Nazistrukturen im Landkreis Hildburghausen
Der Landkreis Hildburghausen liegt mit seinen etwa 70.000 Einwohner_innen am südlichsten Ende Thüringens an der Grenze zu Bayern. Die Kreishauptstadt Hildburghausen hat ca. 12.000 Bewohner_innen und stellt das Zentrum des Kreises und auch einen Schwerpunkt extrem rechter Aktivitäten dar. Seit Juli 2004 besteht hier ein NPD-Kreisverband, der vom jungen Rechtsextremisten Tommy Frenck geführt wird und dessen Anschrift mit der von Frenck übereinstimmt. Die rechtsextreme Szene ist, wie in vielen Landkreisen Thüringens selbstbewusst und dominant im jugendkulturellen Raum.
Tommy Frenck
Die Entwicklung der rechtsextremen Szene im Landkreis ist seit 2004 untrennbar mit dem Aktiv-werden Tommy Frencks verknüpft. Er ist in der Region der maßgebliche Nazikader und die Vorstellung seiner Person halten wir daher für notwendig.
Der arbeitslose Tommy Frenck ist im Jahr 1987 in Suhl geboren und ist aktuell der Kreisvorsitzende des seit Juli 2004 bestehenden NPD-Kreisverbandes Hildburghausen-Suhl. Frenck hat nie eine Ausbildung abgeschlossen und jobbt zwischenzeitlich in Discountern. Kurzzeitig zog er es in Erwägung seine „Heimat“ zu verlassen und nach Kiel zu gehen, um dort bei einem extrem rechten Verleger eine Berufsausbildung mit Abitur in Angriff zu nehmen. Frenck ist vorbestraft, wegen Körperverletzung an einem Nicht-Deutschen. Er hält guten Kontakt zu anderen Südthüringer Nazigruppen und auch zu thüringenweiten Größen, wie Frank Schwerdt, der in Frencks Laufbahn eine besondere Rolle, quasi als sein Mentor, einnimmt. Frenck wechselte innerhalb von drei Jahren drei Mal seinen Wohnsitz innerhalb des Landkreises und in jedem seiner Wohnorte konnte eine Zunahme rassistischer und nationalistischer Aktivitäten bemerkt werden.
Im Sommer 2005 gibt Frenck ein Interview für die Regionalzeitung „Freies Wort“. Er spricht hier offen über sein antisemitisches und rassistisches Weltbild, stellt klar, dass er mit Juden und Jüdinnen, Vietnames_innen und allen Nicht-Weißen ein Problem hat und erklärt Roberto Blanco abschieben zu wollen. Alles in allem ein Gespräch, welches zeigt, dass Frenck nicht über die rhetorischen Fähigkeiten und den Intellekt verfügt, wie andere Thüringer Nazikader. Thüringen- bzw. bundesweit hat Frenck keine große Bedeutung bzw. nur wenig Einfluss auf die neonazistische Szene. Durch diverse „Ausrutscher“ hält Frenck in Thüringen eher die Rolle des exzentrischen Außenseiters inne, dem die führenden Köpfe der NPD und der „Freien Kräfte“, möglicherweise mit Recht, nicht allzu viel zutrauen.
Die „Frontstadt“ Schleusingen
Zur Gründung des NPD-Kreisverbandes 2004 wohnte Frenck noch in Schleusingen, einer Kleinstadt im Norden des Landkreises. Nachdem bekannt wurde, dass der NPD-Kreisvorsitzende, welcher schon im Juni 2004 durch Schleusingen demonstrierte, dort verweilt, wurde für Frenck das Leben in der knapp 6000 Einwohner_innen zählenden Stadt nicht angenehmer. Als Frenck im Oktober 2004 in die Freiwillige Feuerwehr eintreten will, drohten die Schleusinger Wehrleute kollektiv mit dem Austritt. Erfolgreich. Frencks Antrag wurde abgelehnt. Die darauf folgende Empörung der organisierten Thüringer Neonazis war groß und richtete sich verstärkt gegen Schleusingens Bürgermeister Klaus Brodführer. Im Frühjahr 2005 erklärte das neonazistische „Aktionsbüro Thüringen“ Schleusingen zur „Frontstadt“. Am 29. Januar führten Thüringer Rechtsextremist_innen in der südthüringischen Kleinstadt einen Fackelmarsch durch, der durch Blockaden, Schneebälle und lautstarke Parolen massiv gestört wurde. Anmelder der Demonstration war Patrick Wieschke, Redner unter anderen Tommy Frenck. Die vollmundig für den 26. März angekündigte landesweite Demonstration der Neonazis fand nie statt. Die „Frontstadt“ wurde zur Luftnummer.
Themar, Hildburghausen und ein stranger Verein
Im Herbst 2005 verlässt Tommy Frenck seine „Frontstadt“ und zieht ins 15 km südöstlich von Meiningen gelegene Themar. Gerüchten einer neu gegründeten Themaer Kameradschaft folgten nie wahrnehmbare Lebenszeichen. Im September belegte Tommy Frenck einen aussichtslosen 11. Platz der Thüringer Landesliste der NPD zur Bundestagswahl. In Themar fiel Frenck die Integration seiner selbst bei weitem nicht so schwer, wie in Schleusingen. Zwischenzeitlich spielte er sogar Fußball im Verein des TSV 1911 Themar. Seiner Freude am Fußball frönte Frenck auch mit seinen Kamerad_innen. Anfang Januar 2006 trat er mit einer selbst aufgestellten Mannschaft, welcher er den Namen „Weiße Wölfe“ gab, bei einem Fußballturnier in Schleusingen an. Als Zuschauer angereist war sein Chef und Mentor Frank Schwerdt, Vorsitzender der NPD Thüringen, höchstpersönlich. Die Mannschaft wurde letzten Endes disqualifiziert. Jedoch nicht aufgrund der aufgestellten Schläger und Rechtsextremist_innen, sondern weil die Jungnazis die Bälle klauten.
Ebenfalls Anfang Januar 2006 gründete Tommy Frenck einen NPD-Ortsverband in Hildburghausen. Vorsitzender wurde Steffen Kühner.
Im Sommer 2006 verließ Frenck Themar und zog ins Zentrum der Kreishauptstadt Hildburghausen. Über dem Marktplatz prangt seit dem je nach Laune aus Frencks Fenster eine Reichskriegsflagge, NPD-Fahnen oder Plakate, die die Freiheit des Holocaustleugners Ernst Zündel fordern. In Hildburghausen organisierte Frenck schon zahlreiche Saalveranstaltungen und Konzerte für seine Kamerad_innen. Eng ist offensichtlich die Zusammenarbeit mit dem Bund der Vertriebenen (BdV) in Hildburghausen, mit dem Frenck zum Volkstrauertag 2006 ein so genanntes „Heldengedenken“ durchführte. Ebenfalls zu erwähnen ist ein politisch rechts stehender Verein, der den Namen „Deutscher Jugendbund (DJB) Hildburghausen e.V.“ trägt. Laut Satzung verfolgt der Verein ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Er macht es sich zur Aufgabe die deutsche Jugend „zum Nächsten hilfreichen, der Heimat verbunden und dem Gedanken der Völkerverständigung aufgeschlossenen Staatbürgern heranzubilden“. Mitglied werden können laut §5 der Satzung vom Januar 1994 lediglich Deutsche. Wie gemeinnützig der staatlich geförderte Verein wirklich ist, zeigte sich bereits mehrfach. Der Bitte von NPD-Kader Tommy Frenck um Raumnutzung kamen die Jugendbündler_innen gern nach. So fanden in den Räumlichkeiten des Vereins bereits Saalveranstaltungen und Konzerte statt. Eine öffentliche Positionierung lieferte der Verein nicht.
Am 5. März 2007 eröffnete in der Schleusinger Straße in Hildburghausen ein Geschäft, dass sich durch den Verkauf von Neonazikleidung und sonstigen Utensilien für Neonazis etablieren will.
Der Landkreis Hildburghausen stellt keine exzessive Ausnahme im neonazistischen Thüringer Gesamtbild dar und trotzdem ist es einer von vielen Landkreisen, in denen antifaschistisches Engagement mehr als notwendig ist!
Illustrationen findet ihr lediglich in der Print- und PDF-Version der Broschüre.