Proteste gegen brutalen Naziübergriff

Ein Tag (fast) ohne Nazis - Demo gegen die Messe "Reiten-Jagen-Fischen" in Erfurt lief ohne angekündigte Präsenz der Nazis ab - anschließend Proteste gegen Naziübergriff am Vorabend auf dem Erfurter Anger

Ursprünglich wollte am 15.03.08 der "Bürgerrat" zusammen mit der NPD unter dem Motto: "Wir sind das Volk - gegen politische Intoleranz" auf dem Erfurter Anger aufmarschieren. Jedoch kündigten Nazis ihre Teilnahme an einer antispezizistischen Demo gegen die Messe "Reiten-Jagen-Fischen" in Erfurt an. Großmäulig wurde dazu über diverse Websites aufgerufen und angekündigt, dass dafür extra die Kundgebung des "Bürgerrates" auf dem Anger abgesagt werde. An der Auftaktkundgebung war lediglich der Vorsitzende des "Bürgerrates" Ullrich Walluhn zu sehen, welcher fotografieren wollte. Auch die Beschwerden bei den Ordnungshütern nutzten ihm nichts - er wurde weggeschickt. Die einzige weitere Präsenz von Nazis war wohl noch ein Nazifotograf in der Nähe des Presseklubs, der aber schnell das Weite suchte.

Die Kundgebung des Bürgerrates fand dann doch nicht statt. Statt einer Jammerkundgebung von Rechtsextremen und rechtsoffenen ewigen "Wendeopfern" fand eine Spontan-Kundgebung gegen rechte Übergriffe in Erfurt und Weimar mit über 100 Leuten statt. So wurde thematisiert, dass in der Nacht zuvor eine Gruppe rechter Hooligans einen Punk bewusstlos und krankenhausreif schlugen, der schlichtend in eine verbale Auseinandersetzung eingreifen wollte (Presseerklärung [AKE]). Er wurde von mehreren Tätern attakiert und lag ca 15 Minuten bewusstlos auf dem Platz, ehe ein Rettungswagen eintraf. Die Bullerei, bei jeder Spontandemo schnell zur Stelle, ließ sich nicht blicken. Die rechte Hooliganvereiningung "Kategorie Erfurt" (KEF) kündigte schon des öfteren an, "Zecken" klatschen zu wollen, so dass dieser Überfall nicht überraschend kam.
Im Anschluss an die Kundgebung kam es noch zu einer ungenehmigten Spontandemo vom Anger über den Wenigemarkt zum Domplatz, wo sich die ca 40-50 Teilnehmenden durch Auflösung des Aufzugs dem Zugriff der Staatsorgane entzogen.

Auch in ganz Thüringen ist ein Anstieg rechter Gewaltausbrüche zu verzeichnen. So häufen sich Überfälle auf das soziokulturelle Zentrum Gerberstraße in Weimar und kommt es zu Auseinandersetzungen in der Weimarer Innenstadt [link], werden linke Jugendliche in Zella/Mehlis bedroht und angegriffen [link] und wird ein Punk in Berga von Rechten [link] bewusstlos geschlagen. In Polizeiberichten wird dann zumeist von "rivalisierenden Jugendbanden" gefaselt und die politische Motivation der Täter negiert, falls überhaupt die Vorfälle erwähnt werden.

Die Proteste in Erfurt zeigen jedoch auch, dass diese Entwicklung nicht von allen Teilen der Gesellschaft widerspruchslos hingenommen wird oder den Ordnungshütern überlassen wird.

In diesem Sinne: organisiert die antifaschistische Selbsthilfe!







Antifaschistische Koordination Erfurt [ake]
c/o RedRoXX
Pilse 29
99084 Erfurt

Presseerklärung

Spontankundgebung gegen Naziangriff in der Samstagnacht

(Erfurt, 15. März 2008) Heute demonstrierten auf dem Erfurter Anger spontan rund 120 Personen. Damit setzten sie ein deutliches Zeichen gegen den brutalen Nazi-Angriff auf mehrere AntifaschistInnen in der Nacht von Freitag auf Samstag am selben Ort.

In der Nacht vom 14. auf den 15. März hatten etwa 10 Neonazis zuerst fünf Personen angepöbelt sowie beleidigt und dann brutal zusammengeschlagen. Ein Mann erlitt einen Kieferbruch und war mehrere Minuten bewusstlos. Nur durch das beherzte Eingreifen einer Passantin konnte verhindert werden, dass er an seinem Blut erstickte, berichteten Zeugen. Das Opfer liegt immer noch im Krankenhaus. Eine weitere Person wurde verletzt.

Uli Klein, Sprecherin der "Antifaschistischen Koordination Erfurt" [ake] erklärte: "Diese brutale Attacke reiht sich ein in die Serie mehrerer Angriffe auf linke Jugendliche und Migranten und Migrantinnen in den letzten Wochen in Erfurt und Umgebung. Der Angriff von letzter Nacht beweist wieder einmal, dass die Gewalt von Neonazis ausgeht und eine lebensbedrohliche Gefahr sind. Sie agieren in Erfurt immer brutaler!"

Auf der Kundgebung sprachen sich mehrere Redner gegen die erschreckende Nazigewalt in Erfurt aus und forderten zum Widerstand und zur Solidarität auf. In einem Redebeitrag wurde die Bevölkerung über den Neonazi-Angriff informiert und dem Verletzten Solidarität ausgesprochen. Ein Vertreter der DGB-Jugend zählte die Angriffe der letzten Monate auf das gewerkschaftliche Jugendcafé "Filler" in Erfurt auf. Roland Hahnemann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag und Vorsitzender der VVN-BdA Thüringen machte in seiner Rede deutlich, dass der Überfall kein Einzelfall ist, sondern die Gewalt der Neonazis in vielen Regionen Alltag ist.

Uli Klein erklärte: "Der Versuch der Nazis, sich ein bürgernahes und friedliches Image zu verschaffen ist ganz offensichtlich beendet. Die Gewalt trifft immer nur Einzelne, gemeint sind wir alle!"

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