11.06.09 - Amadeu Antonio Stiftung

Rechtsextreme mobilisieren mit Angela Merkel zum "Thüringentag der nationalen Jugend"

Amadeu Antonio Stiftung kritisiert Schulterschluss des Arnstädter Bürgermeisters mit Neonazis.

Für den "Thüringentag der nationalen Jugend" am 13. Juni 2009 im thüringischen Arnstadt haben die rechtsextremen Videoaktivisten "Media-Pro-Patria" einen Mobilisierungs-Filmclip erstellt. Eine Äußerung von Angela Merkel wird darin missbraucht, um auf der Webseite "Für Thüringen" für die Neonazi-Veranstaltung zu werben. Sie wird mit einem Aufruf zu einer "gemeinsamen nationalen Kraftanstrengung" zitiert, passend zum Mobilisierungsmotto des Tages: "Es herrscht Aufruhr im Paradies... Jugend voran - gemeinsam überwinden wir jede Krise", das sich gegen Kapitalismus und Wirtschaftskrise richtet. Dazu erklärt Timo Reinfrank, Koordinator der Amadeu Antonio Stiftung: "Die Veranstaltung ist eines der zentralen Szenetreffen für Neonazis, NPD-Kader und Aktivisten der 'Freien Kameradschaften' aus der ganzen Bundesrepublik. Öffentliche Aufmerksamkeit und zivilgesellschaftlicher Gegenprotest ist dringend von Nöten!"

Die Neonazis treffen sich in diesem Jahr zum achten Mal. Früher hat das Treffen hauptsächlich die NPD organisiert, heute wird es aus dem Umfeld von "Blood & Honour" angemeldet. Die Organisatoren sprechen von den "parteifreien Kräften". Die Infostände rechtsextremer Schulungszentren und Kameradschaften sowie Bühnen mit Rechtsrockbands werden auf dem zentralsten Platz im Ort stehen. Das Kinderprogramm reicht von Hüpfburg, Sackhüpfen bis zu Basteln mit Perlen. Problemlos bekamen die Nazis eine Genehmigung dafür. Die Stadt veranstaltet in wenigen hundert Meter Entfernung zum "Thüringentag der nationalen Jugend" ein traditionelles "Schlossfest" mit Musikbühne und Kunsthandwerk.

"Schulterschluss mit den Rechtsextremen"

Dazu erklärt Timo Reinfrank: "Das Schlossfest und die Ignoranz des Arnstädter Bürgermeister Hans-Christian Köllmer erweckt den Eindruck eines Schulterschlusses mit den Rechtsextremen. Für mich ist es unverständlich, warum dieser Bürgermeister wieder gewählt worden ist".

Den mehrheitlichen Beschluss des Stadtrats, eine Gegenkundgebung zu veranstalten, ignorierte Köllmer (Pro Arnstadt). Zur Rede gestellt, verkündete der Bürgermeister laut "Freies Wort" vom 16. Mai 2009 während einer Stadtratssitzung: "Manche könnten von mir sagen: Vielleicht ist er ein bisschen Nazi. Ich sage Nein! Im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin." Auf seiner Homepage zeigt er sich mit "seinem Freund", dem FPÖ-Politiker Siegfried Kampl, der schon seit Jahrzehnten mit neonazistischen und hitlerverehrenden Aussagen in die Öffentlichkeit tritt, sowie mit dem verstorbenen österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider.

Amadeu Antonio Stiftung unterstützt demokratische Proteste

Die Proteste gegen den "Thüringentag" werden im Rahmen der Kampagne "Kein Ort für Neonazis" von der Amadeu Antonio Stiftung unterstützt - von einem Antifaschistischen Bündnis sowie der städtischen Arbeitsgemeinschaft "Demokratie braucht Zivilcourage". Doch daran wird sich Bürgermeister Köllmer nicht beteiligen, wie er gegenüber der Thüringer Allgemeinen am 8. Juni 2009 bekräftigte.

Rechtsextremismus stellt in Thüringen ein gravierendes Problem da. Das hat sich bei den Kommunalwahlen gezeigt, wo die NPD in jedem Wahlkreis ins Parlament einziehen konnte, bei dem sie sich zur Wahl gestellt hat - in manchen Gemeinden sogar mit zweistelligen Prozentzahlen. In der thüringischen Kleinstadt Arnstadt (Kreis Ilm) ist die NPD nicht angetreten, die rechtskonservative Freie Wählergemeinschaft Pro Arnstadt hat allerdings 30,6 Prozent der Stimmen erhalten – trotz der dubiosen Haltung des Bürgermeisters zum "Thüringentag".

Demokratische Gegenproteste

Eine Kundgebung gegen den "Thüringentag der Nationalen Jugend" findet am 13. Juni ab 10 Uhr am Straßburg-Kreisel vor der Schlossmauer statt. Um 12 Uhr gibt es eine antifaschistische Demonstration vom Hauptbahnhof aus, danach ab 14.30 Uhr eine Dauerkundgebung auf dem Marktplatz.

Links

Mehr zur Stiftungskampagne in Thüringen: www.kein-ort-fuer-neonazis.de

Mehr Informationen: www.netz-gegen-nazis.de/artikel/irritierendes-aus-arnstadt-rechtsextreme-feiern-2244