Gefühl, auf uns allein gestellt zu sein. Wir werden handeln!

Wir wollen an die Öffentlichkeit treten und den Konsens des Ignorierens, der sich vom Rathaus über den Jugendclub bis zur Presse zieht, durchbrechen.

Wir planen keine "Randale", "Sachbeschädigung" oder eine "Großdemonstration". Wir möchten mit so vielen unterschiedlichen Menschen wie möglich ein Zeichen gegen Rechts setzen. Wir möchten die Öffentlichkeit und die Langewiesener Bürgerinnen und Bürger für die beängstigenden Entwicklungen sensibilisieren. Dazu veranstalten wir eine Kundgebung, mit kulturellen Beiträgen, wie zum Beispiel einem Fußballturnier, um die gegen uns bestehenden Vorurteile abzubauen. Eine solche Veranstaltung bedarf Zeit für den Auf- und Abbau, die in der Anmeldung eingeschlossen ist.

Dafür werden wir uns den Marktplatz nicht nehmen lassen. Auch wir sind Teil der Stadt. Wir wollen uns in und nicht vor der Stadt artikulieren.

Skandalös finden wir die Aussagen von VertreterInnen demokratischer Parteien, die Veranstaltung zu verbieten oder doch wenigstens aus der Sichtweite zu verbannen. Wir wollen der Stadt nicht schaden. Wir wollen ein Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit und für Courage setzen und fordern von den im Stadtrat vertretenen Parteien eine politische Auseinandersetzung. Insbesondere möchten wir den Bürgermeister an die Errungenschaften der Demokratie erinnern und bieten den VertreterInnen der politischen Parteien im Stadtrat sowie dem Bürgermeister hiermit an, sich auf der Kundgebung am 21.Juni mit einem Redebeitrag zu Wort zu melden, getreu der Aussage Voltaires: "Mein Herr, ich teile ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen"


23. Mai 2008 - Freies Wort, Leserbrief

LESERBRIEFE
Gegen Rechtsextremismus

Zum Beitrag «Durch alle Stra ßen des Zentrums" vom Mittwoch.
Nimmt man die Veröffentli chung im Beitrag „Durch alle Straßen des Zentrums" ernst, sind sich der Bürgermeister Langewiesens und ein großer Teil des Stadtrates einig: Pro test gegen Rechts schadet dem Image. Nicht etwa das Vorhandensein einer rechten Szene, auch nicht die rechten Übergriffe. In Langewiesen im Umkreis scheint der Auf ruf des Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) im Feb ruar 2008 im Thüringer Landtag nicht angekommen zu sein, „im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachzulassen". Wenn doch, so hätte man Althaus sicher lich auch unterstellt, er scha de dem Image Thüringens und jedwedes Vorhandensein einer rechten Szene bestrit ten und ihm unterstellt, er provoziere erst den Rechtsex tremismus mit seinem Auf ruf.
Kritiklos darf der Bürger meister Langewiesens das Grundrecht auf Versamm lungsfreiheit aus Grundge setz und Thüringer Verfas sung in Frage stellen, wenn er meint, dass politische Ver­anstaltungen lieber doch nicht auf dem Marktplatz „seiner" Stadt stattfinden sollten. Ein merkwürdiges Demokratieverständnis. Erst wird den Initiatoren eines Bürgerfestes und einer De monstration unterstellt, sie würden mit ihrem Engage ment gegen Rechts der Stadt schaden, will er ihnen auch noch die Versammlungsfrei heit einschränken. Um der lieben gemeindlichen Ruhe wegen. Der Aufruf Althaus' ist wirklich noch nicht in Langewiesen angekommen.
Ich hoffe für die lokalen Initiatorinnen, dass sich Ein wohnerinnen nicht beirren lassen, sich am Bürgerfest und an der Demonstration zu beteiligen und damit auch das Bild der Veranstaltung gegen Rechtsextremismus mit prägen werden. Ich hoffe auch, dass Bürgermeister und Stadträte selbst sich beteili gen werden, damit ein deut liches Signal an diesem Tag in Langewiesen gegen Rechtsextremismus von die ser Veranstaltung ausgeht. Bislang fehlt dieses Signal. Die Haltung, in „unserer Stadt gibt es keine Rechten" und ein Bürgerfest gegen Rechts mit Demonstration nur als Imageschaden zu be trachten, ist ein solches nicht. Für andere Städte ge hört Engagement gegen Rechtsextremismus übrigens als Imagewerbung, auch in Thüringen.

Steffen Dittes Arnstadt


23. Mai 2008 - Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST)

PRESSEERKLÄRUNG

Das Maß ist voll! Aktionstag gegen rechte Gewalt in Langewiesen / Antifaschisten werden öffentlich diskreditiert

Am 20. Mai titelte die Thüringer Allgemeine „Langewiesen in der Mittsommerfalle“[1]. Das Freie Wort zog kurz darauf nach [2] und berichtete über die Reaktionen des Stadtrates auf eine angemeldete antifaschistische Demonstration durch die Südthüringer Kleinstadt Langewiesen.

Ursache für die antifaschistische Intervention ist der anhaltende Naziterror in der Kleinstadt und im ganzen Landkreis, der auf die alternative Szene einprasselt. Ein neuerlicher Brandanschlag am 16. April auf den alternativen Jugendtreff „Garage“ in Langewiesen, bei dem Menschen hätten sterben können [3], brachte das Fass zum Überlaufen. Die unzumutbaren Zustände waren für die linke Szene der Stadt einfach nicht mehr hinnehmbar.

Mit Unterstützung regionaler Antifa-Initiativen und der Partei „Die Linke“ organisieren die betroffenen Jugendlichen am 21. Juni nun einen Aktionstag gegen den Naziterror in der Provinz, mit Straßenfest und Demonstration. „Es geht darum, dass die Betroffenen der Nazigewalt aus dem ohnmächtigen Zustand ausbrechen können. Wir wollen ein Klima schaffen, in dem kein Mensch mehr Angst haben muss, nur weil er bunte Haare hat oder eine dunklere Hautfarbe“, so Stefan Müller Pressesprecher der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen (AGST). „Derzeit müssen Linke und Migranten in Langewiesen Angst um ihre Gesundheit haben. Die Stadt hat ein ernst zu nehmendes Problem mit Neonazis.“, so Müller weiter[4].

Von den Verantwortlichen der Stadt, allen voran dem Bürgermeister Horst Brandt (SPD) wird das Problem heruntergespielt. Mehr noch: Die Stadt habe kein Problem mit Neonazis und sollte es doch mal zu einem Angriff von Nazis kommen, den man nicht mehr leugnen kann, so wird dies zu Einzelfällen deklariert. „Hat Brandt schonmal mit den Betroffenen der Nazigewalt gesprochen?“, fragt Müller. Statt den Betroffenen der Gewalt Hilfe zukommen zu lassen, werden sie weiter diffamiert. Sie sind jetzt die Nestbeschmutzer. Bürgermeister und ein Großteil der Stadträte, sie alle zeigen jetzt eines deutlich: Sie sind mitverantwortlich für ein unzumutbares Klima der Angst in der Kleinstadt. Sie verhöhnen die Opfer der rechten Gewalt.

Die Regionalpresse trägt ihren Teil dazu bei. Die Berichterstattung ist geprägt von maßlosen Übertreibungen und Panikmache. So berichtet die Tageszeitung „Freies Wort“, unter Berufung auf eine Stadtratssitzung, undifferenziert von einer 8-stündigen Großdemonstration durch nahezu alle Straßen der Stadt, in deren Folge mit Sachbeschädigungen zu rechnen sei. Woher diese Info von einer „Großveranstaltung“ stammt, ist unklar. Klar ist aber, dass dies zur Panikmache beiträgt.

Horst Brandt setzt der Diskreditierungs-Kampagne die Krone auf, schwingt die Randale-Keule und versucht demokratische Rechte außer Kraft zu setzen. So will er den Marktplatz für politische Veranstaltungen verwehren. Hier lässt sich der SPD-Bürgermeister von der CDU links überholen. Dass die CDU die Versammlungsfreiheit für Linke verteidigen muss, bietet schon ein bizarres Bild eines Bürgermeisters, der jedes Maß verloren hat und die Geschichte der SPD zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland vergessen hat.

Brandt hat Angst vor Gewaltausbrüchen und dass Langewiesen zum Schauplatz linker Randale wird. Keine Angst hatte man bisher davor, die rechte Gewalt, die es in Langewiesen, im Gegensatz zu „linker Gewalt“, wirklich gibt, tot zu schweigen. Anstatt das eigentliche Problem, die rechte Alltagskultur, endlich anzugehen, schießt die Stadt gegen jene, die Zivilcourage zeigen. Man konstruiert ein Bild einer gewalttätigen, antifaschistischen Linken, um so eine Solidarisierung durch breitere Teile der Langewiesener Bevölkerung zu verhindern. Ziel ist die Diffamierung des antifaschistischen Widerstands.

Die Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) wird sich weiter in Langewiesen engagieren und den Besucherinnen und der Besuchern der Garage zur Seite stehen. Es ist unverantwortlich vom Bürgermeister und Stadt, dass die Opfer rechter Gewalt verhöhnt werden, während schlagende Neonazis kritiklos in die städtische Kultur integriert werden. Beschreibendes Beispiel ist die Integration der Neonazis in den städtischen Jugendclub. Hier stimmt der Jugendpfleger mit den stadtbekannten Rechten das Programm ab und integriert die Nazis im Club, in dem für Linke und Nicht-Deutsche dann natürlich kein Platz ist[5].

Bemerkenswert ist das Durchhaltevermögen der alternativen Szene in der Kleinstadt. Über Jahre mussten die Linken die andauernden Anfeindungen der Stadt und die Angriffe der Rechtsextremen ertragen. Aufgegeben hat man hier noch nie. Dass lediglich die Partei „Die Linke“ als einzige Stadtratspartei die Betroffenen rechter Gewalt unterstützt und erkannt hat, dass es hier ein Problem gibt, ist ein Armutszeugnis einer Stadt, die sich zu Recht Gedanken, um ihren Ruf machen muss.


[1] Thüringer Allgemeine vom 20.05.08: „Langewiesen in der Mittsommerfalle“
[2] Freies Wort vom 21.05.08: „Durch alle Straßen des Zentrums“
[3] Antifaschistische Gruppe Südthüringen am 19.04.08: „Langewiesen: Erneut Brandanschlag auf Garage“
[4] Ein lesenswerter, zusammenfassender Bericht der Gruppe Left Resistance Arnstadt (LRA) vom Dezember 2005 auf Indymedia: „Rechtsextremer Alltag in Langewiesen(Thür)“
Ein zusammenfassender Artikel zu Langewiesen aus der Broschüre „... den Wald vor lauter Bäumen nicht“, erstellt von der gleichnamigen Kampagne im Sommer 2007: „Langewiesen - rechter Alltag einer Kleinstadt“
[5] Antifaschistische Gruppe Südthüringen am 29.01.08 mit Bezug auf einen Artikel aus dem Freien Wort: „Langewiesen: Akzeptierende Jugendarbeit bereitet Nazis den Boden“

PRESSEERKLÄRUNG ENDE


21. Mai 2008 - Freies Wort

Linke Großdemonstration
Durch alle Straßen des Zentrums

Langewiesener Stadträte befürchten nicht nur Image-Schaden für die Stadt
Von Wolfgang Rauprich

Langewiesen – Eigentlich ließ die Tagesordnung der 31. Sitzung des Langewiesener Stadtrates keine Rückschlüsse auf eventuelle Problemdiskussionen zu. Mit der Eröffnung der Sitzung wurden jedoch einige Änderungen beschlossen. Darunter fand sich ein Tagesordnungspunkt mit der eher neutralen Bezeichnung „Willenserklärung“. Dieser hatte es dann allerdings in sich.

Am Ende des öffentlichen Teils der Sitzung erläuterte Bürgermeister Horst Brandt worum es dabei geht. Diese Willenserklärung sollte dazu dienen, die Positionierung des Stadtrates gegenüber einer im Juni geplanten Großdemonstration verschiedener Antifa-Initiativen festzustellen, beziehungsweise festzulegen. Dass er damit nahezu alle Stadträte erst einmal überfahren hatte, zeigte sich an der kurzzeitigen Sprachlosigkeit, angesichts der vorgebrachten Offenbarungen. Die CDU verlangte sogar eine Aus-Zeit, um sich über diese Lage verständigen zu können. Bis auf die Linkspartei-Stadträtin Anke Hofmann als Mitorganisatorin hatte keiner der Stadträte Informationen dazu. Am Ende wurde hierüber auch kein förmlicher Beschluss gefasst.

Acht Stunden durch die Stadt demonstrieren

Die Fakten: Für den 21. Juni, das ist der Tag der Sommersonnenwende, wurde für Langewiesen beim Ordnungsamt des Ilmkreises eine Großdemonstration angemeldet. Ein Bündnis von „privaten“ Initiatoren, angeführt von Steffen Dittes, wolle sich dabei gegen die „Nazifizierung der Provinz“ einsetzen. Geplant ist eine Großveranstaltung über einen Zeitraum von acht Stunden. Im Mittelpunkt soll ein Demonstrationszug mit mehreren Zwischenkundgebungen von 14 bis 17 Uhr stehen, der durch nahezu alle Innenstadt-Straßen führt. Am Ende ist eine Großkundgebung auf dem Marktplatz geplant. Demonstriert werde insbesondere gegen rechtsradikale Übergriffe auf die so genannte Garage, einen Treff linker Jugendlicher in Langewiesen.

Bürgermeister Brandt bezeichnete Vorwürfe, dass in Langewiesen eine rechtsradikale Szene linke Jugendliche bedrohe, als Rufmord. Ihm sei klar, dass die Veranstaltung aufgrund des Demonstrationsrechts nicht zu verhindern und auch kaum einzuschränken sei. Sein Anliegen war es nun, wenigstens den Marktplatz von dieser Großdemonstration frei zu halten. Die von ihm eingebrachte Willenserklärung hatte stattdessen zum Inhalt, den Platz neben der Sporthalle für die Kundgebung zur Verfügung zu stellen. Brandt: „Der Marktplatz soll für kulturelle Zwecke genutzt werden, aber nicht für politische Veranstaltungen.“

Damit stieß er allerdings auf zum Teil heftige Ablehnung, insbesondere unter den CDU-Stadträten. Dr. Dieter Bernet lehnte ein generelles Verbot von politischen Veranstaltungen auf dem Markt ab, weil damit die Rechte aller Parteien eingeschränkt würden. Auch Heinz Völker sprach sich gegen die Willenserklärung in dieser Form aus, die alle politischen Kräfte gleichermaßen in einen Topf werfe.. Gunter Jacob verlangte: „Hier muss wenigstens eine Differenzierung zwischen solchen Großveranstaltungen und den eher kleineren Auftritten der demokratischen Parteien vorgenommen werden. Das gehört dann in eine derartige Willenserklärung mit hinein.“

Einig waren sich die Stadträte mehrheitlich in der Ablehnung dieser geplanten Großdemonstration insgesamt. Lediglich Anke Hofmann, Linkspartei, warb als Mitorganisatorin dafür: „Alle Bürger sollten die Chance nutzen, die Abschlussveranstaltung zu einem großen Bürgerfest und damit zu einem Erfolg gegenüber rechtsextremistischen Entwicklungen zu machen.“

Argumentation als „scheinheilig“ kritisiert

Sascha König (SPD) nannte Hofmanns Argumentation „scheinheilig“: „Eigentlich ist schon jetzt abzusehen, dass mit dieser Veranstaltung nur die Gegenseite angelockt wird, die dann ebenfalls in Langewiesen auftreten will.“ Er sprach sich allerdings dafür aus, die Willenserklärung in ihrer ursprünglichen Form anzunehmen und dem Bürgermeister den Rücken zu stärken. Der Marktplatz werde bisher ohnehin nicht für politische Veranstaltungen genutzt.

Dr. Dieter Bernet (CDU) bezeichnete die Unterstellung, dass es in Langewiesen eine organisierte rechtsradikale Szene gäbe als „Unverschämtheit“: „Es ist durchaus möglich, dass es in Langewiesen einige Einzelpersonen gibt, die der rechten Szene angehören. Aber dafür die Stadt einen ganzen Tag lang zu blockieren ist nicht gerechtfertigt. Das wird uns am Ende allen sehr schaden.“

Am deutlichsten sprach sich der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Langewiesen, Ralf Kopplin (CDU), gegen diese Veranstaltung und gegen das Engagement von Anke Hofmann aus. Er brachte seine Befürchtung zum Ausdruck, dass Langewiesen künftig zu einem Treffpunkt unterschiedlicher radikaler Gruppierungen werde und neben dem Image-Schaden für die Stadt auch mit materiellem Schaden zu rechnen sei. Der Linkspartei-Stadträtin warf er vor: „Es wäre eigentlich ihre Aufgabe als Stadträtin gewesen, eine solche Veranstaltung zu verhindern, anstatt diese noch mit zu organisieren!“


20. Mai 2008 - Thüringer Allgemeine

Langewiesen in der Mittsommerfalle

LANGEWIESEN (ht). Der 21. Juni soll ein denkwürdiges Datum für Langewiesen werden, wenn es nach den Organisatoren eines "Bürgerfestes für Zivilcourage" geht. Der Untertitel " gegen die Nazifizierung der Provinz" löst im Stadtrat Bauchschmerzen aus. Man befürchtet Randale, Sach- und Rufschäden. Bürgermeister Horst Brandt ist stocksauer. Vor allem darüber, dass er es nicht zeigen darf. Der Sozialdemokrat im Rathaus sieht sich regelmäßig im Frühling wiederkehrenden Vorwürfen ausgesetzt, man tue zu wenig gegen die nach Ansicht der Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) andauernden Übergriffe rechter Gewalttäter. Konkret angeführt werden immer wieder Angriffe auf einen inoffiziellen Treff linksgerichteter Jugendlicher in der "Garage" im Gewerbegebiet "In den Folgen". Ob es sich dabei um politisch oder eher pubertär motivierte Gewalt handelt, dazu gehen die Meinungen weit auseinander.

Brandt sieht vor allem durch Berichte der AGST auf deren Internet-Seiten eine Rufschädigung der Stadt und darüber hinaus eine regelrechte Einladung an gewaltbereite Jugendliche beider Seiten zur Randale in Langewiesen. Vor zwei Jahren bot der Bürgermeister einen Runden Tisch gegen Gewalt an, er verlief nach wenigen Treffen schnell im Sande.

Das beantragte Bürgerfest am 21. Juni macht die politische Debatte jetzt offiziell: Außer dem Fest sind Demonstrationszüge durch nahezu jede Straße in Langewiesen geplant und dabei mehrere Zwischenkundgebungen. Von 10 bis 18 Uhr soll das Fest dauern, von 14 bis 17.30 Uhr die Demonstration. Zu den Federführern der Einzelteile des Festes gehören neben dem Arnstädter Stadtrat Steffen Dittes voraussichtlich Landtags- und Kreistagsmitglied Sabine Berninger. Auch Vizekreistagspräsidentin und Stadtratsmitglied Anke Hofmann (alle Linke) wird sich einen der Organisatorenhüte aufsetzen, wie sie im Stadtrat ankündigte. Der hatte den Entwurf einer Willenerklärung vorliegen, derzufolge man nicht auf dem Marktplatz sondern, eher auf dem Bolzplatz am Sportgelände die Veranstaltung gesehen hätte.

Horst Brandt: "Ich bin nicht gegen das Fest, aber dagegen, dass wir angesichts des Sicherheitsrisikos den Marktplatz dafür freigeben." Diesen in der Konsequenz von allen politischen Veranstaltungen frei zu halten, fand Stadtrat Dieter Völker (CDU) problematisch. Sascha König (SPD) erklärte, man könne den Bürgermeister nicht ohne Mandat in das Kooperationsgespräch im Landratsamt schicken, wo die Behörde am 27. Mai über den Antrag beraten will. Gunter Jacob (CDU) befürchtete, dass die Dimensionen des Festes die Stadt überfordern könnten, Vize-Bürgermeister Jürgen Kopplin machte seinem Frust darüber Luft, dass so Randalierer regelrecht angezogen würden. Anke Hofmann möchte alle Langewiesener einbeziehen, um ein Signal gegen Rechtsextremismus auszusenden.