15.05.09 - Thüringer Allgemeine

Eklat im Stadtrat

ARNSTADT. Es war gestern die letzte Sitzung des Stadtrates vor der Neuwahl des Gremiums. Und inhaltlich war sie an einer Stelle das Allerletzte.

Eigentlich sollte es nur um den Nachtragshaushalt wegen des Konjunkturpaketes und der Kosten des Umzugs der Bach-Ausstellung in das Schloss-Museum gehen. Das ging auch - überwiegend im Konsens - über die Bühne. Aber in der Fragestunde der Stadträte kam es zu einem Eklat, der die Erinnerung an diese Stadtratssitzung noch lange wach halten wird. In der Debatte, warum sich Bürgermeister Hans-Christian Köllmer (Pro Arnstadt) in den vergangenen Tagen einer Zusammenarbeit mit der AG "Demokratie braucht Zivilcourage" bei der Vorbereitung der Aktionen gegen die rechte Kundgebung am 13. Juni verweigert hat, sagte Köllmer plötzlich etwas, das keiner erwartet hatte: Wenn ihm persönlich einer vorwerfe, er sei vielleicht "ein bisschen Nazi", "dann kann ich Ihnen sagen: Im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin".

Eigentlich weiß man gar nicht, was man dazu sagen soll. So, wie man es bei Eva Hermans Auftritten nicht wusste und bei den anderen, die auf der alten Masche mit den schönen Autobahnen und anderem hirnlosen Zeugs gelegentlich durch die Öffentlichkeit reiten. Es gibt im Zusammenhang mit Nazi-Vergleichen das eherne Gesetz, vor der Öffnung des Mundes nicht nur das Gehirn einzuschalten, sondern es auch zu benutzen. Im Falle des Bürgermeisters kann man nur hoffen, er habe gestern beides versäumt und würde dies auch nachträglich öffentlich zugeben. Aber dazu müsste er über seinen eigenen Schatten der Sturheit springen.

Stadtrat Gerhard Pein (Linke) verließ nach dem Eklat aus Protest die Sitzung, über die Aktionen am 13. Juni soll später beraten werden. Es dürfte viel Kraft kosten, sich noch zu einigen. Nicht nur, weil Wahlkampf ist.

Eberhardt PFEIFFER