Pressemitteilung
Versuchter Naziangriff auf soziokulturelles Zentrum Gerberstraße
In den späten Abendstunden kam es gestern zu einem versuchten
Nazi-Angriff gegen das soziokulturelle Zentrum Gerberstraße in Weimar,
durch ca. 30 bewaffnete Neonazis. Vorangegangen waren massive
Provokationen in der Innenstadt, wo sich Nazis und rechts offene
Hooligans in zahlreichen Kleingruppen bewegt hatten. Der Angriff konnte
durch entschlossenes Handeln abgewehrt werden. Dennoch scheint die
rechte Gewalt in Weimar nun einen neuen Höhepunkt erreicht zu haben.
Der gestrige Angriff war der Höhepunkt von vorangegangenen Ereignissen,
bei denen sich klar erkennen lässt, dass die Gewaltbereischaft unter den
Neonazis in Weimar deutlich gestiegen ist. Während die
Öffentlichkeitsarbeit von Kameradschaft und NPD seit Monaten gegen null
gesunken ist, scheinen die jüngeren Neonazis diese Krise der
organisierten rechten Ideologie, durch Gewalt auf der Straße ausgleichen
zu wollen. So kam es in den letzten Monaten verstärkt zu Übergriffen
(besonders auf linke und alternative Jugendliche), bei denen öfter
Teleskopschlagstöcke, Quarzhandschuhe und Pfefferspray verwendet wurden.
Auch in den letzten Tagen gab es vermehrt Anzeichen, dass die reichte
Gewalt in Weimar eine neue Qualität zu erreichen scheint. So gab es zum
ersten mal seit mehreren Jahren rechte Sprühereien an der Fassade der
Gerberstraße. Zwei Tage vor dem Angriff auf die Gerberstraße wurde in
der Nacht das Türschloss zerstört, indem Unbekannte einen Nagel
hineingeschlagen hatten.
Am gestrigen Abend kündigte sich der Nazistress bereits gegen 18:00 Uhr
an, da in der STadt auffällig viele schwarz gekleidete Neonazis
unterwegs waren. Später bildeten sich überall in der Innenstadt
Kleingruppen, die zumeist mit Thor Steinar bekleidet waren oder mit dem
Logo der "Problemkinder" (ein rechtsoffenes Label welches u.a. Klamotten
und Waffen vertreibt) geschmückt waren. Schließlich kam es zu massiven
Provokationen und Pöbeleien gegen Jugendliche, die die Nazis anscheinend
dem Umfeld des autonomen Zentrums Gerberstraße zugeordnet hatten. Dabei
kam es auch zum Einsatz von Pfefferspray seitens der Nazis. Kurze Zeit
später sammelten sich die Kleingruppen der Nazis auf dem Goetheplatz zu
einem Mob von ca. 30 Menscen und jagten, bewaffnet mit
Teleskopschlagstöcken, eine Gruppe von Jugendlichen, die in Richtung
Gerber flüchteten. Daraufhin bewegte sich der Mob geschlossen und
zielstrebig in Richtung Gerberstraße. Als der Nazi-Mob ca. 200 Meter von
der Gerberstraße entfernt war, wurden Gäste und Bewohner_innen in der
Gerberstraße alamiert, die sich daraufhin vor dem Haus sammelten.
Entschlossen und mit der Parole "Alerta Antifascista" bewegte sich diese
Gruppe von ca. 40 Menschen in Richtung der Nazis, woraufhin sich diese
in einem Block formierten und einige Hooligan-Hampeleien veranstalteten.
Als sich die Entfernung zwischen den beiden Gruppen jedoch auf ca. 50
Meter verringert hatte, ergriffen die Neonazis jedoch panikartig die
Flucht und verteilten sich in verschiedene Richtungen. Ein Angriff
konnte nur durch das entschlossene Handeln derkenigen verhindert werden,
die sich zu diesem Zeitpunkt in der Gerberstraße befunden hatten.
Als die Nazis verschwunden waren, aber immer noch einige Personen aus
dem Umfeld der Gerberstraße vor dem Haus standen, traf die Polizei mit
einem Streifenwagen ein. In der Diskussion mit der Polizei wurde klar,
dass diese nicht zwischen Angriff und Verteidigung unterscheiden konnte
und drohte mit der Ingewahrsamnahme von Personen, die sich ab diesem
Zeitpunkt in Gruppen in der Innenstadt bewegen würden.
An diesem Abend gab es keine weiteren Zwischenfälle.
Am gestrigen Vorfall lassen sich zwei Tendenzen aufzeigen:
1. Die Gewaltbereitschaft der Nazis und Jugendlichen mit faschistischen
Tendenzen ist enorm gestiegen. Ein ähnlicher Angriff liegt über fünf
Jahre zurück. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Gewalt in Zukunft
nicht nur gegen linke und alternative Jugendliche richten wird, sondern
auch gegen Migrant_innen und alle anderen Menschen, die nicht in das
Weltbild der Nazis passen.
2. Besonders im jugendlichen Spektrum der Neonazis, scheinen NPD und
Kameradschaft an Einfluss zu verlieren. Im Gegensatz dazu scheint das
Label "Problemkinder" an Einfluss und Mobilisierungspotential zu
gewinnen. Dieses Label gibt sich nach außen hin unpolitisch und ist von
seiner Ästhetik ein gewöhnliches Hooligan-Label. Die Macher dieses
Labels sind jedoch bekannte Neonazis (unter ihnen federführend der
bekannte Nazi Christian Pohlmann). Die Verflechtung in die gewaltbereite
rechte Szene ist nicht erst seit gestern offensichtlich. Es ist
anzunehmen, dass die Teleskopschlagstöcke, die die Nazis gestern Abend
verwendet haben, aus dem Vertrieb der Problemkinder stammen. Auf der
Homepage der Problemkinder ( hxxp://www.problemkinder.com) können unter
der Kategorie "Willensverstärker" Pfefferspray, Quarzhandschuhe, Tonfas
und Teleskopschlagstöcke bestellt werden.
Es ist davon auszugehen, dass Nazis, rechte Hools und Problemkinder,
nach der gestrigen Schlappe nicht Frieden geben werden. Gerade zu
Silvester kam es in Weimar immer wieder zu Übergriffen.
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