Antifaschistische Gruppen Südthüringen

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DON'T PANIC - Ratgeber_in zu Neonaziangriffen

Eintragsdatum: 2008-03-30Quelle: AGST

In Thüringen spitzt sich, ein Jahr vor den Lantags- und Kommunalwahlen bei denen die neonazistische NPD antreten will, die Gewalt, die von den Faschist_innen ausgeht immer mehr zu (AGST berichtete). Und auch vorher gehörte Nazigewalt für viele Menschen in (Süd-) Thüringen zum Alltag. In vielen Dörfern, Stadtteilen oder ganzen Städten herrscht ein Klima der Angst für Linke und Menschen mit migrantischen Hintergrund.
Wir veröffentlichen nun zusammen mit anderen Antifa-Gruppen aus Thüringen eine_n Ratgeber_in (digital und gedruckt im Format eines A4-Faltblattes), wie du dich im Falle eines Naziangriffes verhalten solltest bzw. wie du dich darauf vorbereiten kannst. Außerdem kannst du Naziangriffe zukünftig über unser Formular bei uns melden und so dabei helfen mehr Öffentlichkeit über Nazigewalt zu schaffen.

Der Text des Flyers stammt von antifaschistischen Gruppen aus Berlin und wurde durch uns teilweise abgeändert. Er soll eine Hilfestellung bieten, wie mit der Gewalt der Faschist_innen umzugehen ist und wie man den Schaden an der eigenen Unversehrtheit und der anderer Menschen in Grenzen halten bzw. verhindern kann. Über Lob, Kritik und Anregungen freuen wir uns!

Naziangriffe könnt ihr nun auch barrierefrei über unser Formular melden. Nur gemeinsam können wir die Faschist_innen, ihre Gewalt und ihre Vormärsche zurückdrängen und so Räume schaffen, in denen emanzipatorische Politik eine Zukunft hat.

Ihr/Du könnt/kannst das Faltblatt bei uns auch in der gedruckten Version bekommen, auch größere Mengen gegen einen Unkostenbeitrag. Melde dich einfach bei uns!

Hier nun der Flyer:

Seite 1 Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6

Hier gibt den Flyer im PDF-Format (3,7 MB): KLICK

Und hier im Textformat:

DON'T PANIC
Ratgeber zu Neonaziangriffen

Bedrohungen und Angriffe durch Neonazis sind leider keine Seltenheit, sondern vor allem in Thüringen fast alltäglich. Die Angriffe richten sich gegen Menschen aus anderen Ländern, gegen Behinderte, Obdachlose oder alternative Jugendliche. Gerade in ländlichen Regionen und Kleinstädten findet eine unüberschaubare Anzahl an Angriffen statt und das oft auf und im Anschluss an Dorf- und Stadtfeste. Eine Mischung aus Alkohol, rassistischen Ressentiments und Männlichkeitswahn bringt eine große Anzahl von Schlägern dazu Menschen durch die Ortschaften zu jagen. Für die Opfer bedeutet das oft erhebliche Verletzungen und die Angst, sich künftig ungeschützt in der Öffentlichkeit zu bewegen.
Ein solcher Überfall ist jedoch nicht nur für die Opfer traumatisch. Denn gemeint ist ja nicht der individuelle Mensch, sondern die Gruppe, für die er oder sie steht. Deswegen wirkt jeder Übergriff einschüchternd auf viele Menschen, die dann zum Beispiel in ihrer Lebensqualität beschränkt werden, weil sie aus Angst Orte meiden, wo sie Nazigewalt befürchten. Gewalt und Einschüchterung durch Neonazis können jedoch nur Erfolg haben, wo Passant_innen, Sozialarbeiter_innen, Eltern und Mitbürger_innen passiv bleiben und wegsehen. Dieses Faltblatt soll im Folgenden die Handlungsoptionen bei rechtsextremen oder rassistischen Angriffen aufzeigen.

Hinweise für angegriffene Personen

Im Vorfeld

Seid ihr durch rechtsextreme oder rassistische Angriffe gefährdet, solltet ihr euch möglicherweise auf einen Ernstfall vorbereiten. Sinnvoll ist es, Angebote zu nutzen, die Kenntnisse über Selbstverteidigung vermitteln. Diese werden unter anderem von Volkshochschulen, Universitäten oder Vereinen angeboten. Messer oder Gaspistole mögen sich cool anfühlen und dir das Gefühl von Sicherheit geben, jedoch sind diese Waffen im Ernstfall ein zusätzliches Risiko. Wir empfehlen deshalb insbesondere Gassprays wie CS-Gas oder Pfefferspray. Diese sollten jedoch nicht in Innenräumen oder bei Gegenwind eingesetzt werden. Hilfreich sind auch akustische Geräte, die einen ohrenbetäubenden Lärm produzieren und Passant_innen alarmieren.

Auch beim Auftreten in der Öffentlichkeit gibt es einige Hinweise: Neonazis suchen sich ihre Opfer in der Regel nicht willkürlich aus. Wer hat schon Lust auf ein Opfer, das sich auch noch wehrt, um Hilfe schreit oder einem gar körperlich überlegen ist? Gefragt ist also eine Ausstrahlung, die anderen mitteilt: Nicht mit mir! Dazu ist es wichtig, dass du Blickkontakt zur_zum potentiellen Angreifer_in hältst. Nimm keine Opferhaltung ein.
Sei in jedem Fall vorbereitet - das nützt dir in verschiedener Hinsicht. Du versteinerst nicht vor Schreck und kannst dich auf einen möglichen Angriff einstellen.
Bist du in einer Gruppe unterwegs könnt ihr euch kurz über euer Vorgehen abstimmen.

Bei einem Angriff

Je nach dem wie der Angriff ausfällt, kann kluges Verhalten unterschiedlich aussehen. In erster Linie gilt es Ruhe zu bewahren. Vermeide Handlungen wie Flehen und Unterwürfigkeit, da diese den_die Angreifer_in ermutigen. Falls sich in der Umgebung andere Menschen befinden, versucht diese in die Situation einzubeziehen und Hilfe einzufordern. Sprecht die Leute dazu direkt an.

Da Neonazis meist aus einer Überzahl heraus angreifen, ist es besser sich von den Angreifer_innen zu entfernen. Falls ihr in einer Gruppe unterwegs seid, zieht euch geschlossen zurück und lasst niemanden dort.
Ein Rückzug ist auch angesagt, wenn die Angreifer_innen Waffen wie Messer einsetzen wollen.
Solltet ihr keinen Rückzugsraum haben oder es besteht die Möglichkeit, könnt bzw. solltet ihr euch verteidigen. Dabei solltet ihr entschlossen sein. Eine effektive Verteidigung könnt ihr über die vorher genannten Wege erlernen.

Nach dem Angriff

Einigen Selbstverteidigungstrainer_innen folgend ist es sinnvoll, sich nach der erfolgreichen Verteidigung zu entfernen. Solltet ihr oder euch begleitende Personen verletzt sein, ruft einen Krankenwagen oder geht in ein Krankenhaus.
Seid ihr dann wieder zu Hause ist eine Dokumentation des Vorfalles sinnvoll. Schreibt ein Gedächtnisprotokoll, in dem ihr genau aufzeichnet, was passiert ist, an welchem Ort und ob ihr Neonazis wiedererkannt habt. Dieses solltet ihr eurer lokalen Antifagruppe zukommen lassen. So kann euch weitergeholfen werden und der Übergriff politisch ausgewertet werden.

Zum Umgang mit der Polizei

Sicher stellt ihr euch die Frage, ob es sinnvoll sein kann, nach einem Angriff die Polizei zu rufen und Anzeige zu erstatten. Eine eindeutige Antwort können wir euch nicht geben, da wir schon die Erfahrung machen mussten, dass die Strafverfolgungsbehörden am Ende gegen die Opfer und die Menschen ermittelt haben, die sich mit ihnen solidarisierten. In der Regel verschweigt oder verschleiert die Polizei in Thüringen Neonazi-Übergriffe und ihre eigene Unzulänglichkeit. Auf der anderen Seite kann bei eindeutiger Beweislage eine Anzeige dazu führen, dass die Täter_innen verurteilt werden, so eine Zeit lang in den Knast müssen und als Gefahr auf der Straße erstmal verschwinden.
Nehmt in jedem Fall Kontakt mit eurer lokalen Antifa auf und besprecht im Zweifel diese Frage.

Hinweise für Zeugen von Angriffen

open your eyes time to wake up enough is enough...

Solltet ihr Zeug_in eines Angriffes von Nazis auf Migrant_innen, Punks, Linke o.a. Personen werden, so ist es zunächst einmal wichtig hinzuschauen. Gewalt- täter_innen rechnen fast immer damit, dass Außen- stehende aufgrund von Gleichgültigkeit oder Angst nichts tun. Umso wichtiger ist es, nicht wegzuschauen, sondern Aufmerksamkeit zu erzeugen, denn Öffentlichkeit wirkt immer abschreckend auf Täter_innen.
Bevor ihr dem Opfer zur Hilfe eilt, solltet ihr jedoch genau überlegen, was ihr eigentlich tun wollt und euch dabei vor allem nach euren Fähigkeiten richten.

don't panic...

Wichtig ist, erst mal Ruhe bewahren!
Gewalttäter_innen haben Angst wiedererkannt zu werden. Deshalb kann bereits bloßes Beobachten der Situation auf diese abschreckend wirken. Solltet ihr euch für diese Option entscheiden, ist es notwendig genau hinzuschauen. Versucht euch das Gesicht des_der Täter_in genau einzuprägen. Achtet auf markante Details aber auch auf Äußerlichkeiten wie Klamotten. Sollte der_die Angreifer_in die Flucht ergreifen, merkt euch, in welche Richtung er_sie gelaufen ist!
Darüber hinaus solltet ihr zumindest Blickkontakt zum Opfer aufnehmen. Zeigt ihm, dass es nicht allein ist und ihr anwesend seid, um zu helfen. Das vermindert seine Angst.

sending out an sos...

Zudem solltet ihr euch umschauen und weitere Hilfsmöglichkeiten abschätzen. Vielleicht gibt es ja irgendwo in der Nähe ein Telefon, von dem aus ihr Hilfe rufen könnt.
Geht auch auf andere Leute zu und fordert sie auf, euch zu helfen. Eine Gruppe von Leuten hat meist mehr Einfluss als eine Einzelperson und schreckt Gewaltäter_innen oft ab. Wenn ihr Verbündete gefunden habt (aber auch ohne diese), sprecht den_die Täter_in gezielt an. Seid dabei höflich aber bestimmt und lasst euch vor allem nicht provozieren! Siezt die Täter_innen, das hebt erstens die Gewaltschwelle und zweitens vermeidet ihr so den Eindruck, dass es sich lediglich um einen privaten Konflikt handelt.

Ebenso wichtig ist es, die Angreifer_innen nicht zu provozieren - weder Messer noch andere gefährliche Waffen haben hier etwas zu suchen. Fasst die Täter_innen nicht an und kritisiert nicht sie, sondern die Tat!
Ansonsten sprecht mit dem Opfer. Animiert es, zu euch zu kommen, falls das möglich ist. Bietet konkret eure Hilfe an! Das bringt euch und dem Opfer Zeit, bestärkt die bedrohte Person und kann gegebenfalls sogar deeskalierend wirken. Stellt euch auf jeden Fall offensiv auf die Seite des Opfers und lasst die_den Betroffene_n nicht allein.

a little less conversation, a little more action...

Nur wenn ihr euch ganz sicher seid, die Angreifer_in händeln zu können, ist es ratsam, die Täter_innen mit "einfacher körperlicher Gewalt" zum Ablassen vom Opfer zu bewegen. Dazu reicht manchmal auch schon eine Prise CS-Gas. Wichtig ist, dass ihr eure Fähigkeiten dabei realistisch einschätzt, sonst hat niemand etwas davon.
Wenn alles vorbei ist, kümmert euch um die_den Betroffene_n. Ruft gegebenenfalls einen Krankenwagen. Meldet den Vorfall zusammen bei Mobit (Mobile Beratung für Demokratie, gegen Rechtsextremismus in Thüringen - www.mobit.org) oder lokalen Opferberatungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt! Dort wird man euch weiter mit konkreter Hilfe z.B. in Form von Beratungen zur Bewältigung solcher Erlebnisse zur Seite stehen.
Informiert auch in jedem Fall eure lokale Antifa. Diese kann euch in vielen Fällen mit weiterem Rat und evtl. auch Tat zur Seite stehen!

Es gilt sich darüber klar zu werden, dass Neonazis, ihr Gedankengut und rechte Gewalt eine immense Gefahr - auch für deine körperliche Unversehrtheit - darstellen. Organisier dich gegen Neonazismus und faschistische Tendenzen in Staat und Gesellschaft. Werde aktiv und hilf mit ihre Vorstöße abzuwehren und ein gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen, das allen Menschen weltweit ein gutes und freies Leben ermöglicht.

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